Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Armuth und Verbrechen. jetzt, wo sie ihm allein gar keine Garantie mehr biete,ungesäumt ausziehen müsse. Dann ließ er sie mit ihrer Verzweiflung allein. Den Nachmittag über blieb die Aermste noch in die¬ Schenk vernahm von dem Ende der Seinen nichts. Armuth und Verbrechen. jetzt, wo ſie ihm allein gar keine Garantie mehr biete,ungeſaͤumt ausziehen muͤſſe. Dann ließ er ſie mit ihrer Verzweiflung allein. Den Nachmittag uͤber blieb die Aermſte noch in die¬ Schenk vernahm von dem Ende der Seinen nichts. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0058" n="44"/><fw place="top" type="header">Armuth und Verbrechen.<lb/></fw>jetzt, wo ſie ihm allein gar keine Garantie mehr biete,<lb/> ungeſaͤumt ausziehen muͤſſe. Dann ließ er ſie mit ihrer<lb/> Verzweiflung allein.</p><lb/> <p>Den Nachmittag uͤber blieb die Aermſte noch in die¬<lb/> ſer Staͤtte des Jammers zuruͤck. Sie ſaß vor dem Bett<lb/> ihres Kindes, ſtumm und in ſich gekehrt. Kein Laut<lb/> der Klage entſchluͤpfte ihren Lippen, ihre Augen waren<lb/> trocken, aber ihr Blick brannte auf die Zuͤge ihrer ſchlum¬<lb/> mernden Kleinen. Am Abend, als die Dunkelheit tiefer<lb/> hereingebrochen war, hing ſie ihren Mantel um, nahm<lb/> das Kind in den Arm und ſchritt durch die Gaſſen. Als<lb/> ſie am Quai angekommen war, machte ſie Halt und<lb/> zog ihr Kind noch einmal aus der Verhuͤllung des Man¬<lb/> tels hervor. Das ſchwankende Licht einer entfernten La¬<lb/> terne fiel auf die Zuͤge der ſchlummernden Kleinen, und<lb/> blitzte wieder in den perlenden Thraͤnen, die jetzt heiß aus<lb/> den Augen der Mutter rollten. Sie kuͤßte die kleinen<lb/> Zuͤge mehrmals feſt und innig, und ihre Lippen bewegten<lb/> ſich, wie zum Gebet. Als das Kind ſich dann leiſe zu<lb/> bewegen begann, machte ſie eine raſche Bewegung und<lb/> ſprang mit ihm in den Fluß. — —</p><lb/> <p>Schenk vernahm von dem Ende der Seinen nichts.<lb/> Da ſein Inquirent ein ausfuͤhrliches Geſtaͤndniß, nament¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0058]
Armuth und Verbrechen.
jetzt, wo ſie ihm allein gar keine Garantie mehr biete,
ungeſaͤumt ausziehen muͤſſe. Dann ließ er ſie mit ihrer
Verzweiflung allein.
Den Nachmittag uͤber blieb die Aermſte noch in die¬
ſer Staͤtte des Jammers zuruͤck. Sie ſaß vor dem Bett
ihres Kindes, ſtumm und in ſich gekehrt. Kein Laut
der Klage entſchluͤpfte ihren Lippen, ihre Augen waren
trocken, aber ihr Blick brannte auf die Zuͤge ihrer ſchlum¬
mernden Kleinen. Am Abend, als die Dunkelheit tiefer
hereingebrochen war, hing ſie ihren Mantel um, nahm
das Kind in den Arm und ſchritt durch die Gaſſen. Als
ſie am Quai angekommen war, machte ſie Halt und
zog ihr Kind noch einmal aus der Verhuͤllung des Man¬
tels hervor. Das ſchwankende Licht einer entfernten La¬
terne fiel auf die Zuͤge der ſchlummernden Kleinen, und
blitzte wieder in den perlenden Thraͤnen, die jetzt heiß aus
den Augen der Mutter rollten. Sie kuͤßte die kleinen
Zuͤge mehrmals feſt und innig, und ihre Lippen bewegten
ſich, wie zum Gebet. Als das Kind ſich dann leiſe zu
bewegen begann, machte ſie eine raſche Bewegung und
ſprang mit ihm in den Fluß. — —
Schenk vernahm von dem Ende der Seinen nichts.
Da ſein Inquirent ein ausfuͤhrliches Geſtaͤndniß, nament¬
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