Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.schen Propheten entgegentritt, ist ihr Verhältniß zum Chri- ſchen Propheten entgegentritt, iſt ihr Verhältniß zum Chri- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0062" n="40"/> ſchen Propheten entgegentritt, iſt ihr Verhältniß zum Chri-<lb/> ſtenthum das nämliche. Die chriſtliche Idee <hi rendition="#g">vor</hi> dem Chri-<lb/> ſtenthum war in zweierlei Form vorhanden, erſtlich als<lb/> klar bewußte und ausgeſprochene meſſianiſche Vorſchau und<lb/> Vorherſage, und dann als Mythus, als ſymboliſche und<lb/> poetiſche Abſpiegelung und Vergegenwärtigung des Künfti-<lb/> gen, wie in einer Art von Somnambulismus und Traum-<lb/> geſicht. Von beiderlei Art der Vorſtellung war die alte<lb/> Welt erfüllt; beſonders jedoch war dem Judenthum der<lb/> klare meſſianiſche Prophetismus und die damit verbundene<lb/> feurige Sehnſucht und Erwartung deſſen, was kommen<lb/> ſollte, dem Heidenthum der traumartig bildende Mythus<lb/> eigen; und wenn jener in den beſonders ſogenannten Pro-<lb/> pheten des alten Teſtamentes ſeinen höchſten und vollkom-<lb/> menſten Ausdruck findet, ſo culminirt dieſer in der grie-<lb/> chiſchen Mythologie, wie namentlich in dem erörterten hera-<lb/> kleiſchen Sagen- und Bilderkreis. Wie ſich nun durch<lb/> Chriſtus jene Weiſſagungen erfüllen, ſo realiſiren ſich in<lb/> ihm auch jene mythiſchen Dichtungen und Vorbilder Chri-<lb/> ſtus, als bloße Idee betrachtet, iſt daſſelbe, was der lei-<lb/> dende, ſterbende und dennoch triumphirende Meſſias des<lb/> Jeſaias, daſſelbe, was ſeiner zu Grunde liegenden Natur<lb/> und Bedeutung nach der eben ſo durch Leiden und Tod<lb/> zur Verklärung hindurchgehende Herakles. Aber Chriſtus<lb/> iſt nicht bloß Idee, prophetiſche und mythiſche Vorſtellung,<lb/> ſondern er iſt die realiſirte Idee, die erfüllte Weiſſagung,<lb/> die Wahrheit des Mythus, die hiſtoriſch eingetretene Fülle<lb/> gottmenſchlicher und meſſianiſcher Wirklichkeit. Das iſt ei-<lb/> nerſeits die Analogie und andererſeits der Unterſchied. Und<lb/> ſo glauben wir unſere Meinung und Abſicht klar und un-<lb/> zweideutig genug ausgedrückt zu haben. Es handelte ſich<lb/> bei dieſer Darſtellung nur darum, zu zeigen, daß ein<lb/><hi rendition="#g">Evangelium der Idee</hi>, wenn man ſo ſagen darf,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [40/0062]
ſchen Propheten entgegentritt, iſt ihr Verhältniß zum Chri-
ſtenthum das nämliche. Die chriſtliche Idee vor dem Chri-
ſtenthum war in zweierlei Form vorhanden, erſtlich als
klar bewußte und ausgeſprochene meſſianiſche Vorſchau und
Vorherſage, und dann als Mythus, als ſymboliſche und
poetiſche Abſpiegelung und Vergegenwärtigung des Künfti-
gen, wie in einer Art von Somnambulismus und Traum-
geſicht. Von beiderlei Art der Vorſtellung war die alte
Welt erfüllt; beſonders jedoch war dem Judenthum der
klare meſſianiſche Prophetismus und die damit verbundene
feurige Sehnſucht und Erwartung deſſen, was kommen
ſollte, dem Heidenthum der traumartig bildende Mythus
eigen; und wenn jener in den beſonders ſogenannten Pro-
pheten des alten Teſtamentes ſeinen höchſten und vollkom-
menſten Ausdruck findet, ſo culminirt dieſer in der grie-
chiſchen Mythologie, wie namentlich in dem erörterten hera-
kleiſchen Sagen- und Bilderkreis. Wie ſich nun durch
Chriſtus jene Weiſſagungen erfüllen, ſo realiſiren ſich in
ihm auch jene mythiſchen Dichtungen und Vorbilder Chri-
ſtus, als bloße Idee betrachtet, iſt daſſelbe, was der lei-
dende, ſterbende und dennoch triumphirende Meſſias des
Jeſaias, daſſelbe, was ſeiner zu Grunde liegenden Natur
und Bedeutung nach der eben ſo durch Leiden und Tod
zur Verklärung hindurchgehende Herakles. Aber Chriſtus
iſt nicht bloß Idee, prophetiſche und mythiſche Vorſtellung,
ſondern er iſt die realiſirte Idee, die erfüllte Weiſſagung,
die Wahrheit des Mythus, die hiſtoriſch eingetretene Fülle
gottmenſchlicher und meſſianiſcher Wirklichkeit. Das iſt ei-
nerſeits die Analogie und andererſeits der Unterſchied. Und
ſo glauben wir unſere Meinung und Abſicht klar und un-
zweideutig genug ausgedrückt zu haben. Es handelte ſich
bei dieſer Darſtellung nur darum, zu zeigen, daß ein
Evangelium der Idee, wenn man ſo ſagen darf,
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