ganz und gar nichts. Es herrscht dabei eine übertünchte Armseligkeit, eine Hinterlist, die einem einen aufgebra- tenen Hecht in eleganter Garnirung als feinen Diner- fisch vorsetzt, den himbeerröthlichen Mehlbrei als köstliche süße Speise preist, und die Backpflaume zu unverdienten Ehren bringt.
Ganz im Argen liegt die Kochkunst der Hausfrauen in kleinen Städten.
Nie werde ich jene eigenfabricirten Himbeeressige ver- gessen, die bei landräthlichen Kaffee's mit selbstgebackenen Kirschkuchen herumgereicht wurden. Nie vergesse ich jene Kartoffelkuchen (o schnöde Entweihung des Wortes Kuchen), nie jene vielgerühmten Tischels, bei denen alte Semmeln und harte Rosinen in einem mir unbekannten Fett düster einhertrieben.
Die Höflichkeit zwang mich, dergleichen Delikatessen in meinem schuldlosen Magen zu begraben. Jch setzte ihnen die Jnschrift: "Sanft ruhe ihre Asche." Ach - sie ruhte nimmer.
Wem schaudert nicht die Haut, wenn ich des Familien- kaffee's gedenke. Er ist längst zum sprüchwörtlichen Spott geworden.
Diese Küchen-Misere erpreßte wahrscheinlich einer Schriftstellerin (Frau Reichardt) in ihrem Buch über:
ganz und gar nichts. Es herrscht dabei eine übertünchte Armseligkeit, eine Hinterlist, die einem einen aufgebra- tenen Hecht in eleganter Garnirung als feinen Diner- fisch vorsetzt, den himbeerröthlichen Mehlbrei als köstliche süße Speise preist, und die Backpflaume zu unverdienten Ehren bringt.
Ganz im Argen liegt die Kochkunst der Hausfrauen in kleinen Städten.
Nie werde ich jene eigenfabricirten Himbeeressige ver- gessen, die bei landräthlichen Kaffee's mit selbstgebackenen Kirschkuchen herumgereicht wurden. Nie vergesse ich jene Kartoffelkuchen (o schnöde Entweihung des Wortes Kuchen), nie jene vielgerühmten Tischels, bei denen alte Semmeln und harte Rosinen in einem mir unbekannten Fett düster einhertrieben.
Die Höflichkeit zwang mich, dergleichen Delikatessen in meinem schuldlosen Magen zu begraben. Jch setzte ihnen die Jnschrift: „Sanft ruhe ihre Asche.‟ Ach – sie ruhte nimmer.
Wem schaudert nicht die Haut, wenn ich des Familien- kaffee's gedenke. Er ist längst zum sprüchwörtlichen Spott geworden.
Diese Küchen-Misere erpreßte wahrscheinlich einer Schriftstellerin (Frau Reichardt) in ihrem Buch über:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0090"n="82"/>
ganz und gar nichts. Es herrscht dabei eine übertünchte<lb/>
Armseligkeit, eine Hinterlist, die einem einen aufgebra-<lb/>
tenen Hecht in eleganter Garnirung als feinen Diner-<lb/>
fisch vorsetzt, den himbeerröthlichen Mehlbrei als köstliche<lb/>
süße Speise preist, und die Backpflaume zu unverdienten<lb/>
Ehren bringt.</p><lb/><p>Ganz im Argen liegt die Kochkunst der Hausfrauen<lb/>
in kleinen Städten.</p><lb/><p>Nie werde ich jene eigenfabricirten Himbeeressige ver-<lb/>
gessen, die bei landräthlichen Kaffee's mit selbstgebackenen<lb/>
Kirschkuchen herumgereicht wurden. Nie vergesse ich jene<lb/>
Kartoffelkuchen (o schnöde Entweihung des Wortes Kuchen),<lb/>
nie jene vielgerühmten Tischels, bei denen alte Semmeln<lb/>
und harte Rosinen in einem mir unbekannten Fett düster<lb/>
einhertrieben.</p><lb/><p>Die Höflichkeit zwang mich, dergleichen Delikatessen<lb/>
in meinem schuldlosen Magen zu begraben. Jch setzte<lb/>
ihnen die Jnschrift: „Sanft ruhe ihre Asche.‟ Ach –<lb/>
sie ruhte nimmer.</p><lb/><p>Wem schaudert nicht die Haut, wenn ich des Familien-<lb/>
kaffee's gedenke. Er ist längst zum sprüchwörtlichen Spott<lb/>
geworden.</p><lb/><p>Diese Küchen-Misere erpreßte wahrscheinlich einer<lb/>
Schriftstellerin (Frau Reichardt) in ihrem Buch über:<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[82/0090]
ganz und gar nichts. Es herrscht dabei eine übertünchte
Armseligkeit, eine Hinterlist, die einem einen aufgebra-
tenen Hecht in eleganter Garnirung als feinen Diner-
fisch vorsetzt, den himbeerröthlichen Mehlbrei als köstliche
süße Speise preist, und die Backpflaume zu unverdienten
Ehren bringt.
Ganz im Argen liegt die Kochkunst der Hausfrauen
in kleinen Städten.
Nie werde ich jene eigenfabricirten Himbeeressige ver-
gessen, die bei landräthlichen Kaffee's mit selbstgebackenen
Kirschkuchen herumgereicht wurden. Nie vergesse ich jene
Kartoffelkuchen (o schnöde Entweihung des Wortes Kuchen),
nie jene vielgerühmten Tischels, bei denen alte Semmeln
und harte Rosinen in einem mir unbekannten Fett düster
einhertrieben.
Die Höflichkeit zwang mich, dergleichen Delikatessen
in meinem schuldlosen Magen zu begraben. Jch setzte
ihnen die Jnschrift: „Sanft ruhe ihre Asche.‟ Ach –
sie ruhte nimmer.
Wem schaudert nicht die Haut, wenn ich des Familien-
kaffee's gedenke. Er ist längst zum sprüchwörtlichen Spott
geworden.
Diese Küchen-Misere erpreßte wahrscheinlich einer
Schriftstellerin (Frau Reichardt) in ihrem Buch über:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-07-10T17:06:15Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): als s transkribiert;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/90>, abgerufen am 19.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.