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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Das Unvermeidliche.
sein Pferd hielt wie zufällig fast immer in der Gegend,
wo sie saß. Er ritt an diesem Abend noch ausgezeich¬
neter, als zuvor, und erntete den reichlichsten Beifall,
der fast nicht enden wollte. Charlotte hatte kein Zeichen
der Befriedigung gegeben, doch verbeugte er sich zuerst
nach ihrer Gegend hin und sie bemerkte wohl, wie sein
Auge unter den dunklen Locken groß und leuchtend auf
sie gerichtet war.

Bei der folgenden Vorstellung der Truppe war sie
nicht zugegen, aber zum Besuch der zweiten hatte sie die
Erlaubniß der Vorsteher zu erhalten gewußt. Als Au¬
relio vortrat, überflog sein Auge die Versammlung, als
ob er etwas suche, dann, als seine Augen denen Char¬
lottens begegneten, verbeugte er sich noch einmal wie
zum Dank. Mit einem raschen Sprung stand er auf
seinem Pferd. Seine Augen sprühten von glühender
Lust, immer gewaltiger trieb er sein Pferd mit Zurufen
an, und der Triumph seiner Kunst erreichte heute seinen
Gipfel. So verwegen und doch so schön und so ge¬
wandt hatte man ihn noch nicht reiten sehen. Es war
als ob ein inneres Glück ihn zu den tollkühnsten Lau¬
nen treibe. Auch sein Aeußeres erschien heute schöner
und glänzender als sonst. Ein reiches, geschmackvolles

Das Unvermeidliche.
ſein Pferd hielt wie zufaͤllig faſt immer in der Gegend,
wo ſie ſaß. Er ritt an dieſem Abend noch ausgezeich¬
neter, als zuvor, und erntete den reichlichſten Beifall,
der faſt nicht enden wollte. Charlotte hatte kein Zeichen
der Befriedigung gegeben, doch verbeugte er ſich zuerſt
nach ihrer Gegend hin und ſie bemerkte wohl, wie ſein
Auge unter den dunklen Locken groß und leuchtend auf
ſie gerichtet war.

Bei der folgenden Vorſtellung der Truppe war ſie
nicht zugegen, aber zum Beſuch der zweiten hatte ſie die
Erlaubniß der Vorſteher zu erhalten gewußt. Als Au¬
relio vortrat, uͤberflog ſein Auge die Verſammlung, als
ob er etwas ſuche, dann, als ſeine Augen denen Char¬
lottens begegneten, verbeugte er ſich noch einmal wie
zum Dank. Mit einem raſchen Sprung ſtand er auf
ſeinem Pferd. Seine Augen ſpruͤhten von gluͤhender
Luſt, immer gewaltiger trieb er ſein Pferd mit Zurufen
an, und der Triumph ſeiner Kunſt erreichte heute ſeinen
Gipfel. So verwegen und doch ſo ſchoͤn und ſo ge¬
wandt hatte man ihn noch nicht reiten ſehen. Es war
als ob ein inneres Gluͤck ihn zu den tollkuͤhnſten Lau¬
nen treibe. Auch ſein Aeußeres erſchien heute ſchoͤner
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[191/0205] Das Unvermeidliche. ſein Pferd hielt wie zufaͤllig faſt immer in der Gegend, wo ſie ſaß. Er ritt an dieſem Abend noch ausgezeich¬ neter, als zuvor, und erntete den reichlichſten Beifall, der faſt nicht enden wollte. Charlotte hatte kein Zeichen der Befriedigung gegeben, doch verbeugte er ſich zuerſt nach ihrer Gegend hin und ſie bemerkte wohl, wie ſein Auge unter den dunklen Locken groß und leuchtend auf ſie gerichtet war. Bei der folgenden Vorſtellung der Truppe war ſie nicht zugegen, aber zum Beſuch der zweiten hatte ſie die Erlaubniß der Vorſteher zu erhalten gewußt. Als Au¬ relio vortrat, uͤberflog ſein Auge die Verſammlung, als ob er etwas ſuche, dann, als ſeine Augen denen Char¬ lottens begegneten, verbeugte er ſich noch einmal wie zum Dank. Mit einem raſchen Sprung ſtand er auf ſeinem Pferd. Seine Augen ſpruͤhten von gluͤhender Luſt, immer gewaltiger trieb er ſein Pferd mit Zurufen an, und der Triumph ſeiner Kunſt erreichte heute ſeinen Gipfel. So verwegen und doch ſo ſchoͤn und ſo ge¬ wandt hatte man ihn noch nicht reiten ſehen. Es war als ob ein inneres Gluͤck ihn zu den tollkuͤhnſten Lau¬ nen treibe. Auch ſein Aeußeres erſchien heute ſchoͤner und glaͤnzender als ſonſt. Ein reiches, geſchmackvolles

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/205>, abgerufen am 22.05.2024.