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Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

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Das Unvermeidliche.

Es hatten zu dieser Zeit eben die demagogischen Un¬
tersuchungen begonnen, und wie man weiß, kam dazumal
mancher angesehene, hochgeachtete Mann heute in poli¬
zeilichen Geruch, der gestern noch in Amt und Würden
stand. Viele hatten gestern noch ihre Angehörigen unbe¬
fangen und heiter verlassen, um sie erst nach Jahren
ergraut und morsch aus den Gefängnissen steigen zu sehen.

Auf ähnliche Weise wurde Arthur bald nach jener
Unterredung durch einen Brief seiner Mutter furchtbar
überrascht, die ihm tiefergriffen die Gefangennahme seines
Vaters mittheilte. Der junge Mann ordnete sogleich
seine Angelegenheiten und eilte in düstern Ahnungen nach
Hause. Hier fand er seine Mutter auf dem Kranken¬
lager. Sie war von Natur schon schwächlich und ner¬
vösen Anfällen unterworfen gewesen, und die Aerzte wa¬
ren in letzter Zeit mehrmals für ihr Leben besorgt; jetzt
hatte die Gemüthsbewegung bei ihres Gatten Schicksal
sie niedergeworfen und ein schleichendes Fieber untergrub
ihr Dasein. Arthur widmete ihrer Pflege seine ganze
Aufmerksamkeit, aber er konnte doch den geknickten Le¬
benstrieb nicht wieder aufrichten. Die Kranke wurde
allmählig immer hinfälliger und schwächer und fühlte
zuletzt selbst ihre Auflösung nahen. Da richteten sich

Das Unvermeidliche.

Es hatten zu dieſer Zeit eben die demagogiſchen Un¬
terſuchungen begonnen, und wie man weiß, kam dazumal
mancher angeſehene, hochgeachtete Mann heute in poli¬
zeilichen Geruch, der geſtern noch in Amt und Wuͤrden
ſtand. Viele hatten geſtern noch ihre Angehoͤrigen unbe¬
fangen und heiter verlaſſen, um ſie erſt nach Jahren
ergraut und morſch aus den Gefaͤngniſſen ſteigen zu ſehen.

Auf aͤhnliche Weiſe wurde Arthur bald nach jener
Unterredung durch einen Brief ſeiner Mutter furchtbar
uͤberraſcht, die ihm tiefergriffen die Gefangennahme ſeines
Vaters mittheilte. Der junge Mann ordnete ſogleich
ſeine Angelegenheiten und eilte in duͤſtern Ahnungen nach
Hauſe. Hier fand er ſeine Mutter auf dem Kranken¬
lager. Sie war von Natur ſchon ſchwaͤchlich und ner¬
voͤſen Anfaͤllen unterworfen geweſen, und die Aerzte wa¬
ren in letzter Zeit mehrmals fuͤr ihr Leben beſorgt; jetzt
hatte die Gemuͤthsbewegung bei ihres Gatten Schickſal
ſie niedergeworfen und ein ſchleichendes Fieber untergrub
ihr Daſein. Arthur widmete ihrer Pflege ſeine ganze
Aufmerkſamkeit, aber er konnte doch den geknickten Le¬
benstrieb nicht wieder aufrichten. Die Kranke wurde
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[162/0176] Das Unvermeidliche. Es hatten zu dieſer Zeit eben die demagogiſchen Un¬ terſuchungen begonnen, und wie man weiß, kam dazumal mancher angeſehene, hochgeachtete Mann heute in poli¬ zeilichen Geruch, der geſtern noch in Amt und Wuͤrden ſtand. Viele hatten geſtern noch ihre Angehoͤrigen unbe¬ fangen und heiter verlaſſen, um ſie erſt nach Jahren ergraut und morſch aus den Gefaͤngniſſen ſteigen zu ſehen. Auf aͤhnliche Weiſe wurde Arthur bald nach jener Unterredung durch einen Brief ſeiner Mutter furchtbar uͤberraſcht, die ihm tiefergriffen die Gefangennahme ſeines Vaters mittheilte. Der junge Mann ordnete ſogleich ſeine Angelegenheiten und eilte in duͤſtern Ahnungen nach Hauſe. Hier fand er ſeine Mutter auf dem Kranken¬ lager. Sie war von Natur ſchon ſchwaͤchlich und ner¬ voͤſen Anfaͤllen unterworfen geweſen, und die Aerzte wa¬ ren in letzter Zeit mehrmals fuͤr ihr Leben beſorgt; jetzt hatte die Gemuͤthsbewegung bei ihres Gatten Schickſal ſie niedergeworfen und ein ſchleichendes Fieber untergrub ihr Daſein. Arthur widmete ihrer Pflege ſeine ganze Aufmerkſamkeit, aber er konnte doch den geknickten Le¬ benstrieb nicht wieder aufrichten. Die Kranke wurde allmaͤhlig immer hinfaͤlliger und ſchwaͤcher und fuͤhlte zuletzt ſelbſt ihre Aufloͤſung nahen. Da richteten ſich

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Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/176>, abgerufen am 23.11.2024.