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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
was schäd- und schändlich ist/ etlicher massen verstehen. Aristoteles in sei-
nen Moralibus hat das Mittel unter zweyen Extremis erfunden. Cicero
in seinen officiis erhärtet/ daß die Tugend und was ehrlich ist/ dem was
zwar nützlich aber ohne Commeat der Tugend ist/ fürzuziehen: Seneca von
Tugenden und Lastern; von Beneficiis, Gutthaten und Danckbarkeit/
subrile und unverwerffliche Gedancken gehabt/ und geführt. Valer. Ma-
ximus,
wie auch Justus Lipsius, haben gantze Catalogos und Register
zusammen getragen von Römischen Tugenden und Tapfferkeit/ jedoch so
seynd es nur rudera Paradisiaca, Füncklein von dem grossen Tugendliecht
deß Göttlichen Ebenbilds überlassen: ohne Göttliches/ übernatürliches/
himmlisches Liecht/ können wir der Sachen nicht gewiß seyn/ ob dieser oder
jener Gottesdienst/ diese oder jene gute Werck Gott gefällig/ die Vernunfft
sihet offters Gold für Messing/ und Messing für Gold an. Die Consci-
entia erronea,
das irrende und blinde Gewissen/ und der selbst-Betrug
führet als Töchter nach sich/ blinde Liebe/ blinden Gehorsam/ blinde De-
muth/ blinde Sanfftmuth etc. heißt öffters eine Andacht/ die GOtt im
Himmel ein Greuel ist/ einen Glauben/ so erst vor wenig hundert Jah-
ren auffkommen/ und nach und nach eingeschlichen/ heisse man den alten
Glauben; Christi und Pauli Reformation nach dem uhralten Wort
Gottes/ toun patroou Theoun, deß väterlichen Gottes/ muß unnöthige/ unzu-
läßliche Neuerung heissen; Es wird gemacht aus dem Aberglauben ein
Glauben/ aus der blinden Liebe ein tugendliche Liebe. Also hat man vor
Zeiten im blinden Papstthumb vielerley gute Werck erdacht. Auf gute In-
tentiones
und Andachten/ unterschiedliche Clöster/ Stiffter/ und andere
vermeynte Heiligthumb gebauet/ und noch dazu in solch selbsterwehltem
Gottesdienst gepranget/ da doch GOtt verboten/ den Augen nachzu-Deut. 12, 8.
huren/ zu thun/ was uns düncket. Alles was ich euch gebiete/
das solt ihr halten/ daß ihr darnach thut/ ihr solt nichts dar-
zu thun/ noch darvon thun: Mit Menschen-Gebot
(als son-
derbahrem Heiligthumb) wird Gott vergebens gedienet. Uber dasMatth. 15.
40, Cap. deß andern Buchs Mosis nimmt D. Luther wahr/ daß Moses
in Beschreibung der Auffrichtung deß Tabernaculs und Stifftshütten
zum achtenmal wiederholet: Wie der HERR befohlen hat/ zweif
felsfrey allem eigen-erwehlten Dienst vorzubeugen. Wars böse gemeint
daß die zween Söhne Aarons/ Nadab und Abihu frembdes Feuer für
den HErrn gebracht? Noch gleichwol kostet es sie das Leben. Hatte nicht
Gideon gute Andacht/ da er aus der Midianiter Beute einen Leib-Rock
zum Heiligthumb gemacht? Noch gleichwol gerieth es ihm und seinem
Hause zum Aergernüß. War es nicht eine treffliche Intention, wann

Saul
Achter Theil. Z z z z

Predigt.
was ſchaͤd- und ſchaͤndlich iſt/ etlicher maſſen verſtehen. Ariſtoteles in ſei-
nen Moralibus hat das Mittel unter zweyen Extremis erfunden. Cicero
in ſeinen officiis erhaͤrtet/ daß die Tugend und was ehrlich iſt/ dem was
zwar nuͤtzlich aber ohne Commeat der Tugend iſt/ fuͤrzuziehen: Seneca von
Tugenden und Laſtern; von Beneficiis, Gutthaten und Danckbarkeit/
ſubrile und unverwerffliche Gedancken gehabt/ und gefuͤhrt. Valer. Ma-
ximus,
wie auch Juſtus Lipſius, haben gantze Catalogos und Regiſter
zuſammen getragen von Roͤmiſchen Tugenden und Tapfferkeit/ jedoch ſo
ſeynd es nur rudera Paradiſiaca, Fuͤncklein von dem groſſen Tugendliecht
deß Goͤttlichen Ebenbilds uͤberlaſſen: ohne Goͤttliches/ uͤbernatuͤrliches/
himmliſches Liecht/ koͤnnen wir der Sachen nicht gewiß ſeyn/ ob dieſer oder
jener Gottesdienſt/ dieſe oder jene gute Werck Gott gefaͤllig/ die Vernunfft
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entia erronea,
das irrende und blinde Gewiſſen/ und der ſelbſt-Betrug
fuͤhret als Toͤchter nach ſich/ blinde Liebe/ blinden Gehorſam/ blinde De-
muth/ blinde Sanfftmuth ꝛc. heißt oͤffters eine Andacht/ die GOtt im
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ren auffkommen/ und nach und nach eingeſchlichen/ heiſſe man den alten
Glauben; Chriſti und Pauli Reformation nach dem uhralten Wort
Gottes/ του̃ πατρώου Θεου̃, deß vaͤterlichen Gottes/ muß unnoͤthige/ unzu-
laͤßliche Neuerung heiſſen; Es wird gemacht aus dem Aberglauben ein
Glauben/ aus der blinden Liebe ein tugendliche Liebe. Alſo hat man vor
Zeiten im blinden Papſtthumb vielerley gute Werck erdacht. Auf gute In-
tentiones
und Andachten/ unterſchiedliche Cloͤſter/ Stiffter/ und andere
vermeynte Heiligthumb gebauet/ und noch dazu in ſolch ſelbſterwehltem
Gottesdienſt gepranget/ da doch GOtt verboten/ den Augen nachzu-Deut. 12, 8.
huren/ zu thun/ was uns duͤncket. Alles was ich euch gebiete/
das ſolt ihr halten/ daß ihr darnach thut/ ihr ſolt nichts dar-
zu thun/ noch darvon thun: Mit Menſchen-Gebot
(als ſon-
derbahrem Heiligthumb) wird Gott vergebens gedienet. Uber dasMatth. 15.
40, Cap. deß andern Buchs Moſis nimmt D. Luther wahr/ daß Moſes
in Beſchreibung der Auffrichtung deß Tabernaculs und Stifftshuͤtten
zum achtenmal wiederholet: Wie der HERR befohlen hat/ zweif
felsfrey allem eigen-erwehlten Dienſt vorzubeugen. Wars boͤſe gemeint
daß die zween Soͤhne Aarons/ Nadab und Abihu frembdes Feuer fuͤr
den HErrn gebracht? Noch gleichwol koſtet es ſie das Leben. Hatte nicht
Gideon gute Andacht/ da er aus der Midianiter Beute einen Leib-Rock
zum Heiligthumb gemacht? Noch gleichwol gerieth es ihm und ſeinem
Hauſe zum Aergernuͤß. War es nicht eine treffliche Intention, wann

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Achter Theil. Z z z z
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[729/0753] Predigt. was ſchaͤd- und ſchaͤndlich iſt/ etlicher maſſen verſtehen. Ariſtoteles in ſei- nen Moralibus hat das Mittel unter zweyen Extremis erfunden. Cicero in ſeinen officiis erhaͤrtet/ daß die Tugend und was ehrlich iſt/ dem was zwar nuͤtzlich aber ohne Commeat der Tugend iſt/ fuͤrzuziehen: Seneca von Tugenden und Laſtern; von Beneficiis, Gutthaten und Danckbarkeit/ ſubrile und unverwerffliche Gedancken gehabt/ und gefuͤhrt. Valer. Ma- ximus, wie auch Juſtus Lipſius, haben gantze Catalogos und Regiſter zuſammen getragen von Roͤmiſchen Tugenden und Tapfferkeit/ jedoch ſo ſeynd es nur rudera Paradiſiaca, Fuͤncklein von dem groſſen Tugendliecht deß Goͤttlichen Ebenbilds uͤberlaſſen: ohne Goͤttliches/ uͤbernatuͤrliches/ himmliſches Liecht/ koͤnnen wir der Sachen nicht gewiß ſeyn/ ob dieſer oder jener Gottesdienſt/ dieſe oder jene gute Werck Gott gefaͤllig/ die Vernunfft ſihet offters Gold fuͤr Meſſing/ und Meſſing fuͤr Gold an. Die Conſci- entia erronea, das irrende und blinde Gewiſſen/ und der ſelbſt-Betrug fuͤhret als Toͤchter nach ſich/ blinde Liebe/ blinden Gehorſam/ blinde De- muth/ blinde Sanfftmuth ꝛc. heißt oͤffters eine Andacht/ die GOtt im Himmel ein Greuel iſt/ einen Glauben/ ſo erſt vor wenig hundert Jah- ren auffkommen/ und nach und nach eingeſchlichen/ heiſſe man den alten Glauben; Chriſti und Pauli Reformation nach dem uhralten Wort Gottes/ του̃ πατρώου Θεου̃, deß vaͤterlichen Gottes/ muß unnoͤthige/ unzu- laͤßliche Neuerung heiſſen; Es wird gemacht aus dem Aberglauben ein Glauben/ aus der blinden Liebe ein tugendliche Liebe. Alſo hat man vor Zeiten im blinden Papſtthumb vielerley gute Werck erdacht. Auf gute In- tentiones und Andachten/ unterſchiedliche Cloͤſter/ Stiffter/ und andere vermeynte Heiligthumb gebauet/ und noch dazu in ſolch ſelbſterwehltem Gottesdienſt gepranget/ da doch GOtt verboten/ den Augen nachzu- huren/ zu thun/ was uns duͤncket. Alles was ich euch gebiete/ das ſolt ihr halten/ daß ihr darnach thut/ ihr ſolt nichts dar- zu thun/ noch darvon thun: Mit Menſchen-Gebot (als ſon- derbahrem Heiligthumb) wird Gott vergebens gedienet. Uber das 40, Cap. deß andern Buchs Moſis nimmt D. Luther wahr/ daß Moſes in Beſchreibung der Auffrichtung deß Tabernaculs und Stifftshuͤtten zum achtenmal wiederholet: Wie der HERR befohlen hat/ zweif felsfrey allem eigen-erwehlten Dienſt vorzubeugen. Wars boͤſe gemeint daß die zween Soͤhne Aarons/ Nadab und Abihu frembdes Feuer fuͤr den HErrn gebracht? Noch gleichwol koſtet es ſie das Leben. Hatte nicht Gideon gute Andacht/ da er aus der Midianiter Beute einen Leib-Rock zum Heiligthumb gemacht? Noch gleichwol gerieth es ihm und ſeinem Hauſe zum Aergernuͤß. War es nicht eine treffliche Intention, wann Saul Deut. 12, 8. Matth. 15. Achter Theil. Z z z z

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/753>, abgerufen am 23.11.2024.