Dronke, Ernst: Polizei-Geschichten. Leipzig, 1846.Die Rechtsfrage. ganz ähnlichen Polizeigeschichte zu erzählen. In einerkurhessischen Stadt hatte ein Polizeidiener einem betrun¬ kenen Bauer das Rauchen auf der Straße untersagt, dieser dagegen, dem ein solches Verbot wahrscheinlich neu und willkührlich erschien, Gegenerörterungen gemacht. Der von Natur sehr jähzornige Beamte wurde durch den Widerstand und die vielleicht nicht sehr höflichen Ausdrücke des betrunkenen Landmannes bald in die größte Wuth versetzt, er zog seine Waffe vom Leder, und richtete den wehrlosen Mann dergestalt zu, daß derselbe nach einigen Tagen elend aus dem Leben schied. Nach langer Unter¬ suchung wurde der Polizeidiener zu anderthalbjähriger Ge¬ fängnißstrafe verurtheilt. Als er aber seine Haft antreten sollte, erklärte die Polizeidirektion, daß er einer der brauch¬ barsten Leute sei, den man vorläufig nicht entbehren könne. Die Strafe wurde auch suspendirt, und er hat sie bis auf den heutigen Tag noch nicht abgesessen. Dafür wurde er jedoch einige Zeit später zum Polizeisergeanten erhoben, und erhielt die ausschließliche Bewachung des gefangenen Professor Jordan, die er mit besonderem Eifer geführt haben soll. Der Mensch heißt Schmidt und lebt noch jetzt als Sergeant in Marburg." -- "Wenn ich sagte, daß dem Gensd'armen, der den Die Rechtsfrage. ganz aͤhnlichen Polizeigeſchichte zu erzaͤhlen. In einerkurheſſiſchen Stadt hatte ein Polizeidiener einem betrun¬ kenen Bauer das Rauchen auf der Straße unterſagt, dieſer dagegen, dem ein ſolches Verbot wahrſcheinlich neu und willkuͤhrlich erſchien, Gegeneroͤrterungen gemacht. Der von Natur ſehr jaͤhzornige Beamte wurde durch den Widerſtand und die vielleicht nicht ſehr hoͤflichen Ausdruͤcke des betrunkenen Landmannes bald in die groͤßte Wuth verſetzt, er zog ſeine Waffe vom Leder, und richtete den wehrloſen Mann dergeſtalt zu, daß derſelbe nach einigen Tagen elend aus dem Leben ſchied. Nach langer Unter¬ ſuchung wurde der Polizeidiener zu anderthalbjaͤhriger Ge¬ faͤngnißſtrafe verurtheilt. Als er aber ſeine Haft antreten ſollte, erklaͤrte die Polizeidirektion, daß er einer der brauch¬ barſten Leute ſei, den man vorlaͤufig nicht entbehren koͤnne. Die Strafe wurde auch ſuspendirt, und er hat ſie bis auf den heutigen Tag noch nicht abgeſeſſen. Dafuͤr wurde er jedoch einige Zeit ſpaͤter zum Polizeiſergeanten erhoben, und erhielt die ausſchließliche Bewachung des gefangenen Profeſſor Jordan, die er mit beſonderem Eifer gefuͤhrt haben ſoll. Der Menſch heißt Schmidt und lebt noch jetzt als Sergeant in Marburg.“ — „Wenn ich ſagte, daß dem Gensd'armen, der den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0114" n="100"/><fw place="top" type="header">Die Rechtsfrage.<lb/></fw>ganz aͤhnlichen Polizeigeſchichte zu erzaͤhlen. In einer<lb/> kurheſſiſchen Stadt hatte ein Polizeidiener einem betrun¬<lb/> kenen Bauer das Rauchen auf der Straße unterſagt,<lb/> dieſer dagegen, dem ein ſolches Verbot wahrſcheinlich neu<lb/> und willkuͤhrlich erſchien, Gegeneroͤrterungen gemacht. Der<lb/> von Natur ſehr jaͤhzornige Beamte wurde durch den<lb/> Widerſtand und die vielleicht nicht ſehr hoͤflichen Ausdruͤcke<lb/> des betrunkenen Landmannes bald in die groͤßte Wuth<lb/> verſetzt, er zog ſeine Waffe vom Leder, und richtete den<lb/> wehrloſen Mann dergeſtalt zu, daß derſelbe nach einigen<lb/> Tagen elend aus dem Leben ſchied. Nach langer Unter¬<lb/> ſuchung wurde der Polizeidiener zu anderthalbjaͤhriger Ge¬<lb/> faͤngnißſtrafe verurtheilt. Als er aber ſeine Haft antreten<lb/> ſollte, erklaͤrte die Polizeidirektion, daß er einer der brauch¬<lb/> barſten Leute ſei, den man vorlaͤufig nicht entbehren<lb/> koͤnne. Die Strafe wurde auch ſuspendirt, und er hat<lb/> ſie bis auf den heutigen Tag noch nicht abgeſeſſen. Dafuͤr<lb/> wurde er jedoch einige Zeit ſpaͤter zum Polizeiſergeanten<lb/> erhoben, und erhielt die ausſchließliche Bewachung des<lb/> gefangenen Profeſſor Jordan, die er mit beſonderem Eifer<lb/> gefuͤhrt haben ſoll. Der Menſch heißt Schmidt und lebt<lb/> noch jetzt als Sergeant in Marburg.“ —</p><lb/> <p>„Wenn ich ſagte, daß dem Gensd'armen, der den<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [100/0114]
Die Rechtsfrage.
ganz aͤhnlichen Polizeigeſchichte zu erzaͤhlen. In einer
kurheſſiſchen Stadt hatte ein Polizeidiener einem betrun¬
kenen Bauer das Rauchen auf der Straße unterſagt,
dieſer dagegen, dem ein ſolches Verbot wahrſcheinlich neu
und willkuͤhrlich erſchien, Gegeneroͤrterungen gemacht. Der
von Natur ſehr jaͤhzornige Beamte wurde durch den
Widerſtand und die vielleicht nicht ſehr hoͤflichen Ausdruͤcke
des betrunkenen Landmannes bald in die groͤßte Wuth
verſetzt, er zog ſeine Waffe vom Leder, und richtete den
wehrloſen Mann dergeſtalt zu, daß derſelbe nach einigen
Tagen elend aus dem Leben ſchied. Nach langer Unter¬
ſuchung wurde der Polizeidiener zu anderthalbjaͤhriger Ge¬
faͤngnißſtrafe verurtheilt. Als er aber ſeine Haft antreten
ſollte, erklaͤrte die Polizeidirektion, daß er einer der brauch¬
barſten Leute ſei, den man vorlaͤufig nicht entbehren
koͤnne. Die Strafe wurde auch ſuspendirt, und er hat
ſie bis auf den heutigen Tag noch nicht abgeſeſſen. Dafuͤr
wurde er jedoch einige Zeit ſpaͤter zum Polizeiſergeanten
erhoben, und erhielt die ausſchließliche Bewachung des
gefangenen Profeſſor Jordan, die er mit beſonderem Eifer
gefuͤhrt haben ſoll. Der Menſch heißt Schmidt und lebt
noch jetzt als Sergeant in Marburg.“ —
„Wenn ich ſagte, daß dem Gensd'armen, der den
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