Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Rechtsfrage. durch die öffentliche Verhaftung ein Brandmal aufgedrücktist, wohl je zu Theil? Kann ihm eine Klage, selbst wenn er sie gewinnt, die Schmach, vor den Augen des Publikums so behandelt worden zu sein, vergessen machen?" -- "Und -- und -- erlauben Sie mir noch den Ein¬ Der Kriminalrath legte den Theelöffel zur Seite und "Der Staatsbürger," begann er bedächtig, "ist seiner Die Rechtsfrage. durch die oͤffentliche Verhaftung ein Brandmal aufgedruͤcktiſt, wohl je zu Theil? Kann ihm eine Klage, ſelbſt wenn er ſie gewinnt, die Schmach, vor den Augen des Publikums ſo behandelt worden zu ſein, vergeſſen machen?“ — „Und — und — erlauben Sie mir noch den Ein¬ Der Kriminalrath legte den Theeloͤffel zur Seite und „Der Staatsbuͤrger,“ begann er bedaͤchtig, „iſt ſeiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0116" n="102"/><fw place="top" type="header">Die Rechtsfrage.<lb/></fw>durch die oͤffentliche Verhaftung ein Brandmal aufgedruͤckt<lb/> iſt, wohl je zu Theil? Kann ihm eine Klage, ſelbſt<lb/> wenn er ſie gewinnt, die Schmach, vor den Augen<lb/> des Publikums ſo behandelt worden zu ſein, vergeſſen<lb/> machen?“ —</p><lb/> <p>„Und — und — erlauben Sie mir noch den Ein¬<lb/> wurf auf Ihre Behauptung,“ ſagte die Dame ungedul¬<lb/> dig, indem ſie mit dem Zeigefinger ihrer kleinen Hand<lb/> befehlend auf den Tiſch klopfte und ihren Lockenkopf zu¬<lb/> ruͤckwarf. „Sie bemerkten, daß man in jedem Falle der<lb/> adminiſtrativen Gewalt zu Gehorſam verpflichtet ſei; mei¬<lb/> nen Sie das auch fuͤr den Fall, daß ein Polizeibeamter<lb/> etwas durchaus Ungehoͤriges verlangt, z. B. Jemanden<lb/> ins Waſſer zu ſpringen befiehlt? Wie dann, Herr<lb/> Kriminalrath?“ —</p><lb/> <p>Der Kriminalrath legte den Theeloͤffel zur Seite und<lb/> ſchob ſeine Brille hoͤher unter die Augen.</p><lb/> <p>„Der Staatsbuͤrger,“ begann er bedaͤchtig, „iſt ſeiner<lb/> Obrigkeit und jedem ihrer vollſtreckenden Werkzeuge Ge¬<lb/> horſam ſchuldig, und es ſteht ihm ein Urtheil, ob der<lb/> Befehl vielleicht ungehoͤrig ſei, gar nicht zu. Sie werden<lb/> mir wenigſtens einraͤumen, daß es der Polizei im entge¬<lb/> gengeſetzten Falle gar nicht moͤglich ſein wuͤrde, einen in<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0116]
Die Rechtsfrage.
durch die oͤffentliche Verhaftung ein Brandmal aufgedruͤckt
iſt, wohl je zu Theil? Kann ihm eine Klage, ſelbſt
wenn er ſie gewinnt, die Schmach, vor den Augen
des Publikums ſo behandelt worden zu ſein, vergeſſen
machen?“ —
„Und — und — erlauben Sie mir noch den Ein¬
wurf auf Ihre Behauptung,“ ſagte die Dame ungedul¬
dig, indem ſie mit dem Zeigefinger ihrer kleinen Hand
befehlend auf den Tiſch klopfte und ihren Lockenkopf zu¬
ruͤckwarf. „Sie bemerkten, daß man in jedem Falle der
adminiſtrativen Gewalt zu Gehorſam verpflichtet ſei; mei¬
nen Sie das auch fuͤr den Fall, daß ein Polizeibeamter
etwas durchaus Ungehoͤriges verlangt, z. B. Jemanden
ins Waſſer zu ſpringen befiehlt? Wie dann, Herr
Kriminalrath?“ —
Der Kriminalrath legte den Theeloͤffel zur Seite und
ſchob ſeine Brille hoͤher unter die Augen.
„Der Staatsbuͤrger,“ begann er bedaͤchtig, „iſt ſeiner
Obrigkeit und jedem ihrer vollſtreckenden Werkzeuge Ge¬
horſam ſchuldig, und es ſteht ihm ein Urtheil, ob der
Befehl vielleicht ungehoͤrig ſei, gar nicht zu. Sie werden
mir wenigſtens einraͤumen, daß es der Polizei im entge¬
gengeſetzten Falle gar nicht moͤglich ſein wuͤrde, einen in
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Zitationshilfe: | Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dronke_polizeigeschichten_1846/116>, abgerufen am 07.07.2024. |