Dohm, Hedwig: Erziehung zum Stimmrecht der Frau. Berlin, 1910 (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 6).deshalb nicht, weil die Mädchen sich nicht dazu verstehen würden, Jch weiß ein einfaches Mittel, den Gehirnüberbürdungen Zuweilen scheint mir's, als ob der Knabe in den ent- Jn der Unterrichts-Kommission des Abgeordnetenhauses Nicht weniger originell ist der Gesichtspunkt eines anderen Wir haben in den höheren Schulen Deutschlands noch keine Knaben zwischen dem 14. und 18. Jahr sind fast immer Sie helfen sich wohl auch gegenseitig bei ihren mathema- deshalb nicht, weil die Mädchen sich nicht dazu verstehen würden, Jch weiß ein einfaches Mittel, den Gehirnüberbürdungen Zuweilen scheint mir's, als ob der Knabe in den ent- Jn der Unterrichts-Kommission des Abgeordnetenhauses Nicht weniger originell ist der Gesichtspunkt eines anderen Wir haben in den höheren Schulen Deutschlands noch keine Knaben zwischen dem 14. und 18. Jahr sind fast immer Sie helfen sich wohl auch gegenseitig bei ihren mathema- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="7"/> deshalb nicht, weil die Mädchen sich nicht dazu verstehen würden,<lb/> die Tage offiziell zu melden.</p><lb/> <p>Jch weiß ein einfaches Mittel, den Gehirnüberbürdungen<lb/> der Kinder vorzubeugen. Man bemühe sich um gediegene Lehr-<lb/> kräfte. Ein Unterricht strengt um so weniger an, je anregender<lb/> und interessanter er ist. Nichts ist anstrengender, entnervender, als<lb/> Langeweile, als die erzwungene Konzentration auf einen Gegen-<lb/> stand, für den unser Jnteresse nicht geweckt wird.</p><lb/> <p>Zuweilen scheint mir's, als ob der Knabe in den ent-<lb/> sprechenden Jahren schonungsbedürftiger wäre, als das Mädchen.<lb/> Die Pubertätszeit setzt oft schon mit dem 13. Jahre ein, und von<lb/> da an bis ungefähr zu seinem 18. Jahre ist sein seelisches und<lb/> körperliches Befinden selten normal, vielleicht reizbarer, nervöser<lb/> als das der Mädchen auf der Schwelle der Jungfrauschaft.</p><lb/> <p>Jn der Unterrichts-Kommission des Abgeordnetenhauses<lb/> wurde kürzlich vorgebracht: „Es zeige sich im allgemeinen bei<lb/> den Mädchen in den Jahren, die für den Besuch der höheren<lb/> Knabenschule in Betracht kommen, ein solch großer Eifer, daß<lb/> zu befürchten sei, die Knaben könnten zu übertriebenem Eifer<lb/> angespornt werden und sich unbehaglich fühlen“. – Ach Gott,<lb/> ja – sie tun mir ja auch herzlich leid, die armen zarten Jungen,<lb/> des Lobes der strammen Mädchen, aber freue ich mich recht von<lb/> Herzen.</p><lb/> <p>Nicht weniger originell ist der Gesichtspunkt eines anderen<lb/> Professors. „Die Knaben“ – sagt er – „fühlen sich durch die<lb/> sich rascher entwickelnden ehrgeizigen Mädchen in den Schatten<lb/> gestellt, werden gleichgültig und wenden all ihr ernstliches Streben<lb/> den körperlichen Kraftspielen zu“ (Faule Bengels!).</p><lb/> <p>Wir haben in den höheren Schulen Deutschlands noch keine<lb/> Koedukation. Schon aber wirkt der gleiche Bildungsgang in den<lb/> Gymnasien verschwisternd auf die Kinder. Jch habe vielfach<lb/> Gelegenheit, den Verkehr dieser jungen Leute zu beobachten. Jch<lb/> bin überrascht und tief erfreut von der Art dieses Verkehrs, bei dem<lb/> Gemüts- und geistige Jnteressen ineinander wirken. Kein Ueber-<lb/> sehen, keine Geringschätzung mehr der Knaben den Mädchen<lb/> gegenüber, das „mit den Mädels kann man nichts reden“gibts<lb/> nicht mehr.</p><lb/> <p>Knaben zwischen dem 14. und 18. Jahr sind fast immer<lb/> Dichter. Aber nicht den männlichen Schulgefährten – den<lb/> Mädchen lesen sie die Wickelkinder ihrer Muse vor.</p><lb/> <p>Sie helfen sich wohl auch gegenseitig bei ihren mathema-<lb/> tischen und lateinischen Aufgaben, besprechen die Aufsatztemata,<lb/> leihen sich gegenseitig ernste oder poetische Bücher und streiten<lb/> feurig über die Auffassung eines Schiller'schen oder Shakespeare'-<lb/> schen Helden.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [7/0008]
deshalb nicht, weil die Mädchen sich nicht dazu verstehen würden,
die Tage offiziell zu melden.
Jch weiß ein einfaches Mittel, den Gehirnüberbürdungen
der Kinder vorzubeugen. Man bemühe sich um gediegene Lehr-
kräfte. Ein Unterricht strengt um so weniger an, je anregender
und interessanter er ist. Nichts ist anstrengender, entnervender, als
Langeweile, als die erzwungene Konzentration auf einen Gegen-
stand, für den unser Jnteresse nicht geweckt wird.
Zuweilen scheint mir's, als ob der Knabe in den ent-
sprechenden Jahren schonungsbedürftiger wäre, als das Mädchen.
Die Pubertätszeit setzt oft schon mit dem 13. Jahre ein, und von
da an bis ungefähr zu seinem 18. Jahre ist sein seelisches und
körperliches Befinden selten normal, vielleicht reizbarer, nervöser
als das der Mädchen auf der Schwelle der Jungfrauschaft.
Jn der Unterrichts-Kommission des Abgeordnetenhauses
wurde kürzlich vorgebracht: „Es zeige sich im allgemeinen bei
den Mädchen in den Jahren, die für den Besuch der höheren
Knabenschule in Betracht kommen, ein solch großer Eifer, daß
zu befürchten sei, die Knaben könnten zu übertriebenem Eifer
angespornt werden und sich unbehaglich fühlen“. – Ach Gott,
ja – sie tun mir ja auch herzlich leid, die armen zarten Jungen,
des Lobes der strammen Mädchen, aber freue ich mich recht von
Herzen.
Nicht weniger originell ist der Gesichtspunkt eines anderen
Professors. „Die Knaben“ – sagt er – „fühlen sich durch die
sich rascher entwickelnden ehrgeizigen Mädchen in den Schatten
gestellt, werden gleichgültig und wenden all ihr ernstliches Streben
den körperlichen Kraftspielen zu“ (Faule Bengels!).
Wir haben in den höheren Schulen Deutschlands noch keine
Koedukation. Schon aber wirkt der gleiche Bildungsgang in den
Gymnasien verschwisternd auf die Kinder. Jch habe vielfach
Gelegenheit, den Verkehr dieser jungen Leute zu beobachten. Jch
bin überrascht und tief erfreut von der Art dieses Verkehrs, bei dem
Gemüts- und geistige Jnteressen ineinander wirken. Kein Ueber-
sehen, keine Geringschätzung mehr der Knaben den Mädchen
gegenüber, das „mit den Mädels kann man nichts reden“gibts
nicht mehr.
Knaben zwischen dem 14. und 18. Jahr sind fast immer
Dichter. Aber nicht den männlichen Schulgefährten – den
Mädchen lesen sie die Wickelkinder ihrer Muse vor.
Sie helfen sich wohl auch gegenseitig bei ihren mathema-
tischen und lateinischen Aufgaben, besprechen die Aufsatztemata,
leihen sich gegenseitig ernste oder poetische Bücher und streiten
feurig über die Auffassung eines Schiller'schen oder Shakespeare'-
schen Helden.
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(2017-09-14T13:15:52Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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