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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Bratwurst auf den Tisch brachte. Als ich mir einige
Bemerkungen darüber erlaubte, antwortete sie mir ganz
naiv und erstaunt: Aber Madame, das kocht man so,
die Frau Professorin, wo ich zuletzt diente u. s. w.

Zucker und Butter sind überhaupt die schwachen
Seiten der Hausfrau, ihre Seele steht in einem fort-
währenden Rapport mit ihnen.

Uebrigens ist es nicht allein die Sparsamkeit, die
Madames Geschmacksnerven deprimirt, sie hält wirklich
ihre Familiendiners, die sie unter der Firma: "Auguste
oder Friederike und Comp." liefert, für vortrefflich.

Jch kann mich nie einer leichten Beklemmung er-
wehren, wenn ich bei einer befreundeten Familie zu
Tisch geladen, zu einem Gericht besonders verlockt werden
soll, daß die Hausfrau oder Haustochter eigenhändig zu-
bereitet hat.

Wenn ich ganz aufrichtig sein soll, so gestehe ich,
daß ich, wenigstens was Berlin betrifft, nur bei reichen
Leuten gut gegessen habe (selbstverständlich denke ich,
wenn ich von "gut" spreche, nur an die Qualität, nicht
an die Quantität der Gerichte), bei Banquiers z. B.,
bei Leuten, die sich eine perfekte Köchin halten, oder die
ihre Diners und Soupers bei anerkannten Küchencelebri-
täten bestellen.

Die Hausfrauendiners aber taugen in der Regel

Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 6

Bratwurst auf den Tisch brachte. Als ich mir einige
Bemerkungen darüber erlaubte, antwortete sie mir ganz
naiv und erstaunt: Aber Madame, das kocht man so,
die Frau Professorin, wo ich zuletzt diente u. s. w.

Zucker und Butter sind überhaupt die schwachen
Seiten der Hausfrau, ihre Seele steht in einem fort-
währenden Rapport mit ihnen.

Uebrigens ist es nicht allein die Sparsamkeit, die
Madames Geschmacksnerven deprimirt, sie hält wirklich
ihre Familiendiners, die sie unter der Firma: „Auguste
oder Friederike und Comp.‟ liefert, für vortrefflich.

Jch kann mich nie einer leichten Beklemmung er-
wehren, wenn ich bei einer befreundeten Familie zu
Tisch geladen, zu einem Gericht besonders verlockt werden
soll, daß die Hausfrau oder Haustochter eigenhändig zu-
bereitet hat.

Wenn ich ganz aufrichtig sein soll, so gestehe ich,
daß ich, wenigstens was Berlin betrifft, nur bei reichen
Leuten gut gegessen habe (selbstverständlich denke ich,
wenn ich von „gut‟ spreche, nur an die Qualität, nicht
an die Quantität der Gerichte), bei Banquiers z. B.,
bei Leuten, die sich eine perfekte Köchin halten, oder die
ihre Diners und Soupers bei anerkannten Küchencelebri-
täten bestellen.

Die Hausfrauendiners aber taugen in der Regel

Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 6
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[81/0089] Bratwurst auf den Tisch brachte. Als ich mir einige Bemerkungen darüber erlaubte, antwortete sie mir ganz naiv und erstaunt: Aber Madame, das kocht man so, die Frau Professorin, wo ich zuletzt diente u. s. w. Zucker und Butter sind überhaupt die schwachen Seiten der Hausfrau, ihre Seele steht in einem fort- währenden Rapport mit ihnen. Uebrigens ist es nicht allein die Sparsamkeit, die Madames Geschmacksnerven deprimirt, sie hält wirklich ihre Familiendiners, die sie unter der Firma: „Auguste oder Friederike und Comp.‟ liefert, für vortrefflich. Jch kann mich nie einer leichten Beklemmung er- wehren, wenn ich bei einer befreundeten Familie zu Tisch geladen, zu einem Gericht besonders verlockt werden soll, daß die Hausfrau oder Haustochter eigenhändig zu- bereitet hat. Wenn ich ganz aufrichtig sein soll, so gestehe ich, daß ich, wenigstens was Berlin betrifft, nur bei reichen Leuten gut gegessen habe (selbstverständlich denke ich, wenn ich von „gut‟ spreche, nur an die Qualität, nicht an die Quantität der Gerichte), bei Banquiers z. B., bei Leuten, die sich eine perfekte Köchin halten, oder die ihre Diners und Soupers bei anerkannten Küchencelebri- täten bestellen. Die Hausfrauendiners aber taugen in der Regel Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 6

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/89>, abgerufen am 28.04.2024.