Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Mit diesem Sparsamkeitsprinzip steht im Zusammen-
hang das Hausfrauendogma, nach welchem Sehnen,
Knochen und Knorpel dem Dienstmädchen am Besten
schmecken und ihm am zuträglichsten sind, und die un-
nachahmliche Geschicklichkeit, mit der die Hausfrau diese,
dem Thiere zwar sehr nothwendigen, dem Magen des
Menschen aber sehr entbehrlichen Bestandtheile so zu
arrangiren versteht, daß sie wie köstliches Fleisch er-
scheinen; eine schalkhafte kleine Spitzbüberei, die zu den
gebräuchlichsten Listen und Kunstgriffen der guten Haus-
frau gehört.

Außer an den Lebensmitteln übt die Hausfrau ihre
Sparsamkeit auch an lebendigen Gegenständen, als da
sind Näh- und Wäscherinnen, Handwerkern u. s. w.,
überhaupt an jeglichen Haus- und Küchenlieferanten, der
es nicht verstanden hat, sich mit dem Aushängeschild
"prix fixes" vor ihren Angriffen zu decken. Sie han-
delt, feilscht, schachert, sie überredet, schmeichelt, spinnt
Jntriguen, lügt wie gedruckt.

Hier umgarnt sie einen Handwerker mit der Lüge,
daß sie bei Herrn N. N. die Stiefel um so viel billiger
gekauft habe. Dort heuchelt sie einen Ohnmachtsanfall,
beim Anhören eines Preises, von dem sie sehr wohl weiß,
daß er auffallend mäßig ist.

Man muß mit einer guten Hausfrau Einkäufe ge-

Mit diesem Sparsamkeitsprinzip steht im Zusammen-
hang das Hausfrauendogma, nach welchem Sehnen,
Knochen und Knorpel dem Dienstmädchen am Besten
schmecken und ihm am zuträglichsten sind, und die un-
nachahmliche Geschicklichkeit, mit der die Hausfrau diese,
dem Thiere zwar sehr nothwendigen, dem Magen des
Menschen aber sehr entbehrlichen Bestandtheile so zu
arrangiren versteht, daß sie wie köstliches Fleisch er-
scheinen; eine schalkhafte kleine Spitzbüberei, die zu den
gebräuchlichsten Listen und Kunstgriffen der guten Haus-
frau gehört.

Außer an den Lebensmitteln übt die Hausfrau ihre
Sparsamkeit auch an lebendigen Gegenständen, als da
sind Näh- und Wäscherinnen, Handwerkern u. s. w.,
überhaupt an jeglichen Haus- und Küchenlieferanten, der
es nicht verstanden hat, sich mit dem Aushängeschild
prix fixes‟ vor ihren Angriffen zu decken. Sie han-
delt, feilscht, schachert, sie überredet, schmeichelt, spinnt
Jntriguen, lügt wie gedruckt.

Hier umgarnt sie einen Handwerker mit der Lüge,
daß sie bei Herrn N. N. die Stiefel um so viel billiger
gekauft habe. Dort heuchelt sie einen Ohnmachtsanfall,
beim Anhören eines Preises, von dem sie sehr wohl weiß,
daß er auffallend mäßig ist.

Man muß mit einer guten Hausfrau Einkäufe ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0068" n="60"/>
            <p>Mit diesem Sparsamkeitsprinzip steht im Zusammen-<lb/>
hang das Hausfrauendogma, nach welchem Sehnen,<lb/>
Knochen und Knorpel dem Dienstmädchen am Besten<lb/>
schmecken und ihm am zuträglichsten sind, und die un-<lb/>
nachahmliche Geschicklichkeit, mit der die Hausfrau diese,<lb/>
dem Thiere zwar sehr nothwendigen, dem Magen des<lb/>
Menschen aber sehr entbehrlichen Bestandtheile so zu<lb/>
arrangiren versteht, daß sie wie köstliches Fleisch er-<lb/>
scheinen; eine schalkhafte kleine Spitzbüberei, die zu den<lb/>
gebräuchlichsten Listen und Kunstgriffen der guten Haus-<lb/>
frau gehört.</p><lb/>
            <p>Außer an den Lebensmitteln übt die Hausfrau ihre<lb/>
Sparsamkeit auch an lebendigen Gegenständen, als da<lb/>
sind Näh- und Wäscherinnen, Handwerkern u. s. w.,<lb/>
überhaupt an jeglichen Haus- und Küchenlieferanten, der<lb/>
es nicht verstanden hat, sich mit dem Aushängeschild<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#aq">prix fixes</hi>&#x201F; vor ihren Angriffen zu decken. Sie han-<lb/>
delt, feilscht, schachert, sie überredet, schmeichelt, spinnt<lb/>
Jntriguen, lügt wie gedruckt.</p><lb/>
            <p>Hier umgarnt sie einen Handwerker mit der Lüge,<lb/>
daß sie bei Herrn N. N. die Stiefel um so viel billiger<lb/>
gekauft habe. Dort heuchelt sie einen Ohnmachtsanfall,<lb/>
beim Anhören eines Preises, von dem sie sehr wohl weiß,<lb/>
daß er auffallend mäßig ist.</p><lb/>
            <p>Man muß mit einer guten Hausfrau Einkäufe ge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0068] Mit diesem Sparsamkeitsprinzip steht im Zusammen- hang das Hausfrauendogma, nach welchem Sehnen, Knochen und Knorpel dem Dienstmädchen am Besten schmecken und ihm am zuträglichsten sind, und die un- nachahmliche Geschicklichkeit, mit der die Hausfrau diese, dem Thiere zwar sehr nothwendigen, dem Magen des Menschen aber sehr entbehrlichen Bestandtheile so zu arrangiren versteht, daß sie wie köstliches Fleisch er- scheinen; eine schalkhafte kleine Spitzbüberei, die zu den gebräuchlichsten Listen und Kunstgriffen der guten Haus- frau gehört. Außer an den Lebensmitteln übt die Hausfrau ihre Sparsamkeit auch an lebendigen Gegenständen, als da sind Näh- und Wäscherinnen, Handwerkern u. s. w., überhaupt an jeglichen Haus- und Küchenlieferanten, der es nicht verstanden hat, sich mit dem Aushängeschild „prix fixes‟ vor ihren Angriffen zu decken. Sie han- delt, feilscht, schachert, sie überredet, schmeichelt, spinnt Jntriguen, lügt wie gedruckt. Hier umgarnt sie einen Handwerker mit der Lüge, daß sie bei Herrn N. N. die Stiefel um so viel billiger gekauft habe. Dort heuchelt sie einen Ohnmachtsanfall, beim Anhören eines Preises, von dem sie sehr wohl weiß, daß er auffallend mäßig ist. Man muß mit einer guten Hausfrau Einkäufe ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/68
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/68>, abgerufen am 28.04.2024.