Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Regierungsform diejenige sei, wo Alles durch das Volk
und für das Volk geschehe.

Noch niemals, so lange wir von Geschichte etwas
wissen, hat man einen Versuch gemacht, diesem Princip
gerecht zu werden. Die Basis der politisch radikalsten
Experimente war immer nur: "durch die Hälfte des
Volks für die Hälfte des Volks."

Die guten, deutschen Frauen placken sich damit ab,
einige Verbesserungen an Mädchenschulen vorzuschlagen,
kleine niedliche Fortbildungsanstalten zu errichten, die
natürlich, da ihnen nur untergeordnete Lehrkräfte zu
Gebote stehen, keine wesentliche Wirkung hervorbringen
können. Ein hervorragender Lehrer oder Professor kommt
sich (abgesehen vom Geldpunkt) wie deplacirt in einer
Mädchenschule vor. So lange er in einem Gymnasium
eine Anstellung finden kann, läßt er sich nicht zu einem
Mädchenlehrer herab. Nur durch Zufall gelangt ab und
zu eine weibliche Bildungsanstalt in den Besitz einer
bedeutenden Lehrkraft.

Selbst aber, wenn eine durch glückliche Umstände
begünstigte Fortbildungsanstalt an diesem oder jenem
Ort Treffliches leistete, so würde diese Wirkung eine rein
lokale sein und das ganze Geschlecht kaum berühren.

Unsere bescheidenen Frauen schmachten nach einer
kleinen Anstellung am Post- oder Telegraphenamt. Und

Regierungsform diejenige sei, wo Alles durch das Volk
und für das Volk geschehe.

Noch niemals, so lange wir von Geschichte etwas
wissen, hat man einen Versuch gemacht, diesem Princip
gerecht zu werden. Die Basis der politisch radikalsten
Experimente war immer nur: „durch die Hälfte des
Volks für die Hälfte des Volks.‟

Die guten, deutschen Frauen placken sich damit ab,
einige Verbesserungen an Mädchenschulen vorzuschlagen,
kleine niedliche Fortbildungsanstalten zu errichten, die
natürlich, da ihnen nur untergeordnete Lehrkräfte zu
Gebote stehen, keine wesentliche Wirkung hervorbringen
können. Ein hervorragender Lehrer oder Professor kommt
sich (abgesehen vom Geldpunkt) wie deplacirt in einer
Mädchenschule vor. So lange er in einem Gymnasium
eine Anstellung finden kann, läßt er sich nicht zu einem
Mädchenlehrer herab. Nur durch Zufall gelangt ab und
zu eine weibliche Bildungsanstalt in den Besitz einer
bedeutenden Lehrkraft.

Selbst aber, wenn eine durch glückliche Umstände
begünstigte Fortbildungsanstalt an diesem oder jenem
Ort Treffliches leistete, so würde diese Wirkung eine rein
lokale sein und das ganze Geschlecht kaum berühren.

Unsere bescheidenen Frauen schmachten nach einer
kleinen Anstellung am Post- oder Telegraphenamt. Und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0181" n="173"/>
Regierungsform diejenige sei, wo Alles durch das Volk<lb/>
und für das Volk geschehe.</p><lb/>
          <p>Noch niemals, so lange wir von Geschichte etwas<lb/>
wissen, hat man einen Versuch gemacht, diesem Princip<lb/>
gerecht zu werden. Die Basis der politisch radikalsten<lb/>
Experimente war immer nur: &#x201E;durch die Hälfte des<lb/>
Volks für die Hälfte des Volks.&#x201F;</p><lb/>
          <p>Die guten, deutschen Frauen placken sich damit ab,<lb/>
einige Verbesserungen an Mädchenschulen vorzuschlagen,<lb/>
kleine niedliche Fortbildungsanstalten zu errichten, die<lb/>
natürlich, da ihnen nur untergeordnete Lehrkräfte zu<lb/>
Gebote stehen, keine wesentliche Wirkung hervorbringen<lb/>
können. Ein hervorragender Lehrer oder Professor kommt<lb/>
sich (abgesehen vom Geldpunkt) wie deplacirt in einer<lb/>
Mädchenschule vor. So lange er in einem Gymnasium<lb/>
eine Anstellung finden kann, läßt er sich nicht zu einem<lb/>
Mädchenlehrer herab. Nur durch Zufall gelangt ab und<lb/>
zu eine weibliche Bildungsanstalt in den Besitz einer<lb/>
bedeutenden Lehrkraft.</p><lb/>
          <p>Selbst aber, wenn eine durch glückliche Umstände<lb/>
begünstigte Fortbildungsanstalt an diesem oder jenem<lb/>
Ort Treffliches leistete, so würde diese Wirkung eine rein<lb/>
lokale sein und das ganze Geschlecht kaum berühren.</p><lb/>
          <p>Unsere bescheidenen Frauen schmachten nach einer<lb/>
kleinen Anstellung am Post- oder Telegraphenamt. Und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0181] Regierungsform diejenige sei, wo Alles durch das Volk und für das Volk geschehe. Noch niemals, so lange wir von Geschichte etwas wissen, hat man einen Versuch gemacht, diesem Princip gerecht zu werden. Die Basis der politisch radikalsten Experimente war immer nur: „durch die Hälfte des Volks für die Hälfte des Volks.‟ Die guten, deutschen Frauen placken sich damit ab, einige Verbesserungen an Mädchenschulen vorzuschlagen, kleine niedliche Fortbildungsanstalten zu errichten, die natürlich, da ihnen nur untergeordnete Lehrkräfte zu Gebote stehen, keine wesentliche Wirkung hervorbringen können. Ein hervorragender Lehrer oder Professor kommt sich (abgesehen vom Geldpunkt) wie deplacirt in einer Mädchenschule vor. So lange er in einem Gymnasium eine Anstellung finden kann, läßt er sich nicht zu einem Mädchenlehrer herab. Nur durch Zufall gelangt ab und zu eine weibliche Bildungsanstalt in den Besitz einer bedeutenden Lehrkraft. Selbst aber, wenn eine durch glückliche Umstände begünstigte Fortbildungsanstalt an diesem oder jenem Ort Treffliches leistete, so würde diese Wirkung eine rein lokale sein und das ganze Geschlecht kaum berühren. Unsere bescheidenen Frauen schmachten nach einer kleinen Anstellung am Post- oder Telegraphenamt. Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/181
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/181>, abgerufen am 04.05.2024.