Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

ausdrücklich von einem Kampfe mit dem Hades oder Plu-
ton die Rede. Herakles soll ihn verwundet haben, als die-
ser den Pyliern wider ihn beistand. Die für uns älteste
Quelle der Sage ist eine schon dem Alterthum dunkle und
zweideutige Stelle im Homer Il. V, 395 ff., die nach
Voß also lautet:

"Selbst auch Aides trug's, der gewaltige Schatten-
beherrscher,
Als ihn eben der Mann, der Sohn des Aegis-
erschüttrers,
Unten am Thore der Todten mit schmerzendem Pfeile
verwundet."

Diese Sielle verstand ein großer Theil der Alten, so,
wie sie hier übersetzt ist; der dritte Vers läßt sich jedoch
im Griechischen auch so verstehen, daß Aides zu Pylos un-
ter die Todten gestreckt worden sei, und in dieser Verbin-
dung berührt diesen Kampf Pindar Ol. 9, 46. Man
sehe auch Apollodor II. 7, 3 wo Herakles gegen Pylos
streitet, den Periklymenos tödtet, und den Hades verwun-
det. Klymenos ist ein Name des Hades und Periklymenos
ist auch nur wieder derselbe Gott, in welchem Herakles den
Tod tödtet. Es wurde dieser Kampf, "von welchem
man also sieht, daß er ein fester und wesentlicher Theil
des Mythus ist", auch mit der dem Helden zugeschriebe-
nen Befreiung der Alkestis aus der Unterwelt in Verbin-
dung gebracht. "Sie wurde", sagt Apollodor I, 9. 15,
"von Persephone wieder zurückgeschickt, nach Anderen dem
Hades von Herakles wieder abgekämpft." Euripides in der
nach dieser Königin benannten Tragödie läßt den Herakles
mit dem Thanatos, dem eigentlichen Tode kämpfen.

Ich führe darüber noch eine Aeußerung von Movers
an. "Am großartigsten", sagt dieser, "zeigt sich die Vor-
stellung von einem Gotte, der alle physischen Uebel als

3*

ausdrücklich von einem Kampfe mit dem Hades oder Plu-
ton die Rede. Herakles ſoll ihn verwundet haben, als die-
ſer den Pyliern wider ihn beiſtand. Die für uns älteſte
Quelle der Sage iſt eine ſchon dem Alterthum dunkle und
zweideutige Stelle im Homer Il. V, 395 ff., die nach
Voß alſo lautet:

„Selbſt auch Aides trug’s, der gewaltige Schatten-
beherrſcher,
Als ihn eben der Mann, der Sohn des Aegis-
erſchüttrers,
Unten am Thore der Todten mit ſchmerzendem Pfeile
verwundet.“

Dieſe Sielle verſtand ein großer Theil der Alten, ſo,
wie ſie hier überſetzt iſt; der dritte Vers läßt ſich jedoch
im Griechiſchen auch ſo verſtehen, daß Aides zu Pylos un-
ter die Todten geſtreckt worden ſei, und in dieſer Verbin-
dung berührt dieſen Kampf Pindar Ol. 9, 46. Man
ſehe auch Apollodor II. 7, 3 wo Herakles gegen Pylos
ſtreitet, den Periklymenos tödtet, und den Hades verwun-
det. Klymenos iſt ein Name des Hades und Periklymenos
iſt auch nur wieder derſelbe Gott, in welchem Herakles den
Tod tödtet. Es wurde dieſer Kampf, „von welchem
man alſo ſieht, daß er ein feſter und weſentlicher Theil
des Mythus iſt“, auch mit der dem Helden zugeſchriebe-
nen Befreiung der Alkeſtis aus der Unterwelt in Verbin-
dung gebracht. „Sie wurde“, ſagt Apollodor I, 9. 15,
„von Perſephone wieder zurückgeſchickt, nach Anderen dem
Hades von Herakles wieder abgekämpft.“ Euripides in der
nach dieſer Königin benannten Tragödie läßt den Herakles
mit dem Thanatos, dem eigentlichen Tode kämpfen.

Ich führe darüber noch eine Aeußerung von Movers
an. „Am großartigſten“, ſagt dieſer, „zeigt ſich die Vor-
ſtellung von einem Gotte, der alle phyſiſchen Uebel als

3*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0057" n="35"/>
ausdrücklich von einem Kampfe mit dem Hades oder Plu-<lb/>
ton die Rede. Herakles &#x017F;oll ihn verwundet haben, als die-<lb/>
&#x017F;er den Pyliern wider ihn bei&#x017F;tand. Die für uns älte&#x017F;te<lb/>
Quelle der Sage i&#x017F;t eine &#x017F;chon dem Alterthum dunkle und<lb/>
zweideutige Stelle im <hi rendition="#g">Homer</hi> Il. <hi rendition="#aq">V,</hi> 395 ff., die nach<lb/><hi rendition="#g">Voß</hi> al&#x017F;o lautet:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Selb&#x017F;t auch Aides trug&#x2019;s, der gewaltige Schatten-</l><lb/>
            <l>beherr&#x017F;cher,</l><lb/>
            <l>Als ihn eben der Mann, der Sohn des Aegis-</l><lb/>
            <l>er&#x017F;chüttrers,</l><lb/>
            <l>Unten am Thore der Todten mit &#x017F;chmerzendem Pfeile</l><lb/>
            <l>verwundet.&#x201C;</l>
          </lg><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Sielle ver&#x017F;tand ein großer Theil der Alten, &#x017F;o,<lb/>
wie &#x017F;ie hier über&#x017F;etzt i&#x017F;t; der dritte Vers läßt &#x017F;ich jedoch<lb/>
im Griechi&#x017F;chen auch &#x017F;o ver&#x017F;tehen, daß Aides zu Pylos un-<lb/>
ter die Todten ge&#x017F;treckt worden &#x017F;ei, und in die&#x017F;er Verbin-<lb/>
dung berührt die&#x017F;en Kampf <hi rendition="#g">Pindar</hi> Ol. 9, 46. Man<lb/>
&#x017F;ehe auch <hi rendition="#g">Apollodor</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 7, 3 wo Herakles gegen Pylos<lb/>
&#x017F;treitet, den Periklymenos tödtet, und den Hades verwun-<lb/>
det. Klymenos i&#x017F;t ein Name des Hades und Periklymenos<lb/>
i&#x017F;t auch nur wieder der&#x017F;elbe Gott, in welchem Herakles den<lb/><hi rendition="#g">Tod tödtet</hi>. Es wurde die&#x017F;er Kampf, &#x201E;von welchem<lb/>
man al&#x017F;o &#x017F;ieht, daß er ein fe&#x017F;ter und we&#x017F;entlicher Theil<lb/>
des Mythus i&#x017F;t&#x201C;, auch mit der dem Helden zuge&#x017F;chriebe-<lb/>
nen Befreiung der Alke&#x017F;tis aus der Unterwelt in Verbin-<lb/>
dung gebracht. &#x201E;Sie wurde&#x201C;, &#x017F;agt <hi rendition="#g">Apollodor</hi> <hi rendition="#aq">I,</hi> 9. 15,<lb/>
&#x201E;von Per&#x017F;ephone wieder zurückge&#x017F;chickt, nach Anderen dem<lb/>
Hades von Herakles wieder abgekämpft.&#x201C; Euripides in der<lb/>
nach die&#x017F;er Königin benannten Tragödie läßt den Herakles<lb/>
mit dem <hi rendition="#g">Thanatos</hi>, dem <hi rendition="#g">eigentlichen Tode</hi> kämpfen.</p><lb/>
          <p>Ich führe darüber noch eine Aeußerung von <hi rendition="#g">Movers</hi><lb/>
an. &#x201E;Am großartig&#x017F;ten&#x201C;, &#x017F;agt die&#x017F;er, &#x201E;zeigt &#x017F;ich die Vor-<lb/>
&#x017F;tellung von einem Gotte, der alle phy&#x017F;i&#x017F;chen Uebel als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0057] ausdrücklich von einem Kampfe mit dem Hades oder Plu- ton die Rede. Herakles ſoll ihn verwundet haben, als die- ſer den Pyliern wider ihn beiſtand. Die für uns älteſte Quelle der Sage iſt eine ſchon dem Alterthum dunkle und zweideutige Stelle im Homer Il. V, 395 ff., die nach Voß alſo lautet: „Selbſt auch Aides trug’s, der gewaltige Schatten- beherrſcher, Als ihn eben der Mann, der Sohn des Aegis- erſchüttrers, Unten am Thore der Todten mit ſchmerzendem Pfeile verwundet.“ Dieſe Sielle verſtand ein großer Theil der Alten, ſo, wie ſie hier überſetzt iſt; der dritte Vers läßt ſich jedoch im Griechiſchen auch ſo verſtehen, daß Aides zu Pylos un- ter die Todten geſtreckt worden ſei, und in dieſer Verbin- dung berührt dieſen Kampf Pindar Ol. 9, 46. Man ſehe auch Apollodor II. 7, 3 wo Herakles gegen Pylos ſtreitet, den Periklymenos tödtet, und den Hades verwun- det. Klymenos iſt ein Name des Hades und Periklymenos iſt auch nur wieder derſelbe Gott, in welchem Herakles den Tod tödtet. Es wurde dieſer Kampf, „von welchem man alſo ſieht, daß er ein feſter und weſentlicher Theil des Mythus iſt“, auch mit der dem Helden zugeſchriebe- nen Befreiung der Alkeſtis aus der Unterwelt in Verbin- dung gebracht. „Sie wurde“, ſagt Apollodor I, 9. 15, „von Perſephone wieder zurückgeſchickt, nach Anderen dem Hades von Herakles wieder abgekämpft.“ Euripides in der nach dieſer Königin benannten Tragödie läßt den Herakles mit dem Thanatos, dem eigentlichen Tode kämpfen. Ich führe darüber noch eine Aeußerung von Movers an. „Am großartigſten“, ſagt dieſer, „zeigt ſich die Vor- ſtellung von einem Gotte, der alle phyſiſchen Uebel als 3*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/57
Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/57>, abgerufen am 18.12.2024.