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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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wurde *), ist er der Verderber, Vernichter, insofern also
kein anderer Gott, als jener indische. Die finstere, schreck-
liche Seite Apollon's wird auch von Homer, der seine
Götter sonst mit parodischer Leichtfertigkeit zu behandeln
pflegt, mit auffallendem Ernste hervorgekehrt. Wie Nacht-
grauen wandelt er her, von der Schulter rasseln die sicher
und tödtlich treffenden Pfeile. Er treibt die Troer von
der Zinne der Burg herab mit lautem Schlachtgeschrei
zum Kampfe an; er schreitet ihnen, eine Wolke um die
Schulter und die Ägis in der Hand, als laossoos (Auf-
reger der Kriegslust und Kampfbegier im Volke) vor, an
Kriegsgewalt dem Ares gleich, wiewohl hoch erhaben über
dessen stürmischen Trotz. Den verderblichsten Gott nennt
ihn Achilles, und selbst wenn er unter den Göttern er-
scheint, zittern Alle im Hause des Zeus und fahren von
ihren Sitzen empor. Nur Leto freut sich, daß sie einen
so starken, bogentragenden Gott geboren. **) Ein den The-
banern gehöriges Heiligthum dieses Gottes, eine dreigipfliche
Höhe, an deren waldigem Abhange ein Apollotempel stand,
hieß Ptoon, Schreckenshain, und er selber ward hier
als Apollon Ptoos, der Schreckbare, verehrt. Was
die Kunst betrifft, so bildete sie ihn, bevor sie ihm die
bekannte ideale Gestalt verlieh, sehr roh. Man sah ihn
mit vier Händen und vier Ohren, recht wie ein indisches
Monstrum, gebildet, oder als Säulenpfeiler mit Bogen,
Lanze und Helm, wie zu Amiklä der Fall; einen lanzen-
bewaffneten Apoll weiheten die Megarer nach Delphi; zu
Tenedos erschien er mit dem Doppelbeil gerüstet; die Ko-
losse des Kanachos von Sikyon hatten eine breite Brust,

*) "O Fürst Apollon, schädige Du die Schuldigen;
Vernichte sie, so wie Du zu vernichten pflegst!"
sagt sehr ausdrucksvoll Archilochos.
**) Ottfr. Müller, Dorier I. S. 292 f.

wurde *), iſt er der Verderber, Vernichter, inſofern alſo
kein anderer Gott, als jener indiſche. Die finſtere, ſchreck-
liche Seite Apollon’s wird auch von Homer, der ſeine
Götter ſonſt mit parodiſcher Leichtfertigkeit zu behandeln
pflegt, mit auffallendem Ernſte hervorgekehrt. Wie Nacht-
grauen wandelt er her, von der Schulter raſſeln die ſicher
und tödtlich treffenden Pfeile. Er treibt die Troer von
der Zinne der Burg herab mit lautem Schlachtgeſchrei
zum Kampfe an; er ſchreitet ihnen, eine Wolke um die
Schulter und die Ägis in der Hand, als λαοσσοος (Auf-
reger der Kriegsluſt und Kampfbegier im Volke) vor, an
Kriegsgewalt dem Ares gleich, wiewohl hoch erhaben über
deſſen ſtürmiſchen Trotz. Den verderblichſten Gott nennt
ihn Achilles, und ſelbſt wenn er unter den Göttern er-
ſcheint, zittern Alle im Hauſe des Zeus und fahren von
ihren Sitzen empor. Nur Leto freut ſich, daß ſie einen
ſo ſtarken, bogentragenden Gott geboren. **) Ein den The-
banern gehöriges Heiligthum dieſes Gottes, eine dreigipfliche
Höhe, an deren waldigem Abhange ein Apollotempel ſtand,
hieß Ptoon, Schreckenshain, und er ſelber ward hier
als Apollon Ptoos, der Schreckbare, verehrt. Was
die Kunſt betrifft, ſo bildete ſie ihn, bevor ſie ihm die
bekannte ideale Geſtalt verlieh, ſehr roh. Man ſah ihn
mit vier Händen und vier Ohren, recht wie ein indiſches
Monſtrum, gebildet, oder als Säulenpfeiler mit Bogen,
Lanze und Helm, wie zu Amiklä der Fall; einen lanzen-
bewaffneten Apoll weiheten die Megarer nach Delphi; zu
Tenedos erſchien er mit dem Doppelbeil gerüſtet; die Ko-
loſſe des Kanachos von Sikyon hatten eine breite Bruſt,

*) „O Fürſt Apollon, ſchädige Du die Schuldigen;
Vernichte ſie, ſo wie Du zu vernichten pflegſt!“
ſagt ſehr ausdrucksvoll Archilochos.
**) Ottfr. Müller, Dorier I. S. 292 f.
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[95/0117] wurde *), iſt er der Verderber, Vernichter, inſofern alſo kein anderer Gott, als jener indiſche. Die finſtere, ſchreck- liche Seite Apollon’s wird auch von Homer, der ſeine Götter ſonſt mit parodiſcher Leichtfertigkeit zu behandeln pflegt, mit auffallendem Ernſte hervorgekehrt. Wie Nacht- grauen wandelt er her, von der Schulter raſſeln die ſicher und tödtlich treffenden Pfeile. Er treibt die Troer von der Zinne der Burg herab mit lautem Schlachtgeſchrei zum Kampfe an; er ſchreitet ihnen, eine Wolke um die Schulter und die Ägis in der Hand, als λαοσσοος (Auf- reger der Kriegsluſt und Kampfbegier im Volke) vor, an Kriegsgewalt dem Ares gleich, wiewohl hoch erhaben über deſſen ſtürmiſchen Trotz. Den verderblichſten Gott nennt ihn Achilles, und ſelbſt wenn er unter den Göttern er- ſcheint, zittern Alle im Hauſe des Zeus und fahren von ihren Sitzen empor. Nur Leto freut ſich, daß ſie einen ſo ſtarken, bogentragenden Gott geboren. **) Ein den The- banern gehöriges Heiligthum dieſes Gottes, eine dreigipfliche Höhe, an deren waldigem Abhange ein Apollotempel ſtand, hieß Ptoon, Schreckenshain, und er ſelber ward hier als Apollon Ptoos, der Schreckbare, verehrt. Was die Kunſt betrifft, ſo bildete ſie ihn, bevor ſie ihm die bekannte ideale Geſtalt verlieh, ſehr roh. Man ſah ihn mit vier Händen und vier Ohren, recht wie ein indiſches Monſtrum, gebildet, oder als Säulenpfeiler mit Bogen, Lanze und Helm, wie zu Amiklä der Fall; einen lanzen- bewaffneten Apoll weiheten die Megarer nach Delphi; zu Tenedos erſchien er mit dem Doppelbeil gerüſtet; die Ko- loſſe des Kanachos von Sikyon hatten eine breite Bruſt, *) „O Fürſt Apollon, ſchädige Du die Schuldigen; Vernichte ſie, ſo wie Du zu vernichten pflegſt!“ ſagt ſehr ausdrucksvoll Archilochos. **) Ottfr. Müller, Dorier I. S. 292 f.

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/117>, abgerufen am 26.11.2024.