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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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aber diesen Einwand nicht richtig finde, kann ich mich
seiner nicht bedienen.

Es ist eine abstrakte Vorstellung, die dem Beamten
Autorität verschafft; diese Vorstellung heißt: Gesetz.

Die Autorität haftet nicht an der Persönlichkeit,
sondern am Amt. Wenn mich ein Post- oder Eisenbahn-
Beamter anschnauzt, so halte ich still und würge den
"Grobian", der mir auf den Lippen schwebt, herunter,
nicht wegen des Respekts, den mir der Anschnauzer ein-
flößt, sondern weil ich weiß, daß Beleidigungen im Amt
schwer gerochen werden.

Zwei andere Einwürfe, deren sich die ehrenwerthen
Sir's schuldig machen, mögen vielleicht auf englische
Zustände Anwendung finden, für uns aber sind sie be-
deutungslos.

Die Frau würde nach erlangtem Stimmrecht, meint
der eine Sir, zur Wahlurne getrieben werden, ob sie
wolle oder nicht; während der Wahlen müsse ihr das
Leben zur Last werden, man würde sie belagern, ver-
folgen u. s. w., um ihre Stimme zu erlangen.

Bei uns wählt man meines Wissens nicht unter
dem Motto: Und bist Du nicht willig, so brauch ich
Gewalt, es heißt vielmehr: Und bist Du nicht willig,
so bleibe zu Haus.

Ein anderer Gentleman weist als abschreckendes Bei-

aber diesen Einwand nicht richtig finde, kann ich mich
seiner nicht bedienen.

Es ist eine abstrakte Vorstellung, die dem Beamten
Autorität verschafft; diese Vorstellung heißt: Gesetz.

Die Autorität haftet nicht an der Persönlichkeit,
sondern am Amt. Wenn mich ein Post- oder Eisenbahn-
Beamter anschnauzt, so halte ich still und würge den
„Grobian‟, der mir auf den Lippen schwebt, herunter,
nicht wegen des Respekts, den mir der Anschnauzer ein-
flößt, sondern weil ich weiß, daß Beleidigungen im Amt
schwer gerochen werden.

Zwei andere Einwürfe, deren sich die ehrenwerthen
Sir's schuldig machen, mögen vielleicht auf englische
Zustände Anwendung finden, für uns aber sind sie be-
deutungslos.

Die Frau würde nach erlangtem Stimmrecht, meint
der eine Sir, zur Wahlurne getrieben werden, ob sie
wolle oder nicht; während der Wahlen müsse ihr das
Leben zur Last werden, man würde sie belagern, ver-
folgen u. s. w., um ihre Stimme zu erlangen.

Bei uns wählt man meines Wissens nicht unter
dem Motto: Und bist Du nicht willig, so brauch ich
Gewalt, es heißt vielmehr: Und bist Du nicht willig,
so bleibe zu Haus.

Ein anderer Gentleman weist als abschreckendes Bei-

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[198/0206] aber diesen Einwand nicht richtig finde, kann ich mich seiner nicht bedienen. Es ist eine abstrakte Vorstellung, die dem Beamten Autorität verschafft; diese Vorstellung heißt: Gesetz. Die Autorität haftet nicht an der Persönlichkeit, sondern am Amt. Wenn mich ein Post- oder Eisenbahn- Beamter anschnauzt, so halte ich still und würge den „Grobian‟, der mir auf den Lippen schwebt, herunter, nicht wegen des Respekts, den mir der Anschnauzer ein- flößt, sondern weil ich weiß, daß Beleidigungen im Amt schwer gerochen werden. Zwei andere Einwürfe, deren sich die ehrenwerthen Sir's schuldig machen, mögen vielleicht auf englische Zustände Anwendung finden, für uns aber sind sie be- deutungslos. Die Frau würde nach erlangtem Stimmrecht, meint der eine Sir, zur Wahlurne getrieben werden, ob sie wolle oder nicht; während der Wahlen müsse ihr das Leben zur Last werden, man würde sie belagern, ver- folgen u. s. w., um ihre Stimme zu erlangen. Bei uns wählt man meines Wissens nicht unter dem Motto: Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt, es heißt vielmehr: Und bist Du nicht willig, so bleibe zu Haus. Ein anderer Gentleman weist als abschreckendes Bei-

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/206>, abgerufen am 28.04.2024.