Sie glaubt an sich wie der Fromme an das Evangelium.
Jhr Glaubensbekenntniß aber lautet also: "Jch, Madame Schulz, glaube von ganzem Herzen und mit allen meinen Kräften an mich und meine Küche, an meine Kinderstube und meinen Waschkeller, an meinen Trockenboden und meine Nähmaschine. Alles aber, was darüber ist, ist vom Uebel. Jch glaube, daß, wenn der liebe Gott eine Frau hätte, sie gerade so sein müßte, wie ich. Jch glaube, daß die Dienstmädchen eine nichts- würdige und zu mißhandelnde Race sind. Jede Frau aber, die meine Unfehlbarkeit anzuzweiflen wagt, die meinen Anschauungen entgegen ist, oder sich mit so- genannten Jdeen befaßt, erkläre ich für eine sittenlose und verabscheuenswerthe Emancipirte, für eine Ketzerin, die von Rechtswegen gespießt und mir zu süßem Duft gebraten werden müßte."
Und die Hand begeistert mit dem Besen gen Himmel streckend, setzt sie hinzu: "Denn ich war und bin und werde sein - eine deutsche Hausfrau!"
Von anderen Fehlern der guten Hausfrau wollen wir nicht viel Wesens machen. Angeführt sei noch ihr Vorurtheil gegen frische Luft - in einem gewissen Speise- und Ofendunst zu schmoren kommt ihr äußerst gemüth- lich vor - ihre Vorliebe für Wärmflaschen und ein-
Sie glaubt an sich wie der Fromme an das Evangelium.
Jhr Glaubensbekenntniß aber lautet also: „Jch, Madame Schulz, glaube von ganzem Herzen und mit allen meinen Kräften an mich und meine Küche, an meine Kinderstube und meinen Waschkeller, an meinen Trockenboden und meine Nähmaschine. Alles aber, was darüber ist, ist vom Uebel. Jch glaube, daß, wenn der liebe Gott eine Frau hätte, sie gerade so sein müßte, wie ich. Jch glaube, daß die Dienstmädchen eine nichts- würdige und zu mißhandelnde Race sind. Jede Frau aber, die meine Unfehlbarkeit anzuzweiflen wagt, die meinen Anschauungen entgegen ist, oder sich mit so- genannten Jdeen befaßt, erkläre ich für eine sittenlose und verabscheuenswerthe Emancipirte, für eine Ketzerin, die von Rechtswegen gespießt und mir zu süßem Duft gebraten werden müßte.‟
Und die Hand begeistert mit dem Besen gen Himmel streckend, setzt sie hinzu: „Denn ich war und bin und werde sein – eine deutsche Hausfrau!‟
Von anderen Fehlern der guten Hausfrau wollen wir nicht viel Wesens machen. Angeführt sei noch ihr Vorurtheil gegen frische Luft – in einem gewissen Speise- und Ofendunst zu schmoren kommt ihr äußerst gemüth- lich vor – ihre Vorliebe für Wärmflaschen und ein-
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Sie glaubt an sich wie der Fromme an das
Evangelium.
Jhr Glaubensbekenntniß aber lautet also: „Jch,
Madame Schulz, glaube von ganzem Herzen und mit
allen meinen Kräften an mich und meine Küche, an
meine Kinderstube und meinen Waschkeller, an meinen
Trockenboden und meine Nähmaschine. Alles aber, was
darüber ist, ist vom Uebel. Jch glaube, daß, wenn der
liebe Gott eine Frau hätte, sie gerade so sein müßte,
wie ich. Jch glaube, daß die Dienstmädchen eine nichts-
würdige und zu mißhandelnde Race sind. Jede Frau
aber, die meine Unfehlbarkeit anzuzweiflen wagt, die
meinen Anschauungen entgegen ist, oder sich mit so-
genannten Jdeen befaßt, erkläre ich für eine sittenlose
und verabscheuenswerthe Emancipirte, für eine Ketzerin,
die von Rechtswegen gespießt und mir zu süßem Duft
gebraten werden müßte.‟
Und die Hand begeistert mit dem Besen gen Himmel
streckend, setzt sie hinzu: „Denn ich war und bin und
werde sein – eine deutsche Hausfrau!‟
Von anderen Fehlern der guten Hausfrau wollen
wir nicht viel Wesens machen. Angeführt sei noch ihr
Vorurtheil gegen frische Luft – in einem gewissen Speise-
und Ofendunst zu schmoren kommt ihr äußerst gemüth-
lich vor – ihre Vorliebe für Wärmflaschen und ein-
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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/101>, abgerufen am 16.02.2025.
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