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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Neunte Predigt
Man schüttet Oel ins Feur/ da brennets als dann in allen Gassen loh-hell/
und ist allenthalben Jammer und Noth/ folget auch wol gar das höllische
Feur darauff. Gantz Teutsch-Land ist dessen ein augenscheinliches Exem-
pel/ da freylich auch die Löscher/ so die Flamme ohne Gott haben außlö-
schen wollen/ selber in die Flamme gerathen und verbronnen.

Das wußte nun unser liebste Heiland und Seligmacher/ der beste
Physiognomus und Naturkündiger/ der uns von innen und aussen ken-
net/ gar wohl/ darum schreibet Er uns eine Cur/ Centur und Bußzucht/
eine edele/ bewehrte Feur-Sprütz für/ wie wir nemlich solchen scandalis
und Jnjurien wehren sollen/ nicht in den Funcken blasen/ oder Feur mit
Feur löschen/ sondern 4. unterschiedliche gradus, Staffeln und Arten.
Dann entweder ist es Injuria privata & secreta, ein geheimes absonder-
liches Aergernuß/ da soll man den Bruder allein straffen. Gibt er drauff/
wol gut; wo nicht/ so soll man einen Richter suchen/ erstlich arbitrarium
& ordinarium,
als den ordentlichen Schieds-Mann/ so man ihn haben
kan. Gibt er abermahl nichts darauff/ oder ist irgend das scandalum
publicum, & manifestum,
ein bekantes offenbahres Aergernuß/ so soll
mans für das Consistorium und Kirchen-Convent bringen. Will es
noch nicht helffen/ so folget die Excommunication und der Bann. So/
wil der HErr sagen/ kan man den scandalis wehren/ das ist das rechte
Kühl-Wasser/ damit man löschen kan. Wir haben heut acht tag de scan-
dalo in genere,
von dem Aergernuß ins gemein geredet/ folget anjetzo
scandalum privatum, das geheime sonderbahre Aergernuß/ privatireme-
dium,
wie man demselben abhelffen könne/ und dann remedii finis, der
Zweck und Absehen/ in den Worten/ wann unser liebste Heyland spricht:
Sündiget dein Bruder an dir/ so straffe ihn zwischen dir und
ihm allein. Hievon nun etwas nutzliches und aufferbauliches zu der
Ehre GOttes und unserm Unterricht zu handlen/ wolle GOtt seine Gnad
und Segen mildiglich von oben herab verleyhen Amen.

SO ist nun I. Morbus ipse, der Fehler und Gebrechen/ so zu
straffen/ nicht scandalum publicum, eine gemeine Aergernuß/
Ketzerey oder dergleichen/ dann für diesen Grind gehöret eine an-
dere Lauge. Nicht peccatum infirmitatis & naturale, Schwachheiten
oder natürliche Unhöfflichkeit/ Temperaments Gewonheit, wie irgends
der sanguineus, ein blut-reicher lustiger Mensch dem Melancholico, trau-
rigen Grillen-macher zu wider; Viel weniger aber/ wanns geschicht auß
blossem ungegründetem/ erdichtetem Argwohn. Sondern es ist scandalum

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Die Neunte Predigt
Man ſchuͤttet Oel ins Feur/ da brennets als dann in allen Gaſſen loh-hell/
und iſt allenthalben Jammer und Noth/ folget auch wol gar das hoͤlliſche
Feur darauff. Gantz Teutſch-Land iſt deſſen ein augenſcheinliches Exem-
pel/ da freylich auch die Loͤſcher/ ſo die Flamme ohne Gott haben außloͤ-
ſchen wollen/ ſelber in die Flamme gerathen und verbronnen.

Das wußte nun unſer liebſte Heiland und Seligmacher/ der beſte
Phyſiognomus und Naturkuͤndiger/ der uns von innen und auſſen ken-
net/ gar wohl/ darum ſchreibet Er uns eine Cur/ Centur und Bußzucht/
eine edele/ bewehrte Feur-Spruͤtz fuͤr/ wie wir nemlich ſolchen ſcandalis
und Jnjurien wehren ſollen/ nicht in den Funcken blaſen/ oder Feur mit
Feur loͤſchen/ ſondern 4. unterſchiedliche gradus, Staffeln und Arten.
Dann entweder iſt es Injuria privata & ſecreta, ein geheimes abſonder-
liches Aergernuß/ da ſoll man den Bruder allein ſtraffen. Gibt er drauff/
wol gut; wo nicht/ ſo ſoll man einen Richter ſuchen/ erſtlich arbitrarium
& ordinarium,
als den ordentlichen Schieds-Mann/ ſo man ihn haben
kan. Gibt er abermahl nichts darauff/ oder iſt irgend das ſcandalum
publicum, & manifeſtum,
ein bekantes offenbahres Aergernuß/ ſo ſoll
mans fuͤr das Conſiſtorium und Kirchen-Convent bringen. Will es
noch nicht helffen/ ſo folget die Excommunication und der Bann. So/
wil der HErr ſagen/ kan man den ſcandalis wehren/ das iſt das rechte
Kuͤhl-Waſſer/ damit man loͤſchen kan. Wir haben heut acht tag de ſcan-
dalo in genere,
von dem Aergernuß ins gemein geredet/ folget anjetzo
ſcandalum privatum, das geheime ſonderbahre Aergernuß/ privatireme-
dium,
wie man demſelben abhelffen koͤnne/ und dann remedii finis, der
Zweck und Abſehen/ in den Worten/ wann unſer liebſte Heyland ſpricht:
Suͤndiget dein Bruder an dir/ ſo ſtraffe ihn zwiſchen dir und
ihm allein. Hievon nun etwas nutzliches und aufferbauliches zu der
Ehre GOttes und unſerm Unterricht zu handlen/ wolle GOtt ſeine Gnad
und Segen mildiglich von oben herab verleyhen Amen.

SO iſt nun I. Morbus ipſe, der Fehler und Gebrechen/ ſo zu
ſtraffen/ nicht ſcandalum publicum, eine gemeine Aergernuß/
Ketzerey oder dergleichen/ dann fuͤr dieſen Grind gehoͤret eine an-
dere Lauge. Nicht peccatum infirmitatis & naturale, Schwachheiten
oder natuͤrliche Unhoͤfflichkeit/ Temperaments Gewonheit, wie irgends
der ſanguineus, ein blut-reicher luſtiger Menſch dem Melancholico, trau-
rigen Grillen-macher zu wider; Viel weniger aber/ wanns geſchicht auß
bloſſem ungegruͤndetem/ erdichtetem Argwohn. Sondern es iſt ſcandalum

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[278/0296] Die Neunte Predigt Man ſchuͤttet Oel ins Feur/ da brennets als dann in allen Gaſſen loh-hell/ und iſt allenthalben Jammer und Noth/ folget auch wol gar das hoͤlliſche Feur darauff. Gantz Teutſch-Land iſt deſſen ein augenſcheinliches Exem- pel/ da freylich auch die Loͤſcher/ ſo die Flamme ohne Gott haben außloͤ- ſchen wollen/ ſelber in die Flamme gerathen und verbronnen. Das wußte nun unſer liebſte Heiland und Seligmacher/ der beſte Phyſiognomus und Naturkuͤndiger/ der uns von innen und auſſen ken- net/ gar wohl/ darum ſchreibet Er uns eine Cur/ Centur und Bußzucht/ eine edele/ bewehrte Feur-Spruͤtz fuͤr/ wie wir nemlich ſolchen ſcandalis und Jnjurien wehren ſollen/ nicht in den Funcken blaſen/ oder Feur mit Feur loͤſchen/ ſondern 4. unterſchiedliche gradus, Staffeln und Arten. Dann entweder iſt es Injuria privata & ſecreta, ein geheimes abſonder- liches Aergernuß/ da ſoll man den Bruder allein ſtraffen. Gibt er drauff/ wol gut; wo nicht/ ſo ſoll man einen Richter ſuchen/ erſtlich arbitrarium & ordinarium, als den ordentlichen Schieds-Mann/ ſo man ihn haben kan. Gibt er abermahl nichts darauff/ oder iſt irgend das ſcandalum publicum, & manifeſtum, ein bekantes offenbahres Aergernuß/ ſo ſoll mans fuͤr das Conſiſtorium und Kirchen-Convent bringen. Will es noch nicht helffen/ ſo folget die Excommunication und der Bann. So/ wil der HErr ſagen/ kan man den ſcandalis wehren/ das iſt das rechte Kuͤhl-Waſſer/ damit man loͤſchen kan. Wir haben heut acht tag de ſcan- dalo in genere, von dem Aergernuß ins gemein geredet/ folget anjetzo ſcandalum privatum, das geheime ſonderbahre Aergernuß/ privatireme- dium, wie man demſelben abhelffen koͤnne/ und dann remedii finis, der Zweck und Abſehen/ in den Worten/ wann unſer liebſte Heyland ſpricht: Suͤndiget dein Bruder an dir/ ſo ſtraffe ihn zwiſchen dir und ihm allein. Hievon nun etwas nutzliches und aufferbauliches zu der Ehre GOttes und unſerm Unterricht zu handlen/ wolle GOtt ſeine Gnad und Segen mildiglich von oben herab verleyhen Amen. SO iſt nun I. Morbus ipſe, der Fehler und Gebrechen/ ſo zu ſtraffen/ nicht ſcandalum publicum, eine gemeine Aergernuß/ Ketzerey oder dergleichen/ dann fuͤr dieſen Grind gehoͤret eine an- dere Lauge. Nicht peccatum infirmitatis & naturale, Schwachheiten oder natuͤrliche Unhoͤfflichkeit/ Temperaments Gewonheit, wie irgends der ſanguineus, ein blut-reicher luſtiger Menſch dem Melancholico, trau- rigen Grillen-macher zu wider; Viel weniger aber/ wanns geſchicht auß bloſſem ungegruͤndetem/ erdichtetem Argwohn. Sondern es iſt ſcandalum &

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/296>, abgerufen am 22.11.2024.