pdi_311.001 ausgenutzt werden. Diese Aufgabe kann nur gelöst pdi_311.002 werden, wenn neben die Geschichte der schönen Litteratur eine pdi_311.003 generelle Wissenschaft der Elemente und Gesetze tritt, auf pdi_311.004 deren Grundlage sich Dichtungen aufbauen. "Das Material ist pdi_311.005 für beide dasselbe, und kein Fehler der Methode greift tiefer pdi_311.006 als der Verzicht auf die Breite der historischen, unter ihnen der pdi_311.007 biographischen Thatsachen für den Aufbau der generellen pdi_311.008 Wissenschaft menschlicher Natur und ihrer Leistungen, die nun pdi_311.009 einmal nur inmitten der Gesellschaft für uns da sind und studirt pdi_311.010 werden können. Es ist dasselbe Verhältniss, welches zwischen pdi_311.011 der generellen Wissenschaft und der Analyse der geschichtlichen pdi_311.012 Erscheinungen in Bezug auf alle anderen grossen Lebensäusserungen pdi_311.013 der Gesellschaft stattfindet." Der Ausgangspunkt einer pdi_311.014 solchen Theorie muss in der Analysis des schaffenden Vermögens pdi_311.015 liegen, dessen Vorgänge die Dichtung bedingen. "Die Phantasie pdi_311.016 des Dichters in ihrer Stellung zur Welt der Erfahrungen bildet pdi_311.017 den nothwendigen Ausgangspunkt für jede Theorie, welche die pdi_311.018 mannigfaltige Welt der Dichtungen in der Aufeinanderfolge ihrer pdi_311.019 Erscheinungen wirklich erklären will. Die Poetik in diesem Sinne pdi_311.020 ist die wahre Einleitung in die Geschichte der schönen Litteratur, pdi_311.021 wie die Wissenschaftslehre in die Geschichte der geistigen Bewegungen."1)pdi_311.022 Künstler und Publicum bedürfen einer solchen pdi_311.023 Werthbestimmung der Dichtungen aus einem möglichst sichern pdi_311.024 Maassstab. Wir sind in ein geschichtliches Zeitalter eingetreten. pdi_311.025 Die ganze Vergangenheit umgiebt uns auch auf dem Felde der pdi_311.026 Dichtung. Der Dichter muss sich mit ihr auseinandersetzen pdi_311.027 und nur die geschichtliche Ansicht, durchgeführt in einer Poetik, pdi_311.028 kann ihn freimachen. Die Philologie ferner, welche den Zusammenhang pdi_311.029 der Dichtungen eines Volkes untereinander und pdi_311.030 mit der Lebendigkeit des Nationalgeistes zuerst zum Verständniss pdi_311.031 gebracht hat, findet sich dabei stets einer historisch begrenzten pdi_311.032 poetischen Technik gegenüber, und das Problem des Verhältnisses
1)pdi_311.033 So begründete ich 1877, Zeitschrift für Völker-Psychologie, in dem pdi_311.034 Aufsatz über die Einbildungskraft der Dichter das Bedürfniss, die alte pdi_311.035 Aufgabe der Poetik wieder in Angriff zu nehmen.
pdi_311.001 ausgenutzt werden. Diese Aufgabe kann nur gelöst pdi_311.002 werden, wenn neben die Geschichte der schönen Litteratur eine pdi_311.003 generelle Wissenschaft der Elemente und Gesetze tritt, auf pdi_311.004 deren Grundlage sich Dichtungen aufbauen. „Das Material ist pdi_311.005 für beide dasselbe, und kein Fehler der Methode greift tiefer pdi_311.006 als der Verzicht auf die Breite der historischen, unter ihnen der pdi_311.007 biographischen Thatsachen für den Aufbau der generellen pdi_311.008 Wissenschaft menschlicher Natur und ihrer Leistungen, die nun pdi_311.009 einmal nur inmitten der Gesellschaft für uns da sind und studirt pdi_311.010 werden können. Es ist dasselbe Verhältniss, welches zwischen pdi_311.011 der generellen Wissenschaft und der Analyse der geschichtlichen pdi_311.012 Erscheinungen in Bezug auf alle anderen grossen Lebensäusserungen pdi_311.013 der Gesellschaft stattfindet.“ Der Ausgangspunkt einer pdi_311.014 solchen Theorie muss in der Analysis des schaffenden Vermögens pdi_311.015 liegen, dessen Vorgänge die Dichtung bedingen. „Die Phantasie pdi_311.016 des Dichters in ihrer Stellung zur Welt der Erfahrungen bildet pdi_311.017 den nothwendigen Ausgangspunkt für jede Theorie, welche die pdi_311.018 mannigfaltige Welt der Dichtungen in der Aufeinanderfolge ihrer pdi_311.019 Erscheinungen wirklich erklären will. Die Poetik in diesem Sinne pdi_311.020 ist die wahre Einleitung in die Geschichte der schönen Litteratur, pdi_311.021 wie die Wissenschaftslehre in die Geschichte der geistigen Bewegungen.“1)pdi_311.022 Künstler und Publicum bedürfen einer solchen pdi_311.023 Werthbestimmung der Dichtungen aus einem möglichst sichern pdi_311.024 Maassstab. Wir sind in ein geschichtliches Zeitalter eingetreten. pdi_311.025 Die ganze Vergangenheit umgiebt uns auch auf dem Felde der pdi_311.026 Dichtung. Der Dichter muss sich mit ihr auseinandersetzen pdi_311.027 und nur die geschichtliche Ansicht, durchgeführt in einer Poetik, pdi_311.028 kann ihn freimachen. Die Philologie ferner, welche den Zusammenhang pdi_311.029 der Dichtungen eines Volkes untereinander und pdi_311.030 mit der Lebendigkeit des Nationalgeistes zuerst zum Verständniss pdi_311.031 gebracht hat, findet sich dabei stets einer historisch begrenzten pdi_311.032 poetischen Technik gegenüber, und das Problem des Verhältnisses
1)pdi_311.033 So begründete ich 1877, Zeitschrift für Völker-Psychologie, in dem pdi_311.034 Aufsatz über die Einbildungskraft der Dichter das Bedürfniss, die alte pdi_311.035 Aufgabe der Poetik wieder in Angriff zu nehmen.
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Wissenschaft menschlicher Natur und ihrer Leistungen, die nun pdi_311.009
einmal nur inmitten der Gesellschaft für uns da sind und studirt pdi_311.010
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der Gesellschaft stattfindet.“ Der Ausgangspunkt einer pdi_311.014
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wie die Wissenschaftslehre in die Geschichte der geistigen Bewegungen.“ 1) pdi_311.022
Künstler und Publicum bedürfen einer solchen pdi_311.023
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1) pdi_311.033
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Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482, hier S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dilthey_poetik_1887/13>, abgerufen am 16.07.2024.
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