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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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hörige eines Staates, Kinder, Jrre und Verbrecher aus-
genommen, ist nach allgemeinen Rechtsbegriffen und nach
den Gesetzen der Natur ein freier Mensch und berechtigt
zum vollen Genuß der Freiheit. Diese Freiheit aber
besteht darin, einen thätigen Antheil zu haben an der
Wahl Derjenigen, welche die Gesetze machen. Der
Arme hat ein gleiches Recht, aber ein ungleich höheres
Bedürfniß vertreten zu sein als der Reiche. Diejenigen,
welche keine Stimme haben bei der Wahl der Vertreter,
sind absolut der Freiheit beraubt, denn der Freiheit be-
raubt sein, heißt regiert zu werden von solchen, die An-
dere über uns gesetzt haben."

Dieser Ausspruch scheint mir klar, einfach und un-
widerleglich, seine Anwendung auf die Frauen ergiebt
sich von selbst. Schon im 15. Jahrhundert wurde von
hervorragenden Staatsmännern in Frankreich mit voller
Entschiedenheit der Satz betont, daß Niemand ohne seine
eigene Bestimmung etwas von seinem Vermögen heraus-
zugeben gezwungen werden dürfe (Ranke, französ. Ge-
schichte, Thl. I. S. 86).

Man könnte einwenden, das den Frauen bewilligte
Stimmrecht würde im Großen und Ganzen schwerlich
ein anderes Resultat in der Gesetzgebung herbeiführen,
als das bis jetzt durch das einseitige Stimmrecht der
Männer erzielte.

hörige eines Staates, Kinder, Jrre und Verbrecher aus-
genommen, ist nach allgemeinen Rechtsbegriffen und nach
den Gesetzen der Natur ein freier Mensch und berechtigt
zum vollen Genuß der Freiheit. Diese Freiheit aber
besteht darin, einen thätigen Antheil zu haben an der
Wahl Derjenigen, welche die Gesetze machen. Der
Arme hat ein gleiches Recht, aber ein ungleich höheres
Bedürfniß vertreten zu sein als der Reiche. Diejenigen,
welche keine Stimme haben bei der Wahl der Vertreter,
sind absolut der Freiheit beraubt, denn der Freiheit be-
raubt sein, heißt regiert zu werden von solchen, die An-
dere über uns gesetzt haben.‟

Dieser Ausspruch scheint mir klar, einfach und un-
widerleglich, seine Anwendung auf die Frauen ergiebt
sich von selbst. Schon im 15. Jahrhundert wurde von
hervorragenden Staatsmännern in Frankreich mit voller
Entschiedenheit der Satz betont, daß Niemand ohne seine
eigene Bestimmung etwas von seinem Vermögen heraus-
zugeben gezwungen werden dürfe (Ranke, französ. Ge-
schichte, Thl. I. S. 86).

Man könnte einwenden, das den Frauen bewilligte
Stimmrecht würde im Großen und Ganzen schwerlich
ein anderes Resultat in der Gesetzgebung herbeiführen,
als das bis jetzt durch das einseitige Stimmrecht der
Männer erzielte.

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[167/0175] hörige eines Staates, Kinder, Jrre und Verbrecher aus- genommen, ist nach allgemeinen Rechtsbegriffen und nach den Gesetzen der Natur ein freier Mensch und berechtigt zum vollen Genuß der Freiheit. Diese Freiheit aber besteht darin, einen thätigen Antheil zu haben an der Wahl Derjenigen, welche die Gesetze machen. Der Arme hat ein gleiches Recht, aber ein ungleich höheres Bedürfniß vertreten zu sein als der Reiche. Diejenigen, welche keine Stimme haben bei der Wahl der Vertreter, sind absolut der Freiheit beraubt, denn der Freiheit be- raubt sein, heißt regiert zu werden von solchen, die An- dere über uns gesetzt haben.‟ Dieser Ausspruch scheint mir klar, einfach und un- widerleglich, seine Anwendung auf die Frauen ergiebt sich von selbst. Schon im 15. Jahrhundert wurde von hervorragenden Staatsmännern in Frankreich mit voller Entschiedenheit der Satz betont, daß Niemand ohne seine eigene Bestimmung etwas von seinem Vermögen heraus- zugeben gezwungen werden dürfe (Ranke, französ. Ge- schichte, Thl. I. S. 86). Man könnte einwenden, das den Frauen bewilligte Stimmrecht würde im Großen und Ganzen schwerlich ein anderes Resultat in der Gesetzgebung herbeiführen, als das bis jetzt durch das einseitige Stimmrecht der Männer erzielte.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/175>, abgerufen am 25.11.2024.