Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Polizeiliche Ehescheidung. enthalt gestatten dürfe. Paul war ziemlich entrüstet überdiese fortgesetzte "Plackerei," wie er meinte. Er schrieb an die Behörde zurück, daß er selbst Heimathrechte am Ort besitze, und daß es für seine Frau und Kinder wohl weiter keiner Nachweise bedürfe. Nach Verlauf einiger Tage erhielt er eine neue Zuschrift, die ihn belehrte, daß seine im Auslande ihm angetraute Gattin und deren Kinder kein Heimathrecht am Ort hätten; daß man ihnen den Aufenthalt nicht verweigern wolle, aber zuvörderst ihre Heimath kennen müsse, damit sie bei eintretender Verarmung nicht der Gemeinde zur Last fielen. Paul begann nun einzusehen, von welcher Seite betrieben werde, und wendete sich mit einer ausführlichen Beschwerde an das Ministerium. Es währte einige Wochen, bevor er von diesem beschieden wurde, und als er die Entschließung erhielt, erfuhr er, daß seine Beschwerde für unbegründet befunden worden sei. "Seine Frau und Kinder," hieß es, "hätten gesetzlich Polizeiliche Eheſcheidung. enthalt geſtatten duͤrfe. Paul war ziemlich entruͤſtet uͤberdieſe fortgeſetzte „Plackerei,“ wie er meinte. Er ſchrieb an die Behoͤrde zuruͤck, daß er ſelbſt Heimathrechte am Ort beſitze, und daß es fuͤr ſeine Frau und Kinder wohl weiter keiner Nachweiſe beduͤrfe. Nach Verlauf einiger Tage erhielt er eine neue Zuſchrift, die ihn belehrte, daß ſeine im Auslande ihm angetraute Gattin und deren Kinder kein Heimathrecht am Ort haͤtten; daß man ihnen den Aufenthalt nicht verweigern wolle, aber zuvoͤrderſt ihre Heimath kennen muͤſſe, damit ſie bei eintretender Verarmung nicht der Gemeinde zur Laſt fielen. Paul begann nun einzuſehen, von welcher Seite betrieben werde, und wendete ſich mit einer ausfuͤhrlichen Beſchwerde an das Miniſterium. Es waͤhrte einige Wochen, bevor er von dieſem beſchieden wurde, und als er die Entſchließung erhielt, erfuhr er, daß ſeine Beſchwerde fuͤr unbegruͤndet befunden worden ſei. „Seine Frau und Kinder,“ hieß es, „haͤtten geſetzlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="59"/><fw place="top" type="header">Polizeiliche Eheſcheidung.<lb/></fw> enthalt geſtatten duͤrfe. Paul war ziemlich entruͤſtet uͤber<lb/> dieſe fortgeſetzte „Plackerei,“ wie er meinte. Er ſchrieb<lb/> an die Behoͤrde zuruͤck, daß er ſelbſt Heimathrechte am<lb/> Ort beſitze, und daß es fuͤr ſeine Frau und Kinder wohl<lb/> weiter keiner Nachweiſe beduͤrfe. Nach Verlauf einiger<lb/> Tage erhielt er eine neue Zuſchrift, die ihn belehrte, daß<lb/> ſeine im Auslande ihm angetraute Gattin und deren<lb/> Kinder kein Heimathrecht am Ort haͤtten; daß man ihnen<lb/> den Aufenthalt nicht verweigern wolle, aber zuvoͤrderſt<lb/> ihre Heimath kennen muͤſſe, damit ſie bei eintretender<lb/> Verarmung nicht der Gemeinde zur Laſt fielen. Paul<lb/> begann nun einzuſehen, von welcher Seite betrieben werde,<lb/> und wendete ſich mit einer ausfuͤhrlichen Beſchwerde an<lb/> das Miniſterium. Es waͤhrte einige Wochen, bevor er<lb/> von dieſem beſchieden wurde, und als er die Entſchließung<lb/> erhielt, erfuhr er, daß ſeine Beſchwerde fuͤr unbegruͤndet<lb/> befunden worden ſei.</p><lb/> <p>„Seine Frau und Kinder,“ hieß es, „haͤtten geſetzlich<lb/> ein Heimathrecht in den kurheſſiſchen Landen nicht anzu¬<lb/> ſprechen, und da die Gemeinden zur Aufnahme von<lb/> Auslaͤndern nicht verpflichtet ſeien, ſo koͤnne ſich der Mi¬<lb/> niſter auch nicht fuͤr ermaͤchtigt halten, die Entſchließung<lb/> der ... Behoͤrde in irgend einer Weiſe abzuaͤndern.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [59/0073]
Polizeiliche Eheſcheidung.
enthalt geſtatten duͤrfe. Paul war ziemlich entruͤſtet uͤber
dieſe fortgeſetzte „Plackerei,“ wie er meinte. Er ſchrieb
an die Behoͤrde zuruͤck, daß er ſelbſt Heimathrechte am
Ort beſitze, und daß es fuͤr ſeine Frau und Kinder wohl
weiter keiner Nachweiſe beduͤrfe. Nach Verlauf einiger
Tage erhielt er eine neue Zuſchrift, die ihn belehrte, daß
ſeine im Auslande ihm angetraute Gattin und deren
Kinder kein Heimathrecht am Ort haͤtten; daß man ihnen
den Aufenthalt nicht verweigern wolle, aber zuvoͤrderſt
ihre Heimath kennen muͤſſe, damit ſie bei eintretender
Verarmung nicht der Gemeinde zur Laſt fielen. Paul
begann nun einzuſehen, von welcher Seite betrieben werde,
und wendete ſich mit einer ausfuͤhrlichen Beſchwerde an
das Miniſterium. Es waͤhrte einige Wochen, bevor er
von dieſem beſchieden wurde, und als er die Entſchließung
erhielt, erfuhr er, daß ſeine Beſchwerde fuͤr unbegruͤndet
befunden worden ſei.
„Seine Frau und Kinder,“ hieß es, „haͤtten geſetzlich
ein Heimathrecht in den kurheſſiſchen Landen nicht anzu¬
ſprechen, und da die Gemeinden zur Aufnahme von
Auslaͤndern nicht verpflichtet ſeien, ſo koͤnne ſich der Mi¬
niſter auch nicht fuͤr ermaͤchtigt halten, die Entſchließung
der ... Behoͤrde in irgend einer Weiſe abzuaͤndern.“
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