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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Zehende Predigt
oder dreyer Zeugen Munde bestätiget ist/ Krafft hat/ Deut. 19, 2. also
soll auch solches Zusprechen Krafft haben/ es soll gelten/ und nicht ohne
Frucht auff die Erden fallen. So wenig in Gerichten dem widerspro-
chen wird/ was durch zween oder drey Zeugen bejahet wird/ und der
Richter spricht darauff; also soll auch dieses Krafft haben. 3. Lucrum
fratris,
der Seelen Gewinnn/ daß du deinen Bruder gewinnest.
Welches das allgemeine Bistum und Seelen-Sorg ist; Ne dicas, (in-
quit Theophyl. ad. 1. Thess. 5.) non sum Doctor, non sum Praeceptor,
alios docere & aedificare non teneor; falleris. Doctores non suffici-
unt ad singulorum & omnium admonitionem, sed vult DEUS quem-
que alium instruere & aedificare saltem exemplo suo & bona vita.
das
ist: Sprich nicht/ ich bin kein Doctor oder Lehrmeister/ ich
darff eben andere nicht lehren und erbauen/ du betriegest dich
selber. Dann die Lehrer und Doctores seynd nicht genug alle
und jede Menschen zuermahnen/ sondern GOtt will/ daß ein
jeder den andern unterrichte/ und erbaue auffs wenigste mit gu-
tem Exempel und frommem Leben. Chrysostomus in homil. de
habenda cura proximi
erklärets mit einem Schiffmann; Wann ein
Schiff/ das guten Wind hat/ ein anders stranden siehet/ so
halt es still/ wirfft Dielen und Bretter hinauß/ ob villeicht etli-
che möchten davon kommen. Wann dir deines Feindes Och-
sen oder Esel begegnet/ daß er irret/ so soltu ihm denselben wie-
der zuführen/ lautet das Göttliche Gesätz/ Exod. 23, 4. Wieviel mehr
dann deines Freundes von Christo theur erworbene Seele/ wann du gleich
kein bene zuverdienen hast. Cadit asina, & est, qui sublevet eam, perit
anima, & nemo reputat,
sagt Bernhardus consid. 4. ad Eugen. Ein
Esel fället/ und man hilfft ihm auff/ aber eine Seele verdirbt/
und niemand nimmts zu Hertzen. Ex parte corrigendi & censendi,
auff seiten dessen/ dem da solle gepredigt und der Leviten gelesen werden/
wird erfordert auditio, das Hören/ auditu externo, daß er gutwillig er-
scheine auff beschehene Beschickung vom Pfarrer/ nicht die Ohren verstopf-
fe/ wie eine Otter für der Stimme des Beschwörers/ daß er nicht lasse in
sich reden wie in einen holen Hafen oder Ofen. Auditu interno, daß er
es zu Hertzen nehme/ in sich selbs gehe/ nicht wie ein stättiger Ochs wider
den Stachel lecke/ und gedencke/ sihe/ man meynts gut mit mir. Auditu
obediente & efficaci,
daß er auch folge/ nicht trotze oder böß werde/ nicht
übel auffnehme/ als zörnte man mit ihm; oder sichs verdriessen lasse und
gedencke/ man habe ja nichts darvon. Dann man suchet ja nichts anders/

als

Die Zehende Predigt
oder dreyer Zeugen Munde beſtaͤtiget iſt/ Krafft hat/ Deut. 19, 2. alſo
ſoll auch ſolches Zuſprechen Krafft haben/ es ſoll gelten/ und nicht ohne
Frucht auff die Erden fallen. So wenig in Gerichten dem widerſpro-
chen wird/ was durch zween oder drey Zeugen bejahet wird/ und der
Richter ſpricht darauff; alſo ſoll auch dieſes Krafft haben. 3. Lucrum
fratris,
der Seelen Gewinnn/ daß du deinen Bruder gewinneſt.
Welches das allgemeine Biſtum und Seelen-Sorg iſt; Ne dicas, (in-
quit Theophyl. ad. 1. Theſſ. 5.) non ſum Doctor, non ſum Præceptor,
alios docere & ædificare non teneor; falleris. Doctores non ſuffici-
unt ad ſingulorum & omnium admonitionem, ſed vult DEUS quem-
que alium inſtruere & ædificare ſaltem exemplo ſuo & bonâ vitâ.
das
iſt: Sprich nicht/ ich bin kein Doctor oder Lehrmeiſter/ ich
darff eben andere nicht lehren und erbauen/ du betriegeſt dich
ſelber. Dann die Lehrer und Doctores ſeynd nicht genug alle
und jede Menſchen zuermahnen/ ſondern GOtt will/ daß ein
jeder den andern unterrichte/ und erbaue auffs wenigſte mit gu-
tem Exempel und frommem Leben. Chryſoſtomus in homil. de
habenda cura proximi
erklaͤrets mit einem Schiffmann; Wann ein
Schiff/ das guten Wind hat/ ein anders ſtranden ſiehet/ ſo
halt es ſtill/ wirfft Dielen und Bretter hinauß/ ob villeicht etli-
che moͤchten davon kommen. Wann dir deines Feindes Och-
ſen oder Eſel begegnet/ daß er irret/ ſo ſoltu ihm denſelben wie-
der zufuͤhren/ lautet das Goͤttliche Geſaͤtz/ Exod. 23, 4. Wieviel mehr
dann deines Freundes von Chriſto theur erworbene Seele/ wann du gleich
kein bene zuverdienen haſt. Cadit aſina, & eſt, qui ſublevet eam, perit
anima, & nemo reputat,
ſagt Bernhardus conſid. 4. ad Eugen. Ein
Eſel faͤllet/ und man hilfft ihm auff/ aber eine Seele verdirbt/
und niemand nim̃ts zu Hertzen. Ex parte corrigendi & cenſendi,
auff ſeiten deſſen/ dem da ſolle gepredigt und der Leviten geleſen werden/
wird erfordert auditio, das Hoͤren/ auditu externo, daß er gutwillig er-
ſcheine auff beſchehene Beſchickung vom Pfarrer/ nicht die Ohren verſtopf-
fe/ wie eine Otter fuͤr der Stimme des Beſchwoͤrers/ daß er nicht laſſe in
ſich reden wie in einen holen Hafen oder Ofen. Auditu interno, daß er
es zu Hertzen nehme/ in ſich ſelbs gehe/ nicht wie ein ſtaͤttiger Ochs wider
den Stachel lecke/ und gedencke/ ſihe/ man meynts gut mit mir. Auditu
obediente & efficaci,
daß er auch folge/ nicht trotze oder boͤß werde/ nicht
uͤbel auffnehme/ als zoͤrnte man mit ihm; oder ſichs verdrieſſen laſſe und
gedencke/ man habe ja nichts darvon. Dann man ſuchet ja nichts anders/

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[290/0308] Die Zehende Predigt oder dreyer Zeugen Munde beſtaͤtiget iſt/ Krafft hat/ Deut. 19, 2. alſo ſoll auch ſolches Zuſprechen Krafft haben/ es ſoll gelten/ und nicht ohne Frucht auff die Erden fallen. So wenig in Gerichten dem widerſpro- chen wird/ was durch zween oder drey Zeugen bejahet wird/ und der Richter ſpricht darauff; alſo ſoll auch dieſes Krafft haben. 3. Lucrum fratris, der Seelen Gewinnn/ daß du deinen Bruder gewinneſt. Welches das allgemeine Biſtum und Seelen-Sorg iſt; Ne dicas, (in- quit Theophyl. ad. 1. Theſſ. 5.) non ſum Doctor, non ſum Præceptor, alios docere & ædificare non teneor; falleris. Doctores non ſuffici- unt ad ſingulorum & omnium admonitionem, ſed vult DEUS quem- que alium inſtruere & ædificare ſaltem exemplo ſuo & bonâ vitâ. das iſt: Sprich nicht/ ich bin kein Doctor oder Lehrmeiſter/ ich darff eben andere nicht lehren und erbauen/ du betriegeſt dich ſelber. Dann die Lehrer und Doctores ſeynd nicht genug alle und jede Menſchen zuermahnen/ ſondern GOtt will/ daß ein jeder den andern unterrichte/ und erbaue auffs wenigſte mit gu- tem Exempel und frommem Leben. Chryſoſtomus in homil. de habenda cura proximi erklaͤrets mit einem Schiffmann; Wann ein Schiff/ das guten Wind hat/ ein anders ſtranden ſiehet/ ſo halt es ſtill/ wirfft Dielen und Bretter hinauß/ ob villeicht etli- che moͤchten davon kommen. Wann dir deines Feindes Och- ſen oder Eſel begegnet/ daß er irret/ ſo ſoltu ihm denſelben wie- der zufuͤhren/ lautet das Goͤttliche Geſaͤtz/ Exod. 23, 4. Wieviel mehr dann deines Freundes von Chriſto theur erworbene Seele/ wann du gleich kein bene zuverdienen haſt. Cadit aſina, & eſt, qui ſublevet eam, perit anima, & nemo reputat, ſagt Bernhardus conſid. 4. ad Eugen. Ein Eſel faͤllet/ und man hilfft ihm auff/ aber eine Seele verdirbt/ und niemand nim̃ts zu Hertzen. Ex parte corrigendi & cenſendi, auff ſeiten deſſen/ dem da ſolle gepredigt und der Leviten geleſen werden/ wird erfordert auditio, das Hoͤren/ auditu externo, daß er gutwillig er- ſcheine auff beſchehene Beſchickung vom Pfarrer/ nicht die Ohren verſtopf- fe/ wie eine Otter fuͤr der Stimme des Beſchwoͤrers/ daß er nicht laſſe in ſich reden wie in einen holen Hafen oder Ofen. Auditu interno, daß er es zu Hertzen nehme/ in ſich ſelbs gehe/ nicht wie ein ſtaͤttiger Ochs wider den Stachel lecke/ und gedencke/ ſihe/ man meynts gut mit mir. Auditu obediente & efficaci, daß er auch folge/ nicht trotze oder boͤß werde/ nicht uͤbel auffnehme/ als zoͤrnte man mit ihm; oder ſichs verdrieſſen laſſe und gedencke/ man habe ja nichts darvon. Dann man ſuchet ja nichts anders/ als

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/308>, abgerufen am 23.11.2024.