Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Unvermeidliche.
nicht ohne große Umstände von den Nachbarn erlöst.
Die Studenten aber hatten sich mit stolzer Genugthuung
und ungefährdet nach Hause begeben.

Mit dieser Erzählung hatte Eduard denn einen hef¬
tigen Ausfall von Arthurs prinzipieller Kritik hervorgeru¬
fen. Arthur ließ sich, wie gewöhnlich, weniger über den
Vorfall selbst aus, er betrachtete nicht den muthwilligen
Streich, sondern sprach mit großem Ernst über die Mo¬
tive und verdammte sie als Rachethat. Im Laufe des
Gesprächs wurde denn auch bald die eigentliche Sache
vergessen, und Beide führten nun den Streit über das
Prinzip der persönlichen Rache, wobei, wie wir gesehen
haben, Arthur zuletzt auf das konsequente Resultat kam,
daß er nie, auch bei systematisch fortgesetzter Unbill, dem
Gekränkten die Rache zugestehe.

Es schien aber fast, als wolle das Schicksal an ihm
erproben, wie weit ein Prinzip Macht über die Men¬
schennatur ausüben könne, denn jenes Thema sollte ver¬
hängnißvoll in sein Leben eingreifen.


11

Das Unvermeidliche.
nicht ohne große Umſtaͤnde von den Nachbarn erloͤſt.
Die Studenten aber hatten ſich mit ſtolzer Genugthuung
und ungefaͤhrdet nach Hauſe begeben.

Mit dieſer Erzaͤhlung hatte Eduard denn einen hef¬
tigen Ausfall von Arthurs prinzipieller Kritik hervorgeru¬
fen. Arthur ließ ſich, wie gewoͤhnlich, weniger uͤber den
Vorfall ſelbſt aus, er betrachtete nicht den muthwilligen
Streich, ſondern ſprach mit großem Ernſt uͤber die Mo¬
tive und verdammte ſie als Rachethat. Im Laufe des
Geſpraͤchs wurde denn auch bald die eigentliche Sache
vergeſſen, und Beide fuͤhrten nun den Streit uͤber das
Prinzip der perſoͤnlichen Rache, wobei, wie wir geſehen
haben, Arthur zuletzt auf das konſequente Reſultat kam,
daß er nie, auch bei ſyſtematiſch fortgeſetzter Unbill, dem
Gekraͤnkten die Rache zugeſtehe.

Es ſchien aber faſt, als wolle das Schickſal an ihm
erproben, wie weit ein Prinzip Macht uͤber die Men¬
ſchennatur ausuͤben koͤnne, denn jenes Thema ſollte ver¬
haͤngnißvoll in ſein Leben eingreifen.


11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0175" n="161"/><fw place="top" type="header">Das Unvermeidliche.<lb/></fw> nicht ohne große Um&#x017F;ta&#x0364;nde von den Nachbarn erlo&#x0364;&#x017F;t.<lb/>
Die Studenten aber hatten &#x017F;ich mit &#x017F;tolzer Genugthuung<lb/>
und ungefa&#x0364;hrdet nach Hau&#x017F;e begeben.</p><lb/>
        <p>Mit die&#x017F;er Erza&#x0364;hlung hatte Eduard denn einen hef¬<lb/>
tigen Ausfall von Arthurs prinzipieller Kritik hervorgeru¬<lb/>
fen. Arthur ließ &#x017F;ich, wie gewo&#x0364;hnlich, weniger u&#x0364;ber den<lb/>
Vorfall &#x017F;elb&#x017F;t aus, er betrachtete nicht den muthwilligen<lb/>
Streich, &#x017F;ondern &#x017F;prach mit großem Ern&#x017F;t u&#x0364;ber die Mo¬<lb/>
tive und verdammte &#x017F;ie als Rachethat. Im Laufe des<lb/>
Ge&#x017F;pra&#x0364;chs wurde denn auch bald die eigentliche Sache<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en, und Beide fu&#x0364;hrten nun den Streit u&#x0364;ber das<lb/>
Prinzip der per&#x017F;o&#x0364;nlichen Rache, wobei, wie wir ge&#x017F;ehen<lb/>
haben, Arthur zuletzt auf das kon&#x017F;equente Re&#x017F;ultat kam,<lb/>
daß er nie, auch bei &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch fortge&#x017F;etzter Unbill, dem<lb/>
Gekra&#x0364;nkten die Rache zuge&#x017F;tehe.</p><lb/>
        <p>Es &#x017F;chien aber fa&#x017F;t, als wolle das Schick&#x017F;al an ihm<lb/>
erproben, wie weit ein Prinzip Macht u&#x0364;ber die Men¬<lb/>
&#x017F;chennatur ausu&#x0364;ben ko&#x0364;nne, denn jenes Thema &#x017F;ollte ver¬<lb/>
ha&#x0364;ngnißvoll in &#x017F;ein Leben eingreifen.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">11<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0175] Das Unvermeidliche. nicht ohne große Umſtaͤnde von den Nachbarn erloͤſt. Die Studenten aber hatten ſich mit ſtolzer Genugthuung und ungefaͤhrdet nach Hauſe begeben. Mit dieſer Erzaͤhlung hatte Eduard denn einen hef¬ tigen Ausfall von Arthurs prinzipieller Kritik hervorgeru¬ fen. Arthur ließ ſich, wie gewoͤhnlich, weniger uͤber den Vorfall ſelbſt aus, er betrachtete nicht den muthwilligen Streich, ſondern ſprach mit großem Ernſt uͤber die Mo¬ tive und verdammte ſie als Rachethat. Im Laufe des Geſpraͤchs wurde denn auch bald die eigentliche Sache vergeſſen, und Beide fuͤhrten nun den Streit uͤber das Prinzip der perſoͤnlichen Rache, wobei, wie wir geſehen haben, Arthur zuletzt auf das konſequente Reſultat kam, daß er nie, auch bei ſyſtematiſch fortgeſetzter Unbill, dem Gekraͤnkten die Rache zugeſtehe. Es ſchien aber faſt, als wolle das Schickſal an ihm erproben, wie weit ein Prinzip Macht uͤber die Men¬ ſchennatur ausuͤben koͤnne, denn jenes Thema ſollte ver¬ haͤngnißvoll in ſein Leben eingreifen. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/175
Zitationshilfe: Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/175>, abgerufen am 23.11.2024.