Döpler, Jacob: Theatripoenarum, Suppliciorum Et Executionum Crminalium, Oder Schau-Platzes Derer Leibes- und Lebens-Strafen. Bd. 2. Leipzig, 1697.CXVI. Allein es ist vermuthlicher/ daß Pilatus solches beydes nicht selber verrichtet/ sondern durch andere thun lassen: Denn dergleichen Redens-Arten findet man mehr in der heiligen Schrifft/ als eben in obenangezogenen 19. Capitel Johannis v. 1. Da nahm Pilatus JEsum und geisselte ihn! Wer will nuun glauben/ daß Pilatus selber Hand an den HErrn Christum geleget. CXVII. So war auch die Tafel/ auf welche der Richter bey den Römern das Endurthel schrieb/ weit unterschieden von dem titulo damnationis, so vor dem Cruciario hergetragen/ und hernach über ihn ans Creutze geschlagen wurde. Denn auf der ersten wurd die Art der Strafe und des Todes nebst dem Verbrechen gesetzet/ wie ex Actis S. Pionii erhellet/ da auf solcher Tafel geschrieben stund und abgelesen wurde: PIONIUM SE CHRISTIANUM ESSE CONFITENTEM, VIVUM IGNI COMBURENDUM JUDICAVIMUS! auf der andern aber/ nemlich den Titul/ war nur bloß die Ursache solcher Hinrichtung gesetzet: Denn was wäre nöthig gewesen/ über ein solchen Menschen zu verzeichnen/ daß er gecreutziget worden/ da er schon am + gehangen. CXVIII. Also setzet auch Marcus c. 15. v. 25. daß die Juden den HErrn Christum gecreutziget/ da es doch die Römische Krieges-Knechte gethan: welches Augustinus de Consensu Evang. lib. 3. c. 13. also erkläret: qvia scilicet Marcus sciebat a Militibus suspensum Dominum, non a Judaeis, sicut Joannes apertissime dicit, occulte ostendere voluit, eos magis crucifixisse, qvi clamaverunt, ut crucifigeretur, qvam illos qvi ministerium principi suo, secundum officium suum praebuerunt. Sic igitur recte dici potest etiam Pilatum magis scripsisse Titulum, qvam illos, qvi ministerium ipsi, secundum officium suum praebuerunt in ipsomet scribendo titulo, qvia ipse eos Imperio suo movit ad scribendum. Welches auch Cyprianus und andere Kirchen-Lehrer bestetigen. CXIX. Lyranus hält davor/ die Uberschrifft sey auf Papier gezeichnet gewesen; welche Meynung aber verworffen wird. CXX. Obgedachter Niqvetus will/ daß die Tafel weiß angestrichen/ die Buchstaben aber mit einen Griffel drein gegraben/ und dem HErrn Christo zur Schmach/ roth gemacht worden: massen man sich vor Alters viel der rothen Farbe und Dinten von Zinober/ Min und andern/ allein aber die Kayser der Purpur-Farbe/ in ihren Schrifften gebrauchet. CXVI. Allein es ist vermuthlicher/ daß Pilatus solches beydes nicht selber verrichtet/ sondern durch andere thun lassen: Denn dergleichen Redens-Arten findet man mehr in der heiligen Schrifft/ als eben in obenangezogenen 19. Capitel Johannis v. 1. Da nahm Pilatus JEsum und geisselte ihn! Wer will nuun glauben/ daß Pilatus selber Hand an den HErrn Christum geleget. CXVII. So war auch die Tafel/ auf welche der Richter bey den Römern das Endurthel schrieb/ weit unterschieden von dem titulo damnationis, so vor dem Cruciario hergetragen/ und hernach über ihn ans Creutze geschlagen wurde. Denn auf der ersten wurd die Art der Strafe und des Todes nebst dem Verbrechen gesetzet/ wie ex Actis S. Pionii erhellet/ da auf solcher Tafel geschrieben stund und abgelesen wurde: PIONIUM SE CHRISTIANUM ESSE CONFITENTEM, VIVUM IGNI COMBURENDUM JUDICAVIMUS! auf der andern aber/ nemlich den Titul/ war nur bloß die Ursache solcher Hinrichtung gesetzet: Denn was wäre nöthig gewesen/ über ein solchen Menschen zu verzeichnen/ daß er gecreutziget worden/ da er schon am † gehangen. CXVIII. Also setzet auch Marcus c. 15. v. 25. daß die Juden den HErrn Christum gecreutziget/ da es doch die Römische Krieges-Knechte gethan: welches Augustinus de Consensu Evang. lib. 3. c. 13. also erkläret: qvia scilicet Marcus sciebat à Militibus suspensum Dominum, non à Judaeis, sicut Joannes apertissimè dicit, occultè ostendere voluit, eos magis crucifixisse, qvi clamaverunt, ut crucifigeretur, qvam illos qvi ministerium principi suo, secundum officium suum praebuerunt. Sic igitur rectè dici potest etiam Pilatum magis scripsisse Titulum, qvam illos, qvi ministerium ipsi, secundum officium suum praebuerunt in ipsomet scribendo titulo, qvia ipse eos Imperio suo movit ad scribendum. Welches auch Cyprianus und andere Kirchen-Lehrer bestetigen. CXIX. Lyranus hält davor/ die Uberschrifft sey auf Papier gezeichnet gewesen; welche Meynung aber verworffen wird. CXX. Obgedachter Niqvetus will/ daß die Tafel weiß angestrichen/ die Buchstaben aber mit einen Griffel drein gegraben/ und dem HErrn Christo zur Schmach/ roth gemacht worden: massen man sich vor Alters viel der rothen Farbe und Dinten von Zinober/ Min und andern/ allein aber die Kayser der Purpur-Farbe/ in ihren Schrifften gebrauchet. <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0529" n="519"/> <p>CXVI. Allein es ist vermuthlicher/ daß Pilatus solches beydes nicht selber verrichtet/ sondern durch andere thun lassen: Denn dergleichen Redens-Arten findet man mehr in der heiligen Schrifft/ als eben in obenangezogenen 19. Capitel Johannis v. 1. Da nahm Pilatus JEsum und geisselte ihn! Wer will nuun glauben/ daß Pilatus selber Hand an den HErrn Christum geleget.</p> <p>CXVII. So war auch die Tafel/ auf welche der Richter bey den Römern das Endurthel schrieb/ weit unterschieden von dem titulo damnationis, so vor dem Cruciario hergetragen/ und hernach über ihn ans Creutze geschlagen wurde.</p> <p>Denn auf der ersten wurd die Art der Strafe und des Todes nebst dem Verbrechen gesetzet/ wie ex Actis S. Pionii erhellet/ da auf solcher Tafel geschrieben stund und abgelesen wurde: PIONIUM SE CHRISTIANUM ESSE CONFITENTEM, VIVUM IGNI COMBURENDUM JUDICAVIMUS! auf der andern aber/ nemlich den Titul/ war nur bloß die Ursache solcher Hinrichtung gesetzet: Denn was wäre nöthig gewesen/ über ein solchen Menschen zu verzeichnen/ daß er gecreutziget worden/ da er schon am † gehangen.</p> <p>CXVIII. Also setzet auch Marcus c. 15. v. 25. daß die Juden den HErrn Christum gecreutziget/ da es doch die Römische Krieges-Knechte gethan: welches Augustinus de Consensu Evang. lib. 3. c. 13. also erkläret: qvia scilicet Marcus sciebat à Militibus suspensum Dominum, non à Judaeis, sicut Joannes apertissimè dicit, occultè ostendere voluit, eos magis crucifixisse, qvi clamaverunt, ut crucifigeretur, qvam illos qvi ministerium principi suo, secundum officium suum praebuerunt.</p> <p>Sic igitur rectè dici potest etiam Pilatum magis scripsisse Titulum, qvam illos, qvi ministerium ipsi, secundum officium suum praebuerunt in ipsomet scribendo titulo, qvia ipse eos Imperio suo movit ad scribendum.</p> <p>Welches auch Cyprianus und andere Kirchen-Lehrer bestetigen.</p> <p>CXIX. Lyranus hält davor/ die Uberschrifft sey auf Papier gezeichnet gewesen; welche Meynung aber verworffen wird.</p> <p>CXX. Obgedachter Niqvetus will/ daß die Tafel weiß angestrichen/ die Buchstaben aber mit einen Griffel drein gegraben/ und dem HErrn Christo zur Schmach/ roth gemacht worden: massen man sich vor Alters viel der rothen Farbe und Dinten von Zinober/ Min und andern/ allein aber die Kayser der Purpur-Farbe/ in ihren Schrifften gebrauchet.</p> </div> </body> </text> </TEI> [519/0529]
CXVI. Allein es ist vermuthlicher/ daß Pilatus solches beydes nicht selber verrichtet/ sondern durch andere thun lassen: Denn dergleichen Redens-Arten findet man mehr in der heiligen Schrifft/ als eben in obenangezogenen 19. Capitel Johannis v. 1. Da nahm Pilatus JEsum und geisselte ihn! Wer will nuun glauben/ daß Pilatus selber Hand an den HErrn Christum geleget.
CXVII. So war auch die Tafel/ auf welche der Richter bey den Römern das Endurthel schrieb/ weit unterschieden von dem titulo damnationis, so vor dem Cruciario hergetragen/ und hernach über ihn ans Creutze geschlagen wurde.
Denn auf der ersten wurd die Art der Strafe und des Todes nebst dem Verbrechen gesetzet/ wie ex Actis S. Pionii erhellet/ da auf solcher Tafel geschrieben stund und abgelesen wurde: PIONIUM SE CHRISTIANUM ESSE CONFITENTEM, VIVUM IGNI COMBURENDUM JUDICAVIMUS! auf der andern aber/ nemlich den Titul/ war nur bloß die Ursache solcher Hinrichtung gesetzet: Denn was wäre nöthig gewesen/ über ein solchen Menschen zu verzeichnen/ daß er gecreutziget worden/ da er schon am † gehangen.
CXVIII. Also setzet auch Marcus c. 15. v. 25. daß die Juden den HErrn Christum gecreutziget/ da es doch die Römische Krieges-Knechte gethan: welches Augustinus de Consensu Evang. lib. 3. c. 13. also erkläret: qvia scilicet Marcus sciebat à Militibus suspensum Dominum, non à Judaeis, sicut Joannes apertissimè dicit, occultè ostendere voluit, eos magis crucifixisse, qvi clamaverunt, ut crucifigeretur, qvam illos qvi ministerium principi suo, secundum officium suum praebuerunt.
Sic igitur rectè dici potest etiam Pilatum magis scripsisse Titulum, qvam illos, qvi ministerium ipsi, secundum officium suum praebuerunt in ipsomet scribendo titulo, qvia ipse eos Imperio suo movit ad scribendum.
Welches auch Cyprianus und andere Kirchen-Lehrer bestetigen.
CXIX. Lyranus hält davor/ die Uberschrifft sey auf Papier gezeichnet gewesen; welche Meynung aber verworffen wird.
CXX. Obgedachter Niqvetus will/ daß die Tafel weiß angestrichen/ die Buchstaben aber mit einen Griffel drein gegraben/ und dem HErrn Christo zur Schmach/ roth gemacht worden: massen man sich vor Alters viel der rothen Farbe und Dinten von Zinober/ Min und andern/ allein aber die Kayser der Purpur-Farbe/ in ihren Schrifften gebrauchet.
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Zitationshilfe: | Döpler, Jacob: Theatripoenarum, Suppliciorum Et Executionum Crminalium, Oder Schau-Platzes Derer Leibes- und Lebens-Strafen. Bd. 2. Leipzig, 1697, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum02_1697/529>, abgerufen am 26.06.2024. |