Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Vierdte Predigt

III. Characterisatis clericis, der geölten und getränckten Cle-
risey. Die habe auch den Schlüssel/ aber dependenter vom Papst/ wie
auch mit Vorbehalt etlicher Fälle/ die allein von dem Papst können dijudi-
cirt und entschieden werden. Jene aber seyen in ihrem Schlüssel-Ampt
nicht nur Botten und Gesandten GOttes/ die die Versöhnung anbieten
und verkündigen/ praecones pacis & veniae, Ehrenholden des Göttlichen
Friedens/ und Vergebung der Sünden; sondern gar Gewalthabende
Obrigkeitliche Richter/ denen in der Ohren-Beicht alles haar-klein muß
angezeiget werden/ daß sie hernach ihren Richterlichen Außspruch darüber
ergehen lassen/ und die Straffen und Bußen aufflegen können.

Die Schrifftmäßige Antwort auff die vorgelegte Frag/ Cui data
clavis?
Wem der Schlüssel-Gewalt eingehändiget und überant-
wortet seye? ist diese: Quoad Jus ipsum, was die Gerechtigkeit anlan-
get/ der gantzen Gemeine und Kirche: Jst zu erweisen 1. auß den
Worten Christi Matth. 18/ 18. da Er redet mit dem gantzen Umstand
seiner Jünger/ und sagt: Warlich/ ich sage euch: was ihr auff
Erden binden werdet/ etc. Und abermal: So sage es der Ge-
meine. Und ferner: Wo zween oder drey versamlet seynd in
meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Ey warum
dann nicht/ wann eine gantze Kirche bey einander versamlet? 2. Ex offi-
cio Ecclesiae,
die Kirche ist GOttes Braut und Hauß-Ehre/ die muß auch
den Raub außtheilen. Jhr seynd alle Schätze der Kirchen/ unter welchen
der Indulgentz- und Ablaß-Schatz der fürnemste ist/ vertrauet 3. Ex Ec-
clesiae duratione,
die Apostel würden nicht allezeit leben. Nun solte der
Schlüssel-Gewalt biß ans Ende der Welt währen/ derowegen so muß das
Jus, die Gerechtigkeit biß ans Ende der Welt bleiben. 4. Ex analogia Ec-
clesiae Vet. Testamenti,
auß der Gleichheit der Kirchen des A. Testaments/
mit der Kirchen des N. Testaments/ als welche an jener Stelle kommen:
So nun jener vertrauet ist/ was GOtt geredet hat/ Rom. 3/ 2.
Deßgleichen so ihro gehöret die Kindschafft und die Herrlichkeit/
und der Bund/ und das Gesetz/ und der Gottesdienst/ und die
Verheissung. Rom. 9/ 4. Warum solte dann diese davon außge-
schlossen seyn? Ja bey allen Societäten und Zusammenkunfften ist das Jus
der Gemeine/ die Verordnung aber bey gewissen Deputirten. Dahero
auch in privat-Jnjurien je ein Christ dem andern verzeihen kan und soll/
und was als dann auff Erden vergeben/ soll auch Krafft im Himmel haben.
Jch sage/ in privat-Aergernussen. Ja auch in casu extraordinario, wann
einer keinen Beicht-Vater haben könte/ möchte auch wol ein privat-Christ

dem
Die Vierdte Predigt

III. Characteriſatis clericis, der geoͤlten und getraͤnckten Cle-
riſey. Die habe auch den Schluͤſſel/ aber dependenter vom Papſt/ wie
auch mit Vorbehalt etlicher Faͤlle/ die allein von dem Papſt koͤnnen dijudi-
cirt und entſchieden werden. Jene aber ſeyen in ihrem Schluͤſſel-Ampt
nicht nur Botten und Geſandten GOttes/ die die Verſoͤhnung anbieten
und verkuͤndigen/ præcones pacis & veniæ, Ehrenholden des Goͤttlichen
Friedens/ und Vergebung der Suͤnden; ſondern gar Gewalthabende
Obrigkeitliche Richter/ denen in der Ohren-Beicht alles haar-klein muß
angezeiget werden/ daß ſie hernach ihren Richterlichen Außſpruch daruͤber
ergehen laſſen/ und die Straffen und Bußen aufflegen koͤnnen.

Die Schrifftmaͤßige Antwort auff die vorgelegte Frag/ Cui data
clavis?
Wem der Schluͤſſel-Gewalt eingehaͤndiget und uͤberant-
wortet ſeye? iſt dieſe: Quoad Jus ipſum, was die Gerechtigkeit anlan-
get/ der gantzen Gemeine und Kirche: Jſt zu erweiſen 1. auß den
Worten Chriſti Matth. 18/ 18. da Er redet mit dem gantzen Umſtand
ſeiner Juͤnger/ und ſagt: Warlich/ ich ſage euch: was ihr auff
Erden binden werdet/ ꝛc. Und abermal: So ſage es der Ge-
meine. Und ferner: Wo zween oder drey verſamlet ſeynd in
meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Ey warum
dann nicht/ wann eine gantze Kirche bey einander verſamlet? 2. Ex offi-
cio Eccleſiæ,
die Kirche iſt GOttes Braut und Hauß-Ehre/ die muß auch
den Raub außtheilen. Jhr ſeynd alle Schaͤtze der Kirchen/ unter welchen
der Indulgentz- und Ablaß-Schatz der fuͤrnemſte iſt/ vertrauet 3. Ex Ec-
cleſiæ duratione,
die Apoſtel wuͤrden nicht allezeit leben. Nun ſolte der
Schluͤſſel-Gewalt biß ans Ende der Welt waͤhren/ derowegen ſo muß das
Jus, die Gerechtigkeit biß ans Ende der Welt bleiben. 4. Ex analogia Ec-
cleſiæ Vet. Teſtamenti,
auß der Gleichheit der Kirchen des A. Teſtaments/
mit der Kirchen des N. Teſtaments/ als welche an jener Stelle kommen:
So nun jener vertrauet iſt/ was GOtt geredet hat/ Rom. 3/ 2.
Deßgleichen ſo ihro gehoͤret die Kindſchafft und die Herꝛlichkeit/
und der Bund/ und das Geſetz/ und der Gottesdienſt/ und die
Verheiſſung. Rom. 9/ 4. Warum ſolte dann dieſe davon außge-
ſchloſſen ſeyn? Ja bey allen Societaͤten und Zuſammenkunfften iſt das Jus
der Gemeine/ die Verordnung aber bey gewiſſen Deputirten. Dahero
auch in privat-Jnjurien je ein Chriſt dem andern verzeihen kan und ſoll/
und was als dann auff Erden vergeben/ ſoll auch Krafft im Himmel haben.
Jch ſage/ in privat-Aergernuſſen. Ja auch in caſu extraordinario, wann
einer keinen Beicht-Vater haben koͤnte/ moͤchte auch wol ein privat-Chriſt

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0242" n="224"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die Vierdte Predigt</hi> </fw><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">III. Characteri&#x017F;atis clericis,</hi> der geo&#x0364;lten und getra&#x0364;nckten Cle-<lb/>
ri&#x017F;ey. Die habe auch den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el/ aber <hi rendition="#aq">dependenter</hi> vom Pap&#x017F;t/ wie<lb/>
auch mit Vorbehalt etlicher Fa&#x0364;lle/ die allein von dem Pap&#x017F;t ko&#x0364;nnen <hi rendition="#aq">dijudi-</hi><lb/>
cirt und ent&#x017F;chieden werden. Jene aber &#x017F;eyen in ihrem Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el-Ampt<lb/>
nicht nur Botten und Ge&#x017F;andten GOttes/ die die Ver&#x017F;o&#x0364;hnung anbieten<lb/>
und verku&#x0364;ndigen/ <hi rendition="#aq">præcones pacis &amp; veniæ,</hi> Ehrenholden des Go&#x0364;ttlichen<lb/>
Friedens/ und Vergebung der Su&#x0364;nden; &#x017F;ondern gar Gewalthabende<lb/>
Obrigkeitliche Richter/ denen in der Ohren-Beicht alles haar-klein muß<lb/>
angezeiget werden/ daß &#x017F;ie hernach ihren Richterlichen Auß&#x017F;pruch daru&#x0364;ber<lb/>
ergehen la&#x017F;&#x017F;en/ und die Straffen und Bußen aufflegen ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
          <p>Die Schrifftma&#x0364;ßige Antwort auff die vorgelegte Frag/ <hi rendition="#aq">Cui data<lb/>
clavis?</hi> Wem der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el-Gewalt eingeha&#x0364;ndiget und u&#x0364;berant-<lb/>
wortet &#x017F;eye<hi rendition="#fr">?</hi> i&#x017F;t die&#x017F;e: <hi rendition="#aq">Quoad Jus ip&#x017F;um,</hi> was die Gerechtigkeit anlan-<lb/>
get/ der gantzen Gemeine und Kirche: J&#x017F;t zu erwei&#x017F;en 1. auß den<lb/>
Worten Chri&#x017F;ti Matth. 18/ 18. da Er redet mit dem gantzen Um&#x017F;tand<lb/>
&#x017F;einer Ju&#x0364;nger/ und &#x017F;agt: Warlich/ ich &#x017F;age euch: was ihr auff<lb/>
Erden binden werdet/ <hi rendition="#fr">&#xA75B;c.</hi> Und abermal: So &#x017F;age es der Ge-<lb/>
meine. Und ferner: Wo zween oder drey ver&#x017F;amlet &#x017F;eynd in<lb/>
meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Ey warum<lb/>
dann nicht/ wann eine gantze Kirche bey einander ver&#x017F;amlet? 2. <hi rendition="#aq">Ex offi-<lb/>
cio Eccle&#x017F;iæ,</hi> die Kirche i&#x017F;t GOttes Braut und Hauß-Ehre/ die muß auch<lb/>
den Raub außtheilen. Jhr &#x017F;eynd alle Scha&#x0364;tze der Kirchen/ unter welchen<lb/>
der <hi rendition="#aq">Indulgen</hi>tz- und Ablaß-Schatz der fu&#x0364;rnem&#x017F;te i&#x017F;t/ vertrauet 3. <hi rendition="#aq">Ex Ec-<lb/>
cle&#x017F;iæ duratione,</hi> die Apo&#x017F;tel wu&#x0364;rden nicht allezeit leben. Nun &#x017F;olte der<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el-Gewalt biß ans Ende der Welt wa&#x0364;hren/ derowegen &#x017F;o muß das<lb/><hi rendition="#aq">Jus,</hi> die Gerechtigkeit biß ans Ende der Welt bleiben. 4. <hi rendition="#aq">Ex analogia Ec-<lb/>
cle&#x017F;iæ Vet. Te&#x017F;tamenti,</hi> auß der Gleichheit der Kirchen des A. Te&#x017F;taments/<lb/>
mit der Kirchen des N. Te&#x017F;taments/ als welche an jener Stelle kommen:<lb/>
So nun jener vertrauet i&#x017F;t/ was GOtt geredet hat/ Rom. 3/ 2.<lb/>
Deßgleichen &#x017F;o ihro geho&#x0364;ret die Kind&#x017F;chafft und die Her&#xA75B;lichkeit/<lb/>
und der Bund/ und das Ge&#x017F;etz/ und der Gottesdien&#x017F;t/ und die<lb/>
Verhei&#x017F;&#x017F;ung. Rom. 9/ 4. Warum &#x017F;olte dann die&#x017F;e davon außge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn? Ja bey allen <hi rendition="#aq">Societ</hi>a&#x0364;ten und Zu&#x017F;ammenkunfften i&#x017F;t das <hi rendition="#aq">Jus</hi><lb/>
der Gemeine/ die Verordnung aber bey gewi&#x017F;&#x017F;en Deputirten. Dahero<lb/>
auch in <hi rendition="#aq">privat-</hi>Jnjurien je ein Chri&#x017F;t dem andern verzeihen kan und &#x017F;oll/<lb/>
und was als dann auff Erden vergeben/ &#x017F;oll auch Krafft im Himmel haben.<lb/>
Jch &#x017F;age/ in <hi rendition="#aq">privat-</hi>Aergernu&#x017F;&#x017F;en. Ja auch <hi rendition="#aq">in ca&#x017F;u extraordinario,</hi> wann<lb/>
einer keinen Beicht-Vater haben ko&#x0364;nte/ mo&#x0364;chte auch wol ein <hi rendition="#aq">privat-</hi>Chri&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0242] Die Vierdte Predigt III. Characteriſatis clericis, der geoͤlten und getraͤnckten Cle- riſey. Die habe auch den Schluͤſſel/ aber dependenter vom Papſt/ wie auch mit Vorbehalt etlicher Faͤlle/ die allein von dem Papſt koͤnnen dijudi- cirt und entſchieden werden. Jene aber ſeyen in ihrem Schluͤſſel-Ampt nicht nur Botten und Geſandten GOttes/ die die Verſoͤhnung anbieten und verkuͤndigen/ præcones pacis & veniæ, Ehrenholden des Goͤttlichen Friedens/ und Vergebung der Suͤnden; ſondern gar Gewalthabende Obrigkeitliche Richter/ denen in der Ohren-Beicht alles haar-klein muß angezeiget werden/ daß ſie hernach ihren Richterlichen Außſpruch daruͤber ergehen laſſen/ und die Straffen und Bußen aufflegen koͤnnen. Die Schrifftmaͤßige Antwort auff die vorgelegte Frag/ Cui data clavis? Wem der Schluͤſſel-Gewalt eingehaͤndiget und uͤberant- wortet ſeye? iſt dieſe: Quoad Jus ipſum, was die Gerechtigkeit anlan- get/ der gantzen Gemeine und Kirche: Jſt zu erweiſen 1. auß den Worten Chriſti Matth. 18/ 18. da Er redet mit dem gantzen Umſtand ſeiner Juͤnger/ und ſagt: Warlich/ ich ſage euch: was ihr auff Erden binden werdet/ ꝛc. Und abermal: So ſage es der Ge- meine. Und ferner: Wo zween oder drey verſamlet ſeynd in meinem Nahmen/ da bin ich mitten unter ihnen. Ey warum dann nicht/ wann eine gantze Kirche bey einander verſamlet? 2. Ex offi- cio Eccleſiæ, die Kirche iſt GOttes Braut und Hauß-Ehre/ die muß auch den Raub außtheilen. Jhr ſeynd alle Schaͤtze der Kirchen/ unter welchen der Indulgentz- und Ablaß-Schatz der fuͤrnemſte iſt/ vertrauet 3. Ex Ec- cleſiæ duratione, die Apoſtel wuͤrden nicht allezeit leben. Nun ſolte der Schluͤſſel-Gewalt biß ans Ende der Welt waͤhren/ derowegen ſo muß das Jus, die Gerechtigkeit biß ans Ende der Welt bleiben. 4. Ex analogia Ec- cleſiæ Vet. Teſtamenti, auß der Gleichheit der Kirchen des A. Teſtaments/ mit der Kirchen des N. Teſtaments/ als welche an jener Stelle kommen: So nun jener vertrauet iſt/ was GOtt geredet hat/ Rom. 3/ 2. Deßgleichen ſo ihro gehoͤret die Kindſchafft und die Herꝛlichkeit/ und der Bund/ und das Geſetz/ und der Gottesdienſt/ und die Verheiſſung. Rom. 9/ 4. Warum ſolte dann dieſe davon außge- ſchloſſen ſeyn? Ja bey allen Societaͤten und Zuſammenkunfften iſt das Jus der Gemeine/ die Verordnung aber bey gewiſſen Deputirten. Dahero auch in privat-Jnjurien je ein Chriſt dem andern verzeihen kan und ſoll/ und was als dann auff Erden vergeben/ ſoll auch Krafft im Himmel haben. Jch ſage/ in privat-Aergernuſſen. Ja auch in caſu extraordinario, wann einer keinen Beicht-Vater haben koͤnte/ moͤchte auch wol ein privat-Chriſt dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/242
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/242>, abgerufen am 24.11.2024.