Reservationes mentales sollten mit den Jesititenalls allen menschlichen Gesellschaften verbannt und durch- aus in keinem Falle mehr geduldet seyn. Hier, scheint es mir, müßte die Regierung zutreten und den jüdi- schen Lehrern begreiflich machen, wie nachtheilige Folgen es haben könne, wenn man den Menschen erlaube, ihre Worte zuweilen in einem andern Sinn zu nehmen, als sie von dem, welcher sie von uns verlangt, genommen werden können, und wie sie, um die moralische Berderbtheit ihrer Nation zu ver- hüten, und ihre Treue nicht verdächtig zu machen, durchaus bey dem Satze, daß im Sinne behaltne Worte nichts gelten, in allen Fällen bleiben und davon schlechterdings keine Ausnahme gestatten und lehren müssen. Diese Ausnahme ist auch in der That ganz unnöthig; für die wenigen und in unsern Staa- ten so seltenen Fälle, um derentwillen sie erdacht wor- den, ist schon sonst durch die jüdische Religion ge- sorgt worden, indem nach derselben ein gezwun- gener Eyd erlaßen werden kann. Dieses ist ohne Zweifel ein weit unbedenklicheres Mittel weil es hiernach nicht dem eignen Urtheil eines Jeden überlassen wird, einen ihm abgeforderten Eyd für gezwungen zu halten, sondern ein gewissenhafter Lehrer entscheidet. Noch besser aber würde der Aus-
weg
Y 3
Reſervationes mentales ſollten mit den Jeſititenalls allen menſchlichen Geſellſchaften verbannt und durch- aus in keinem Falle mehr geduldet ſeyn. Hier, ſcheint es mir, muͤßte die Regierung zutreten und den juͤdi- ſchen Lehrern begreiflich machen, wie nachtheilige Folgen es haben koͤnne, wenn man den Menſchen erlaube, ihre Worte zuweilen in einem andern Sinn zu nehmen, als ſie von dem, welcher ſie von uns verlangt, genommen werden koͤnnen, und wie ſie, um die moraliſche Berderbtheit ihrer Nation zu ver- huͤten, und ihre Treue nicht verdaͤchtig zu machen, durchaus bey dem Satze, daß im Sinne behaltne Worte nichts gelten, in allen Faͤllen bleiben und davon ſchlechterdings keine Ausnahme geſtatten und lehren muͤſſen. Dieſe Ausnahme iſt auch in der That ganz unnoͤthig; fuͤr die wenigen und in unſern Staa- ten ſo ſeltenen Faͤlle, um derentwillen ſie erdacht wor- den, iſt ſchon ſonſt durch die juͤdiſche Religion ge- ſorgt worden, indem nach derſelben ein gezwun- gener Eyd erlaßen werden kann. Dieſes iſt ohne Zweifel ein weit unbedenklicheres Mittel weil es hiernach nicht dem eignen Urtheil eines Jeden uͤberlaſſen wird, einen ihm abgeforderten Eyd fuͤr gezwungen zu halten, ſondern ein gewiſſenhafter Lehrer entſcheidet. Noch beſſer aber wuͤrde der Aus-
weg
Y 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0349"n="341"/><p><hirendition="#aq">Reſervationes mentales</hi>ſollten mit den Jeſititenalls<lb/>
allen menſchlichen Geſellſchaften verbannt und durch-<lb/>
aus in keinem Falle mehr geduldet ſeyn. Hier, ſcheint<lb/>
es mir, muͤßte die Regierung zutreten und den juͤdi-<lb/>ſchen Lehrern begreiflich machen, wie nachtheilige<lb/>
Folgen es haben koͤnne, wenn man den Menſchen<lb/>
erlaube, ihre Worte zuweilen in einem andern Sinn<lb/>
zu nehmen, als ſie von dem, welcher ſie von uns<lb/>
verlangt, genommen werden koͤnnen, und wie ſie,<lb/>
um die moraliſche Berderbtheit ihrer Nation zu ver-<lb/>
huͤten, und ihre Treue nicht verdaͤchtig zu machen,<lb/>
durchaus bey dem Satze, <hirendition="#fr">daß im Sinne behaltne<lb/>
Worte nichts gelten</hi>, in allen Faͤllen bleiben und<lb/>
davon ſchlechterdings keine Ausnahme geſtatten und<lb/>
lehren muͤſſen. Dieſe Ausnahme iſt auch in der That<lb/>
ganz unnoͤthig; fuͤr die wenigen und in unſern Staa-<lb/>
ten ſo ſeltenen Faͤlle, um derentwillen ſie erdacht wor-<lb/>
den, iſt ſchon ſonſt durch die juͤdiſche Religion ge-<lb/>ſorgt worden, indem nach derſelben ein gezwun-<lb/>
gener Eyd erlaßen werden kann. Dieſes iſt ohne<lb/>
Zweifel ein weit unbedenklicheres Mittel weil<lb/>
es hiernach nicht dem eignen Urtheil eines Jeden<lb/>
uͤberlaſſen wird, einen ihm abgeforderten Eyd fuͤr<lb/><hirendition="#fr">gezwungen</hi> zu halten, ſondern ein gewiſſenhafter<lb/>
Lehrer entſcheidet. Noch beſſer aber wuͤrde der Aus-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Y 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">weg</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[341/0349]
Reſervationes mentales ſollten mit den Jeſititenalls
allen menſchlichen Geſellſchaften verbannt und durch-
aus in keinem Falle mehr geduldet ſeyn. Hier, ſcheint
es mir, muͤßte die Regierung zutreten und den juͤdi-
ſchen Lehrern begreiflich machen, wie nachtheilige
Folgen es haben koͤnne, wenn man den Menſchen
erlaube, ihre Worte zuweilen in einem andern Sinn
zu nehmen, als ſie von dem, welcher ſie von uns
verlangt, genommen werden koͤnnen, und wie ſie,
um die moraliſche Berderbtheit ihrer Nation zu ver-
huͤten, und ihre Treue nicht verdaͤchtig zu machen,
durchaus bey dem Satze, daß im Sinne behaltne
Worte nichts gelten, in allen Faͤllen bleiben und
davon ſchlechterdings keine Ausnahme geſtatten und
lehren muͤſſen. Dieſe Ausnahme iſt auch in der That
ganz unnoͤthig; fuͤr die wenigen und in unſern Staa-
ten ſo ſeltenen Faͤlle, um derentwillen ſie erdacht wor-
den, iſt ſchon ſonſt durch die juͤdiſche Religion ge-
ſorgt worden, indem nach derſelben ein gezwun-
gener Eyd erlaßen werden kann. Dieſes iſt ohne
Zweifel ein weit unbedenklicheres Mittel weil
es hiernach nicht dem eignen Urtheil eines Jeden
uͤberlaſſen wird, einen ihm abgeforderten Eyd fuͤr
gezwungen zu halten, ſondern ein gewiſſenhafter
Lehrer entſcheidet. Noch beſſer aber wuͤrde der Aus-
weg
Y 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dohm, Christian Conrad Wilhelm von: Über die bürgerliche Verbesserung der Juden. T. 2. Berlin u. a., 1783, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_juden02_1783/349>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.