Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.dern und etwas Neues, faktisch Höheres daraus zu machen. dern und etwas Neues, faktiſch Höheres daraus zu machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0061" n="39"/> dern und etwas Neues, faktiſch Höheres daraus zu machen.<lb/> Um dies zu bewirken, dazu gehörte mehr, als Phantaſie<lb/> und Poeſie; mehr als ſelbſt die wunderbare Tiefe der Er-<lb/> kenntniß, die uns im Heraklesmythus ſo einleuchtend ent-<lb/> gegentritt. Es gehörte dazu das reale Eingreifen und Ein-<lb/> gehen eines überweltlichen Princips in den Weltprozeß,<lb/> eine wahre und wirkliche Vereinigung der göttlichen und<lb/> menſchlichen Natur, wie wir ſie in Chriſtus vollbracht glau-<lb/> ben. Wäre auch dieſe Lehre nur Mythus und Dichter-<lb/> produkt, ſo hätte das Chriſtenthum gar keine eigenthüm-<lb/> lich hervorragende Stellung in der Weltgeſchichte, und der<lb/> Heraklesmythus wäre dem Evangelium ſogar vorzuziehen,<lb/> da er den Vorzug hat, trotz ſeines Ernſtes und Tiefſinnes,<lb/> an der allgemeinen Schönheit und Heiterkeit griechiſcher<lb/> Poeſie und Mythologie Theil zu nehmen. Die Wahrheit<lb/> tritt nicht ſo anmuthig und reizend, wie ein helleniſches<lb/> Märchen, auf; ſie iſt auch nicht ſo friedlich und harmlos,<lb/> wie ein ſolches; ſie erweiſt ſich, da ſie die Welt nicht laſ-<lb/> ſen kann, wie ſie iſt, als ein feindſeliges, ſtörendes und<lb/> zerſtörendes Princip, das, ehe es den Frieden bringt, erſt<lb/> das Feuer der Zwietracht entzündet. Aber ſie iſt die Wahr-<lb/> heit, und als ſolche hat ſie dennoch einen unendlich höheren<lb/> Werth und Reiz, als die ſchönſte, geiſtvollſte und intereſſan-<lb/> teſte Erfindung und Darſtellung jenes hochpoetiſchen Al-<lb/> terthums. Auf die reale Wahrheit und Gewißheit, die<lb/> evidente Thatſächlichkeit deſſen, was durch das Evangelium<lb/> verkündigt wurde, iſt denn auch von Anfang an der Accent<lb/> gelegt worden. Die Apoſtel und neuteſtamentlichen Schrift-<lb/> ſteller beziehen ſich hiebei allerdings nur auf die altteſta-<lb/> mentlichen Weiſſagungen und nicht auf die ihnen fernlie-<lb/> gende heidniſche Mythologie. Sofern wir aber in dieſer<lb/> denſelben Inhalt zu erkennen im Stande und berechtigt<lb/> ſind, der uns in den begeiſterten Darſtellungen der hebräi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0061]
dern und etwas Neues, faktiſch Höheres daraus zu machen.
Um dies zu bewirken, dazu gehörte mehr, als Phantaſie
und Poeſie; mehr als ſelbſt die wunderbare Tiefe der Er-
kenntniß, die uns im Heraklesmythus ſo einleuchtend ent-
gegentritt. Es gehörte dazu das reale Eingreifen und Ein-
gehen eines überweltlichen Princips in den Weltprozeß,
eine wahre und wirkliche Vereinigung der göttlichen und
menſchlichen Natur, wie wir ſie in Chriſtus vollbracht glau-
ben. Wäre auch dieſe Lehre nur Mythus und Dichter-
produkt, ſo hätte das Chriſtenthum gar keine eigenthüm-
lich hervorragende Stellung in der Weltgeſchichte, und der
Heraklesmythus wäre dem Evangelium ſogar vorzuziehen,
da er den Vorzug hat, trotz ſeines Ernſtes und Tiefſinnes,
an der allgemeinen Schönheit und Heiterkeit griechiſcher
Poeſie und Mythologie Theil zu nehmen. Die Wahrheit
tritt nicht ſo anmuthig und reizend, wie ein helleniſches
Märchen, auf; ſie iſt auch nicht ſo friedlich und harmlos,
wie ein ſolches; ſie erweiſt ſich, da ſie die Welt nicht laſ-
ſen kann, wie ſie iſt, als ein feindſeliges, ſtörendes und
zerſtörendes Princip, das, ehe es den Frieden bringt, erſt
das Feuer der Zwietracht entzündet. Aber ſie iſt die Wahr-
heit, und als ſolche hat ſie dennoch einen unendlich höheren
Werth und Reiz, als die ſchönſte, geiſtvollſte und intereſſan-
teſte Erfindung und Darſtellung jenes hochpoetiſchen Al-
terthums. Auf die reale Wahrheit und Gewißheit, die
evidente Thatſächlichkeit deſſen, was durch das Evangelium
verkündigt wurde, iſt denn auch von Anfang an der Accent
gelegt worden. Die Apoſtel und neuteſtamentlichen Schrift-
ſteller beziehen ſich hiebei allerdings nur auf die altteſta-
mentlichen Weiſſagungen und nicht auf die ihnen fernlie-
gende heidniſche Mythologie. Sofern wir aber in dieſer
denſelben Inhalt zu erkennen im Stande und berechtigt
ſind, der uns in den begeiſterten Darſtellungen der hebräi-
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