Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Polizeiliche Ehescheidung. schnelle Karriere machen ließ. Gegenwärtig bekleidete erdas oberste Gemeindeamt in seiner Vaterstadt, und galt hier seiner persönlichen Stellung, wie seines weitern Ein¬ flusses wegen für den angesehensten Mann. Als Paul jetzt zurückkehrte, war der alte Groll zwar im Laufe der Zeit ziemlich verdampft, aber eine leise Mißachtung war doch in Konrads Herzen gegen den "Heimtücker" geblie¬ ben. Da Paul keinen Schritt that, um sich dem ehe¬ maligen Kameraden zu nähern, vielmehr als er Konrads Stimmung erkannte, sich in kalte, fremde Gleichgültig¬ keit zurückzog, so stieg in Konrad bald auch eine gewisse Eifersucht auf sein bürgerliches Ansehen auf, und er wünschte im Stillen eine Gelegenheit herbei, den zwei¬ deutigen Kaltsinn Pauls durch einen Beweis seiner Macht zu beugen. Diese Gelegenheit wurde ihm, Dank einigen kleinen Beamtenseelen, ganz unerwartet schnell gegeben. Eines Morgens erhielt Paul eine Zuschrift der städti¬ Polizeiliche Eheſcheidung. ſchnelle Karriere machen ließ. Gegenwaͤrtig bekleidete erdas oberſte Gemeindeamt in ſeiner Vaterſtadt, und galt hier ſeiner perſoͤnlichen Stellung, wie ſeines weitern Ein¬ fluſſes wegen fuͤr den angeſehenſten Mann. Als Paul jetzt zuruͤckkehrte, war der alte Groll zwar im Laufe der Zeit ziemlich verdampft, aber eine leiſe Mißachtung war doch in Konrads Herzen gegen den „Heimtuͤcker“ geblie¬ ben. Da Paul keinen Schritt that, um ſich dem ehe¬ maligen Kameraden zu naͤhern, vielmehr als er Konrads Stimmung erkannte, ſich in kalte, fremde Gleichguͤltig¬ keit zuruͤckzog, ſo ſtieg in Konrad bald auch eine gewiſſe Eiferſucht auf ſein buͤrgerliches Anſehen auf, und er wuͤnſchte im Stillen eine Gelegenheit herbei, den zwei¬ deutigen Kaltſinn Pauls durch einen Beweis ſeiner Macht zu beugen. Dieſe Gelegenheit wurde ihm, Dank einigen kleinen Beamtenſeelen, ganz unerwartet ſchnell gegeben. Eines Morgens erhielt Paul eine Zuſchrift der ſtaͤdti¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0072" n="58"/><fw place="top" type="header">Polizeiliche Eheſcheidung.<lb/></fw>ſchnelle Karriere machen ließ. Gegenwaͤrtig bekleidete er<lb/> das oberſte Gemeindeamt in ſeiner Vaterſtadt, und galt<lb/> hier ſeiner perſoͤnlichen Stellung, wie ſeines weitern Ein¬<lb/> fluſſes wegen fuͤr den angeſehenſten Mann. Als Paul<lb/> jetzt zuruͤckkehrte, war der alte Groll zwar im Laufe der<lb/> Zeit ziemlich verdampft, aber eine leiſe Mißachtung war<lb/> doch in Konrads Herzen gegen den „Heimtuͤcker“ geblie¬<lb/> ben. Da Paul keinen Schritt that, um ſich dem ehe¬<lb/> maligen Kameraden zu naͤhern, vielmehr als er Konrads<lb/> Stimmung erkannte, ſich in kalte, fremde Gleichguͤltig¬<lb/> keit zuruͤckzog, ſo ſtieg in Konrad bald auch eine gewiſſe<lb/> Eiferſucht auf ſein buͤrgerliches Anſehen auf, und er<lb/> wuͤnſchte im Stillen eine Gelegenheit herbei, den zwei¬<lb/> deutigen Kaltſinn Pauls durch einen Beweis ſeiner Macht<lb/> zu beugen. Dieſe Gelegenheit wurde ihm, Dank einigen<lb/> kleinen Beamtenſeelen, ganz unerwartet ſchnell gegeben.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Eines Morgens erhielt Paul eine Zuſchrift der ſtaͤdti¬<lb/> ſchen Polizei, worin er aufgefordert wurde, einen Hei¬<lb/> mathſchein fuͤr ſeine Frau und Kinder beizubringen, indem<lb/> man ihnen nur gegen einen ſolchen Nachweis den Auf¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0072]
Polizeiliche Eheſcheidung.
ſchnelle Karriere machen ließ. Gegenwaͤrtig bekleidete er
das oberſte Gemeindeamt in ſeiner Vaterſtadt, und galt
hier ſeiner perſoͤnlichen Stellung, wie ſeines weitern Ein¬
fluſſes wegen fuͤr den angeſehenſten Mann. Als Paul
jetzt zuruͤckkehrte, war der alte Groll zwar im Laufe der
Zeit ziemlich verdampft, aber eine leiſe Mißachtung war
doch in Konrads Herzen gegen den „Heimtuͤcker“ geblie¬
ben. Da Paul keinen Schritt that, um ſich dem ehe¬
maligen Kameraden zu naͤhern, vielmehr als er Konrads
Stimmung erkannte, ſich in kalte, fremde Gleichguͤltig¬
keit zuruͤckzog, ſo ſtieg in Konrad bald auch eine gewiſſe
Eiferſucht auf ſein buͤrgerliches Anſehen auf, und er
wuͤnſchte im Stillen eine Gelegenheit herbei, den zwei¬
deutigen Kaltſinn Pauls durch einen Beweis ſeiner Macht
zu beugen. Dieſe Gelegenheit wurde ihm, Dank einigen
kleinen Beamtenſeelen, ganz unerwartet ſchnell gegeben.
Eines Morgens erhielt Paul eine Zuſchrift der ſtaͤdti¬
ſchen Polizei, worin er aufgefordert wurde, einen Hei¬
mathſchein fuͤr ſeine Frau und Kinder beizubringen, indem
man ihnen nur gegen einen ſolchen Nachweis den Auf¬
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