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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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verbande, der, wenn auch auf noch so gutem und Achtung
verdienendem Grunde beruhend, doch allzu sehr in's Kleine,
Obscure, ja Abgeschmackte und Lächerliche fiel, keiner groß-
artigen und machtvollen Entwickelung fähig und so eben-
falls untüchtig war, die großen, welthistorischen Probleme
des Christenthums zu lösen.

So viel von diesem zweiten Elemente, dem römischen.
Wir haben nun noch das dritte zu nennen, welches in
Beziehung auf das Papstthum zugleich in und mit dem
römischen gegeben ist -- das griechische. Dieses war
wesentlich schon vom alten, vorchristlichen Rom in sich auf-
genommen worden, so wie es für diesen universalen Welt-
staat unumgänglich nöthig war, um nicht als eine, bei
aller praktischen Tüchtigkeit und Größe doch nur barbarische
Macht und Gewalt, sondern auch in Kraft und Namen
des höheren Menschengeistes und der feineren, dem Schönen
huldigenden Bildung, die sich bei den Griechen zu ihrem
Gipfelpunkte erhoben, die Welt zu beherrschen. Griechen-
lands Wesen und Herrlichkeit wurde in Folge dieses Vor-
ganges nach Rom verpflanzt, und als es mit Griechenland
und dessen eigener Culturblüthe zu Ende war, blieben doch
in der schönen westlichen Halbinsel die dahin gewanderten
und daselbst einheimisch gewordenen Keime der Intelligenz
und des Geschmackes, der Poesie und der Kunst bewahrt,
die hier noch in späten Jahrhunderten, als ein den päpst-
lichen Stuhl umgebender Kranz und Schmuck, ihre erneuten
Blüthen trieben. Noch immer kann man sagen, daß die
Kunst katholisch sei, während die abgefallenen Culte und
Kirchenthümer auch dieses Element hinweggeworfen oder
nur in äußerst beschränktem und verkümmertem Maße bei-
behalten haben, dadurch aber auch zu jener Dürre, Nüch-
ternheit und Reizlosigkeit verkommen sind, welche poetische
und künstlerische Naturen so ungünstig für sie zu stimmen

verbande, der, wenn auch auf noch ſo gutem und Achtung
verdienendem Grunde beruhend, doch allzu ſehr in’s Kleine,
Obſcure, ja Abgeſchmackte und Lächerliche fiel, keiner groß-
artigen und machtvollen Entwickelung fähig und ſo eben-
falls untüchtig war, die großen, welthiſtoriſchen Probleme
des Chriſtenthums zu löſen.

So viel von dieſem zweiten Elemente, dem römiſchen.
Wir haben nun noch das dritte zu nennen, welches in
Beziehung auf das Papſtthum zugleich in und mit dem
römiſchen gegeben iſt — das griechiſche. Dieſes war
weſentlich ſchon vom alten, vorchriſtlichen Rom in ſich auf-
genommen worden, ſo wie es für dieſen univerſalen Welt-
ſtaat unumgänglich nöthig war, um nicht als eine, bei
aller praktiſchen Tüchtigkeit und Größe doch nur barbariſche
Macht und Gewalt, ſondern auch in Kraft und Namen
des höheren Menſchengeiſtes und der feineren, dem Schönen
huldigenden Bildung, die ſich bei den Griechen zu ihrem
Gipfelpunkte erhoben, die Welt zu beherrſchen. Griechen-
lands Weſen und Herrlichkeit wurde in Folge dieſes Vor-
ganges nach Rom verpflanzt, und als es mit Griechenland
und deſſen eigener Culturblüthe zu Ende war, blieben doch
in der ſchönen weſtlichen Halbinſel die dahin gewanderten
und daſelbſt einheimiſch gewordenen Keime der Intelligenz
und des Geſchmackes, der Poeſie und der Kunſt bewahrt,
die hier noch in ſpäten Jahrhunderten, als ein den päpſt-
lichen Stuhl umgebender Kranz und Schmuck, ihre erneuten
Blüthen trieben. Noch immer kann man ſagen, daß die
Kunſt katholiſch ſei, während die abgefallenen Culte und
Kirchenthümer auch dieſes Element hinweggeworfen oder
nur in äußerſt beſchränktem und verkümmertem Maße bei-
behalten haben, dadurch aber auch zu jener Dürre, Nüch-
ternheit und Reizloſigkeit verkommen ſind, welche poetiſche
und künſtleriſche Naturen ſo ungünſtig für ſie zu ſtimmen

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[7/0029] verbande, der, wenn auch auf noch ſo gutem und Achtung verdienendem Grunde beruhend, doch allzu ſehr in’s Kleine, Obſcure, ja Abgeſchmackte und Lächerliche fiel, keiner groß- artigen und machtvollen Entwickelung fähig und ſo eben- falls untüchtig war, die großen, welthiſtoriſchen Probleme des Chriſtenthums zu löſen. So viel von dieſem zweiten Elemente, dem römiſchen. Wir haben nun noch das dritte zu nennen, welches in Beziehung auf das Papſtthum zugleich in und mit dem römiſchen gegeben iſt — das griechiſche. Dieſes war weſentlich ſchon vom alten, vorchriſtlichen Rom in ſich auf- genommen worden, ſo wie es für dieſen univerſalen Welt- ſtaat unumgänglich nöthig war, um nicht als eine, bei aller praktiſchen Tüchtigkeit und Größe doch nur barbariſche Macht und Gewalt, ſondern auch in Kraft und Namen des höheren Menſchengeiſtes und der feineren, dem Schönen huldigenden Bildung, die ſich bei den Griechen zu ihrem Gipfelpunkte erhoben, die Welt zu beherrſchen. Griechen- lands Weſen und Herrlichkeit wurde in Folge dieſes Vor- ganges nach Rom verpflanzt, und als es mit Griechenland und deſſen eigener Culturblüthe zu Ende war, blieben doch in der ſchönen weſtlichen Halbinſel die dahin gewanderten und daſelbſt einheimiſch gewordenen Keime der Intelligenz und des Geſchmackes, der Poeſie und der Kunſt bewahrt, die hier noch in ſpäten Jahrhunderten, als ein den päpſt- lichen Stuhl umgebender Kranz und Schmuck, ihre erneuten Blüthen trieben. Noch immer kann man ſagen, daß die Kunſt katholiſch ſei, während die abgefallenen Culte und Kirchenthümer auch dieſes Element hinweggeworfen oder nur in äußerſt beſchränktem und verkümmertem Maße bei- behalten haben, dadurch aber auch zu jener Dürre, Nüch- ternheit und Reizloſigkeit verkommen ſind, welche poetiſche und künſtleriſche Naturen ſo ungünſtig für ſie zu ſtimmen

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/29>, abgerufen am 25.04.2024.