Dilthey, Wilhelm: Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Bd. 1. Leipzig, 1883.D. Bild d. Kosmos, welch. Ergebn. d. Einzelwissensch. d. alt. Völker ist. Eratosthenes, Hipparch, Ptolemäus umfassen die kreisenden Massender Gestirne und die Erdkugel. Ein erster Versuch der Gradmessung ist bemüht, den Umfang der Erde annähernd zu bestimmen; Eratosthenes begründet die Geographie als Wissenschaft. Die Uebersicht über die Pflanzenbedeckung der Erde und die Thierwelt auf ihr, wie sie Aristoteles und Theophrast erreicht hatten, wird nun durch Fortschritte in der Zergliederung des thierischen und menschlichen Körpers ergänzt, welche besonders tief in die Erkenntniß der Gefäße eindringen. Die Kenntniß von der Vertheilung des Menschengeschlechts D. Bild d. Kosmos, welch. Ergebn. d. Einzelwiſſenſch. d. alt. Völker iſt. Eratoſthenes, Hipparch, Ptolemäus umfaſſen die kreiſenden Maſſender Geſtirne und die Erdkugel. Ein erſter Verſuch der Gradmeſſung iſt bemüht, den Umfang der Erde annähernd zu beſtimmen; Eratoſthenes begründet die Geographie als Wiſſenſchaft. Die Ueberſicht über die Pflanzenbedeckung der Erde und die Thierwelt auf ihr, wie ſie Ariſtoteles und Theophraſt erreicht hatten, wird nun durch Fortſchritte in der Zergliederung des thieriſchen und menſchlichen Körpers ergänzt, welche beſonders tief in die Erkenntniß der Gefäße eindringen. Die Kenntniß von der Vertheilung des Menſchengeſchlechts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0336" n="313"/><fw place="top" type="header">D. Bild d. Kosmos, welch. Ergebn. d. Einzelwiſſenſch. d. alt. Völker iſt.</fw><lb/> Eratoſthenes, Hipparch, Ptolemäus umfaſſen die kreiſenden Maſſen<lb/> der Geſtirne und die Erdkugel. Ein erſter Verſuch der Gradmeſſung<lb/> iſt bemüht, den Umfang der Erde annähernd zu beſtimmen;<lb/> Eratoſthenes begründet die Geographie als Wiſſenſchaft. Die<lb/> Ueberſicht über die Pflanzenbedeckung der Erde und die Thierwelt<lb/> auf ihr, wie ſie Ariſtoteles und Theophraſt erreicht hatten, wird<lb/> nun durch Fortſchritte in der Zergliederung des thieriſchen und<lb/> menſchlichen Körpers ergänzt, welche beſonders tief in die Erkenntniß<lb/> der Gefäße eindringen.</p><lb/> <p>Die Kenntniß von der Vertheilung des Menſchengeſchlechts<lb/> auf der Erde ſowie den Verſchiedenheiten deſſelben war durch den<lb/> Eroberungszug Alexander’s und die Ausbreitung des römiſchen<lb/> Imperium nunmehr außerordentlich erweitert. In Folge hiervon<lb/> wird der Einfluß von Boden und Klima auf die geiſtigen und<lb/> ſittlichen Verſchiedenheiten der Menſchheit in den Kreis der Unter-<lb/> ſuchung gezogen. Das Material der Geiſteswiſſenſchaften wird<lb/> in den Grenzen des nun der Geſchichte anheimgefallenen griechiſchen<lb/> Lebens mit kritiſchem Bewußtſein unterſucht und geſammelt.<lb/> Einzelne Syſteme der Kultur, vor Allem die Sprache, werden<lb/> einer Zergliederung unterworfen. Die vergleichende Betrachtung<lb/> der Staaten iſt zum feſten Beſitz der Wiſſenſchaft geworden. Auf<lb/> ſie geſtützt, unternimmt <hi rendition="#g">Polybius</hi>, das große weltgeſchichtliche<lb/> Phänomen, welches den Horizont ſeiner Zeit erfüllt, Rom’s Auf-<lb/> ſteigen zur Weltherrſchaft, der Erklärung zu unterwerfen. In ſeinem<lb/> Werke liegt ein Verſuch vor, die <hi rendition="#g">politiſche Wiſſenſchaft</hi>,<lb/> wie wir ſie an Ariſtoteles in ihrer Stärke und ihren Grenzen<lb/> charakteriſirt haben, zur <hi rendition="#g">Grundlage einer erklärenden<lb/> Geſchichtswiſſenſchaft</hi> zu machen. Seine vergleichende Zer-<lb/> gliederung der Verfaſſungen (wie ſie in den Fragmenten des<lb/> 6. Buches erhalten iſt) findet in der gemiſchten römiſchen Ver-<lb/> faſſung ein Gleichgewicht der Gewalten verwirklicht, vermöge deſſen<lb/> jede einzelne dieſer Gewalten unter der Kontrole der anderen<lb/> ſteht und ſo in ihren Ueberſchreitungen gehemmt wird. Hierzu<lb/> treten ihm als erklärende Gründe der römiſchen Machtentfaltung<lb/> eine glückliche Organiſation des Staates in Bezug auf materielle<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0336]
D. Bild d. Kosmos, welch. Ergebn. d. Einzelwiſſenſch. d. alt. Völker iſt.
Eratoſthenes, Hipparch, Ptolemäus umfaſſen die kreiſenden Maſſen
der Geſtirne und die Erdkugel. Ein erſter Verſuch der Gradmeſſung
iſt bemüht, den Umfang der Erde annähernd zu beſtimmen;
Eratoſthenes begründet die Geographie als Wiſſenſchaft. Die
Ueberſicht über die Pflanzenbedeckung der Erde und die Thierwelt
auf ihr, wie ſie Ariſtoteles und Theophraſt erreicht hatten, wird
nun durch Fortſchritte in der Zergliederung des thieriſchen und
menſchlichen Körpers ergänzt, welche beſonders tief in die Erkenntniß
der Gefäße eindringen.
Die Kenntniß von der Vertheilung des Menſchengeſchlechts
auf der Erde ſowie den Verſchiedenheiten deſſelben war durch den
Eroberungszug Alexander’s und die Ausbreitung des römiſchen
Imperium nunmehr außerordentlich erweitert. In Folge hiervon
wird der Einfluß von Boden und Klima auf die geiſtigen und
ſittlichen Verſchiedenheiten der Menſchheit in den Kreis der Unter-
ſuchung gezogen. Das Material der Geiſteswiſſenſchaften wird
in den Grenzen des nun der Geſchichte anheimgefallenen griechiſchen
Lebens mit kritiſchem Bewußtſein unterſucht und geſammelt.
Einzelne Syſteme der Kultur, vor Allem die Sprache, werden
einer Zergliederung unterworfen. Die vergleichende Betrachtung
der Staaten iſt zum feſten Beſitz der Wiſſenſchaft geworden. Auf
ſie geſtützt, unternimmt Polybius, das große weltgeſchichtliche
Phänomen, welches den Horizont ſeiner Zeit erfüllt, Rom’s Auf-
ſteigen zur Weltherrſchaft, der Erklärung zu unterwerfen. In ſeinem
Werke liegt ein Verſuch vor, die politiſche Wiſſenſchaft,
wie wir ſie an Ariſtoteles in ihrer Stärke und ihren Grenzen
charakteriſirt haben, zur Grundlage einer erklärenden
Geſchichtswiſſenſchaft zu machen. Seine vergleichende Zer-
gliederung der Verfaſſungen (wie ſie in den Fragmenten des
6. Buches erhalten iſt) findet in der gemiſchten römiſchen Ver-
faſſung ein Gleichgewicht der Gewalten verwirklicht, vermöge deſſen
jede einzelne dieſer Gewalten unter der Kontrole der anderen
ſteht und ſo in ihren Ueberſchreitungen gehemmt wird. Hierzu
treten ihm als erklärende Gründe der römiſchen Machtentfaltung
eine glückliche Organiſation des Staates in Bezug auf materielle
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