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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Die Sünderin.
vergessend dahingetrieben wird. Sie war noch immer
schön, jungfräulich schön, die siebzehnjährige, verlassene
Mutter.

Und ihre Mutterschaft! Wie verklärte dies süße
Gefühl ihr ganzes Wesen! Wie strahlte ihr Auge, wie
leuchtete der Ausdruck aller ihrer Züge frohlockend in dem
Widerscheine ihrer Mutterliebe! Wenn sie dastand, das
weiße, fromme Gesicht über die Wiege ihres Kindes ge¬
beugt, und ihr klopfendes Herz den Athem des Schlum¬
mers belauschte, eine weiße Statue im Ebenmaaß der
vollendeten reinen Schönheit, Sorge und seliges Glück
in ihren Mienen: welch köstliches Bild gewährte sie da!
Und wie liebte sie auch ihr Kind! Es wäre ihr Tod
gewesen, hätte sie es verlieren sollen.

"Aber wer sollte es mir auch nehmen ?" sagte sie
unschuldig lächelnd. "Es giebt ja so Vielerlei auf der
Welt, warum gerade das, das Einzige, was ich habe?
Ja! Es wäre mein Tod, wenn ich das verlieren
sollte!" --


Die Suͤnderin.
vergeſſend dahingetrieben wird. Sie war noch immer
ſchoͤn, jungfraͤulich ſchoͤn, die ſiebzehnjaͤhrige, verlaſſene
Mutter.

Und ihre Mutterſchaft! Wie verklaͤrte dies ſuͤße
Gefuͤhl ihr ganzes Weſen! Wie ſtrahlte ihr Auge, wie
leuchtete der Ausdruck aller ihrer Zuͤge frohlockend in dem
Widerſcheine ihrer Mutterliebe! Wenn ſie daſtand, das
weiße, fromme Geſicht uͤber die Wiege ihres Kindes ge¬
beugt, und ihr klopfendes Herz den Athem des Schlum¬
mers belauſchte, eine weiße Statue im Ebenmaaß der
vollendeten reinen Schoͤnheit, Sorge und ſeliges Gluͤck
in ihren Mienen: welch koͤſtliches Bild gewaͤhrte ſie da!
Und wie liebte ſie auch ihr Kind! Es waͤre ihr Tod
geweſen, haͤtte ſie es verlieren ſollen.

„Aber wer ſollte es mir auch nehmen ?“ ſagte ſie
unſchuldig laͤchelnd. „Es giebt ja ſo Vielerlei auf der
Welt, warum gerade das, das Einzige, was ich habe?
Ja! Es waͤre mein Tod, wenn ich das verlieren
ſollte!“ —


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[70/0084] Die Suͤnderin. vergeſſend dahingetrieben wird. Sie war noch immer ſchoͤn, jungfraͤulich ſchoͤn, die ſiebzehnjaͤhrige, verlaſſene Mutter. Und ihre Mutterſchaft! Wie verklaͤrte dies ſuͤße Gefuͤhl ihr ganzes Weſen! Wie ſtrahlte ihr Auge, wie leuchtete der Ausdruck aller ihrer Zuͤge frohlockend in dem Widerſcheine ihrer Mutterliebe! Wenn ſie daſtand, das weiße, fromme Geſicht uͤber die Wiege ihres Kindes ge¬ beugt, und ihr klopfendes Herz den Athem des Schlum¬ mers belauſchte, eine weiße Statue im Ebenmaaß der vollendeten reinen Schoͤnheit, Sorge und ſeliges Gluͤck in ihren Mienen: welch koͤſtliches Bild gewaͤhrte ſie da! Und wie liebte ſie auch ihr Kind! Es waͤre ihr Tod geweſen, haͤtte ſie es verlieren ſollen. „Aber wer ſollte es mir auch nehmen ?“ ſagte ſie unſchuldig laͤchelnd. „Es giebt ja ſo Vielerlei auf der Welt, warum gerade das, das Einzige, was ich habe? Ja! Es waͤre mein Tod, wenn ich das verlieren ſollte!“ —

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/84>, abgerufen am 23.11.2024.