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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Jn Betreff der hergebrachten Meinung über Frauen-
beruf ist dies meine Ansicht: Alles Reden gegen Berufs-
thätigkeit der Frau halte ich so lange für Heuchelei,
Dummheit oder Egoismus, bis ich einen Kampf ent-
brennen sehe gegen die Berufsarbeiten der Frauen der niederen Stände.

Zwei Drittel aller Frauen arbeiten, von der Zeit
des Alterthums bis heut, von den wildesten bis zu den
civilisirtesten Völkern berufsmäßig neben dem Manne.

Diese zwei Drittel für nichts zu achten ist Hochmuth
oder Barbarei.

So lange nicht der Handwerker die Frau aus seinem
Laden oder seiner Werkstatt in Küche und Kinderstube
treibt, so lange der Bauer auf dem Felde die Frau an
seiner Seite schwitzen läßt, so lange man den Frauen
nur die einträglichen, Geld und Ehre einbringenden
Beschäftigungen entzieht, ihnen die niederen und müh-
samen aber zuweist, damit, wenn unverheirathet oder
verwittwet, sie der Gesellschaft nicht zur Last fallen, so
lange der Staat die Wittwe nicht standesgemäß erhält,
so lange glaube ich nicht an die Ueberzeugung, sondern
nur an die Heuchelei, den Egoismus, die Barbarei oder
die Dummheit der Vertreter der hergebrachten Meinung.

"Du sollst kochen", spricht der Mann zur Frau,
"aber es nicht gründlich erlernen. Du könntest sonst ein

Jn Betreff der hergebrachten Meinung über Frauen-
beruf ist dies meine Ansicht: Alles Reden gegen Berufs-
thätigkeit der Frau halte ich so lange für Heuchelei,
Dummheit oder Egoismus, bis ich einen Kampf ent-
brennen sehe gegen die Berufsarbeiten der Frauen der niederen Stände.

Zwei Drittel aller Frauen arbeiten, von der Zeit
des Alterthums bis heut, von den wildesten bis zu den
civilisirtesten Völkern berufsmäßig neben dem Manne.

Diese zwei Drittel für nichts zu achten ist Hochmuth
oder Barbarei.

So lange nicht der Handwerker die Frau aus seinem
Laden oder seiner Werkstatt in Küche und Kinderstube
treibt, so lange der Bauer auf dem Felde die Frau an
seiner Seite schwitzen läßt, so lange man den Frauen
nur die einträglichen, Geld und Ehre einbringenden
Beschäftigungen entzieht, ihnen die niederen und müh-
samen aber zuweist, damit, wenn unverheirathet oder
verwittwet, sie der Gesellschaft nicht zur Last fallen, so
lange der Staat die Wittwe nicht standesgemäß erhält,
so lange glaube ich nicht an die Ueberzeugung, sondern
nur an die Heuchelei, den Egoismus, die Barbarei oder
die Dummheit der Vertreter der hergebrachten Meinung.

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„aber es nicht gründlich erlernen. Du könntest sonst ein

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[149/0157] Jn Betreff der hergebrachten Meinung über Frauen- beruf ist dies meine Ansicht: Alles Reden gegen Berufs- thätigkeit der Frau halte ich so lange für Heuchelei, Dummheit oder Egoismus, bis ich einen Kampf ent- brennen sehe gegen die Berufsarbeiten der Frauen der niederen Stände. Zwei Drittel aller Frauen arbeiten, von der Zeit des Alterthums bis heut, von den wildesten bis zu den civilisirtesten Völkern berufsmäßig neben dem Manne. Diese zwei Drittel für nichts zu achten ist Hochmuth oder Barbarei. So lange nicht der Handwerker die Frau aus seinem Laden oder seiner Werkstatt in Küche und Kinderstube treibt, so lange der Bauer auf dem Felde die Frau an seiner Seite schwitzen läßt, so lange man den Frauen nur die einträglichen, Geld und Ehre einbringenden Beschäftigungen entzieht, ihnen die niederen und müh- samen aber zuweist, damit, wenn unverheirathet oder verwittwet, sie der Gesellschaft nicht zur Last fallen, so lange der Staat die Wittwe nicht standesgemäß erhält, so lange glaube ich nicht an die Ueberzeugung, sondern nur an die Heuchelei, den Egoismus, die Barbarei oder die Dummheit der Vertreter der hergebrachten Meinung. „Du sollst kochen‟, spricht der Mann zur Frau, „aber es nicht gründlich erlernen. Du könntest sonst ein

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/157>, abgerufen am 23.11.2024.