Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Rechtsfrage. Schneider verwundete, wenig oder nichts geschehen würde,mein junger Brausekopf," bemerkte der Kriminalrath, "so konnte diese Antwort nur der Rechtsfrage gelten. Der Gensd'arme hat einen in seinen Augen schuldigen Men¬ schen verhaften wollen, dieser ihm dagegen Widerstand geleistet und ihn vielleicht auch gereizt; er ist daher im vollen Rechte, wenn er von der Gewalt seiner Waffe Gebrauch macht." -- "Aber der Gensd'arme hatte ja in diesem Fall gar "Einerlei, meine Gnädige," sagte der Kriminalrath. "Ja, nachdem er unter dem Jauchzen der versam¬ Die Rechtsfrage. Schneider verwundete, wenig oder nichts geſchehen wuͤrde,mein junger Brauſekopf,“ bemerkte der Kriminalrath, „ſo konnte dieſe Antwort nur der Rechtsfrage gelten. Der Gensd'arme hat einen in ſeinen Augen ſchuldigen Men¬ ſchen verhaften wollen, dieſer ihm dagegen Widerſtand geleiſtet und ihn vielleicht auch gereizt; er iſt daher im vollen Rechte, wenn er von der Gewalt ſeiner Waffe Gebrauch macht.“ — „Aber der Gensd'arme hatte ja in dieſem Fall gar „Einerlei, meine Gnaͤdige,“ ſagte der Kriminalrath. „Ja, nachdem er unter dem Jauchzen der verſam¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="101"/><fw place="top" type="header">Die Rechtsfrage.<lb/></fw>Schneider verwundete, wenig oder nichts geſchehen wuͤrde,<lb/> mein junger Brauſekopf,“ bemerkte der Kriminalrath, „ſo<lb/> konnte dieſe Antwort nur der Rechtsfrage gelten. Der<lb/> Gensd'arme hat einen in ſeinen Augen ſchuldigen Men¬<lb/> ſchen verhaften wollen, dieſer ihm dagegen Widerſtand<lb/> geleiſtet und ihn vielleicht auch gereizt; er iſt daher im<lb/> vollen Rechte, wenn er von der Gewalt ſeiner Waffe<lb/> Gebrauch macht.“ —</p><lb/> <p>„Aber der Gensd'arme hatte ja in dieſem Fall gar<lb/> nicht das Recht, den Handwerker zu verhaften!“ rief die<lb/> Frau vom Hauſe wieder. „Der Handwerker war ja gar<lb/> nicht der Schuldige!“ —</p><lb/> <p>„Einerlei, meine Gnaͤdige,“ ſagte der Kriminalrath.<lb/> „Er iſt in jedem Fall der adminiſtrativen Gewalt zu<lb/> Gehorſam verpflichtet. War er wirklich unſchuldig, ſo<lb/> konnte er deſto eher in der ſichern Erwartung, alsbald<lb/> wieder in Freiheit geſetzt zu werden, dem Gensd'armen<lb/> folgen.“ —</p><lb/> <p>„Ja, nachdem er unter dem Jauchzen der verſam¬<lb/> melten Menge verhaftet worden, haͤtte man ihn ſpaͤter<lb/> ganz im Stillen wieder freigelaſſen!“ warf der Arzt mit<lb/> einem geringſchaͤtzigen Seitenblick ein. „Welche Satis¬<lb/> faktion wird dem unſchuldigen, rechtlichen Mann, dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0115]
Die Rechtsfrage.
Schneider verwundete, wenig oder nichts geſchehen wuͤrde,
mein junger Brauſekopf,“ bemerkte der Kriminalrath, „ſo
konnte dieſe Antwort nur der Rechtsfrage gelten. Der
Gensd'arme hat einen in ſeinen Augen ſchuldigen Men¬
ſchen verhaften wollen, dieſer ihm dagegen Widerſtand
geleiſtet und ihn vielleicht auch gereizt; er iſt daher im
vollen Rechte, wenn er von der Gewalt ſeiner Waffe
Gebrauch macht.“ —
„Aber der Gensd'arme hatte ja in dieſem Fall gar
nicht das Recht, den Handwerker zu verhaften!“ rief die
Frau vom Hauſe wieder. „Der Handwerker war ja gar
nicht der Schuldige!“ —
„Einerlei, meine Gnaͤdige,“ ſagte der Kriminalrath.
„Er iſt in jedem Fall der adminiſtrativen Gewalt zu
Gehorſam verpflichtet. War er wirklich unſchuldig, ſo
konnte er deſto eher in der ſichern Erwartung, alsbald
wieder in Freiheit geſetzt zu werden, dem Gensd'armen
folgen.“ —
„Ja, nachdem er unter dem Jauchzen der verſam¬
melten Menge verhaftet worden, haͤtte man ihn ſpaͤter
ganz im Stillen wieder freigelaſſen!“ warf der Arzt mit
einem geringſchaͤtzigen Seitenblick ein. „Welche Satis¬
faktion wird dem unſchuldigen, rechtlichen Mann, dem
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