Gleichzeitig aber mit dieser Bescheidung Pauls traf auch ein Schreiben an die Polizeibehörde ein, wonach diese angewiesen wurde, Pauls Gattin und Kinder, wel¬ chen von der Gemeinde die Aufnahme versagt worden sei, sofort nach ihrer Heimath zu verweisen. Vielleicht hatten die harten Worte in Pauls Beschwerde diese schnelle Maßnahme hervorgerufen, -- wenigstens meinte der Po¬ lizeibeamte, der den Befehl an Paul überbrachte, daß es wohl anders ausgefallen wäre, wenn Paul, statt sich zu beschweren, bittend eingekommen wäre. Selbst Konrad war von dieser Wendung überrascht. Da er von Natur nicht boshaft war, hatte er an einen solchen Ausgang nicht gedacht. Seine Absicht war vielmehr einzig die ge¬ wesen, Paul seine Macht fühlen zu lassen und ihm eine Art Ergebenheit abzuzwingen. Paul empfing die Nach¬ richt stumm und schweigend. Er ließ Theresen nur ihre nöthigsten Sachen ordnen, und geleitete sie und die Kin¬ der noch bis zur Grenze.
So waren also die beiden Eheleute durch einen poli¬ zeilichen Machtspruch geschieden. Paul blieb zurück, in
Polizeiliche Eheſcheidung.
Gleichzeitig aber mit dieſer Beſcheidung Pauls traf auch ein Schreiben an die Polizeibehoͤrde ein, wonach dieſe angewieſen wurde, Pauls Gattin und Kinder, wel¬ chen von der Gemeinde die Aufnahme verſagt worden ſei, ſofort nach ihrer Heimath zu verweiſen. Vielleicht hatten die harten Worte in Pauls Beſchwerde dieſe ſchnelle Maßnahme hervorgerufen, — wenigſtens meinte der Po¬ lizeibeamte, der den Befehl an Paul uͤberbrachte, daß es wohl anders ausgefallen waͤre, wenn Paul, ſtatt ſich zu beſchweren, bittend eingekommen waͤre. Selbſt Konrad war von dieſer Wendung uͤberraſcht. Da er von Natur nicht boshaft war, hatte er an einen ſolchen Ausgang nicht gedacht. Seine Abſicht war vielmehr einzig die ge¬ weſen, Paul ſeine Macht fuͤhlen zu laſſen und ihm eine Art Ergebenheit abzuzwingen. Paul empfing die Nach¬ richt ſtumm und ſchweigend. Er ließ Thereſen nur ihre noͤthigſten Sachen ordnen, und geleitete ſie und die Kin¬ der noch bis zur Grenze.
So waren alſo die beiden Eheleute durch einen poli¬ zeilichen Machtſpruch geſchieden. Paul blieb zuruͤck, in
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0074"n="60"/><fwplace="top"type="header">Polizeiliche Eheſcheidung.<lb/></fw><p>Gleichzeitig aber mit dieſer Beſcheidung Pauls traf<lb/>
auch ein Schreiben an die Polizeibehoͤrde ein, wonach<lb/>
dieſe angewieſen wurde, Pauls Gattin und Kinder, wel¬<lb/>
chen von der Gemeinde die Aufnahme verſagt worden<lb/>ſei, ſofort nach ihrer Heimath zu verweiſen. Vielleicht<lb/>
hatten die harten Worte in Pauls Beſchwerde dieſe ſchnelle<lb/>
Maßnahme hervorgerufen, — wenigſtens meinte der Po¬<lb/>
lizeibeamte, der den Befehl an Paul uͤberbrachte, daß es<lb/>
wohl anders ausgefallen waͤre, wenn Paul, ſtatt ſich zu<lb/>
beſchweren, bittend eingekommen waͤre. Selbſt Konrad<lb/>
war von dieſer Wendung uͤberraſcht. Da er von Natur<lb/>
nicht boshaft war, hatte er an einen ſolchen Ausgang<lb/>
nicht gedacht. Seine Abſicht war vielmehr einzig die ge¬<lb/>
weſen, Paul ſeine Macht fuͤhlen zu laſſen und ihm eine<lb/>
Art Ergebenheit abzuzwingen. Paul empfing die Nach¬<lb/>
richt ſtumm und ſchweigend. Er ließ Thereſen nur ihre<lb/>
noͤthigſten Sachen ordnen, und geleitete ſie und die Kin¬<lb/>
der noch bis zur Grenze.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>So waren alſo die beiden Eheleute durch einen poli¬<lb/>
zeilichen Machtſpruch geſchieden. Paul blieb zuruͤck, in<lb/></p></div></body></text></TEI>
[60/0074]
Polizeiliche Eheſcheidung.
Gleichzeitig aber mit dieſer Beſcheidung Pauls traf
auch ein Schreiben an die Polizeibehoͤrde ein, wonach
dieſe angewieſen wurde, Pauls Gattin und Kinder, wel¬
chen von der Gemeinde die Aufnahme verſagt worden
ſei, ſofort nach ihrer Heimath zu verweiſen. Vielleicht
hatten die harten Worte in Pauls Beſchwerde dieſe ſchnelle
Maßnahme hervorgerufen, — wenigſtens meinte der Po¬
lizeibeamte, der den Befehl an Paul uͤberbrachte, daß es
wohl anders ausgefallen waͤre, wenn Paul, ſtatt ſich zu
beſchweren, bittend eingekommen waͤre. Selbſt Konrad
war von dieſer Wendung uͤberraſcht. Da er von Natur
nicht boshaft war, hatte er an einen ſolchen Ausgang
nicht gedacht. Seine Abſicht war vielmehr einzig die ge¬
weſen, Paul ſeine Macht fuͤhlen zu laſſen und ihm eine
Art Ergebenheit abzuzwingen. Paul empfing die Nach¬
richt ſtumm und ſchweigend. Er ließ Thereſen nur ihre
noͤthigſten Sachen ordnen, und geleitete ſie und die Kin¬
der noch bis zur Grenze.
So waren alſo die beiden Eheleute durch einen poli¬
zeilichen Machtſpruch geſchieden. Paul blieb zuruͤck, in
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/74>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.