Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Armuth und Verbrechen.
murmelte in kochender Wuth, während er drohend die
geballte Faust in die Höhe reckte:

"Möge mein Blut über Dich kommen, Du un¬
barmherziger Hund! Möge der Jammer meines Weibes
und meines unschuldigen Kindes auf den Seelen der
Deinen brennen, und Dein verfluchtes Geschlecht in der¬
selben Noth und Verzweiflung verderben lassen!" --

Dann wendete er sich ab und schritt weiter, schnell
und entschlossen, nach der Schenke, wo, wie er wußte,
Will Fischer ihn erwartete.


Am andern Morgen erzählte man sich allenthalben
von einer Diebsbande, die bei einem frechen, nächtlichen
Einbruch von der Polizei ertappt und aufgehoben worden
sei. Schenks Frau ängstigte sich noch nicht darüber, daß
ihr Mann die Nacht über ausgeblieben war, denn er
hatte sich öfters, um sein häusliches Leid nicht zu sehn,
in einer Kneipe eine Streu gesucht. Am Nachmittag
aber kam der Hausmann, kündigte ihr in brutalen Wor¬
ten das Schicksal ihres Mannes an und sagte, daß sie

Armuth und Verbrechen.
murmelte in kochender Wuth, waͤhrend er drohend die
geballte Fauſt in die Hoͤhe reckte:

„Moͤge mein Blut uͤber Dich kommen, Du un¬
barmherziger Hund! Moͤge der Jammer meines Weibes
und meines unſchuldigen Kindes auf den Seelen der
Deinen brennen, und Dein verfluchtes Geſchlecht in der¬
ſelben Noth und Verzweiflung verderben laſſen!“ —

Dann wendete er ſich ab und ſchritt weiter, ſchnell
und entſchloſſen, nach der Schenke, wo, wie er wußte,
Will Fiſcher ihn erwartete.


Am andern Morgen erzaͤhlte man ſich allenthalben
von einer Diebsbande, die bei einem frechen, naͤchtlichen
Einbruch von der Polizei ertappt und aufgehoben worden
ſei. Schenks Frau aͤngſtigte ſich noch nicht daruͤber, daß
ihr Mann die Nacht uͤber ausgeblieben war, denn er
hatte ſich oͤfters, um ſein haͤusliches Leid nicht zu ſehn,
in einer Kneipe eine Streu geſucht. Am Nachmittag
aber kam der Hausmann, kuͤndigte ihr in brutalen Wor¬
ten das Schickſal ihres Mannes an und ſagte, daß ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0057" n="43"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>murmelte in kochender Wuth, wa&#x0364;hrend er drohend die<lb/>
geballte Fau&#x017F;t in die Ho&#x0364;he reckte:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mo&#x0364;ge mein Blut u&#x0364;ber Dich kommen, Du un¬<lb/>
barmherziger Hund! Mo&#x0364;ge der Jammer meines Weibes<lb/>
und meines un&#x017F;chuldigen Kindes auf den Seelen der<lb/>
Deinen brennen, und Dein verfluchtes Ge&#x017F;chlecht in der¬<lb/>
&#x017F;elben Noth und Verzweiflung verderben la&#x017F;&#x017F;en!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Dann wendete er &#x017F;ich ab und &#x017F;chritt weiter, &#x017F;chnell<lb/>
und ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, nach der Schenke, wo, wie er wußte,<lb/>
Will Fi&#x017F;cher ihn erwartete.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>Am andern Morgen erza&#x0364;hlte man &#x017F;ich allenthalben<lb/>
von einer Diebsbande, die bei einem frechen, na&#x0364;chtlichen<lb/>
Einbruch von der Polizei ertappt und aufgehoben worden<lb/>
&#x017F;ei. Schenks Frau a&#x0364;ng&#x017F;tigte &#x017F;ich noch nicht daru&#x0364;ber, daß<lb/>
ihr Mann die Nacht u&#x0364;ber ausgeblieben war, denn er<lb/>
hatte &#x017F;ich o&#x0364;fters, um &#x017F;ein ha&#x0364;usliches Leid nicht zu &#x017F;ehn,<lb/>
in einer Kneipe eine Streu ge&#x017F;ucht. Am Nachmittag<lb/>
aber kam der Hausmann, ku&#x0364;ndigte ihr in brutalen Wor¬<lb/>
ten das Schick&#x017F;al ihres Mannes an und &#x017F;agte, daß &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0057] Armuth und Verbrechen. murmelte in kochender Wuth, waͤhrend er drohend die geballte Fauſt in die Hoͤhe reckte: „Moͤge mein Blut uͤber Dich kommen, Du un¬ barmherziger Hund! Moͤge der Jammer meines Weibes und meines unſchuldigen Kindes auf den Seelen der Deinen brennen, und Dein verfluchtes Geſchlecht in der¬ ſelben Noth und Verzweiflung verderben laſſen!“ — Dann wendete er ſich ab und ſchritt weiter, ſchnell und entſchloſſen, nach der Schenke, wo, wie er wußte, Will Fiſcher ihn erwartete. Am andern Morgen erzaͤhlte man ſich allenthalben von einer Diebsbande, die bei einem frechen, naͤchtlichen Einbruch von der Polizei ertappt und aufgehoben worden ſei. Schenks Frau aͤngſtigte ſich noch nicht daruͤber, daß ihr Mann die Nacht uͤber ausgeblieben war, denn er hatte ſich oͤfters, um ſein haͤusliches Leid nicht zu ſehn, in einer Kneipe eine Streu geſucht. Am Nachmittag aber kam der Hausmann, kuͤndigte ihr in brutalen Wor¬ ten das Schickſal ihres Mannes an und ſagte, daß ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/57
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/57>, abgerufen am 15.05.2024.