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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Predigt.
beut/ und gibt Leute und Bücher und allerley/ was darzu dienet/ und uns gleich
dazu reitzt/ und sein Buch gern wolt offen haben. O wie froh solten die lieben
Väter gewesen seyn/ wenn sie hätten können zur H. Schrifft kommen/ und die
Sprachen lernen/ als wir können. Wie haben sie mit so grosser Mühe und Fleiß
kaum die Brocken erlanget/ da wir mit halber/ ja schier ohne alle Arbeit/ das
gantze Brod gewinnen könten. O wie schändet ihr Fleiß unser Fausheit? ja
wie hart wird GOtt auch rächen solchen unsern Vnfleiß und Vndanckbarkeit?
Daher gehöret auch/ was St. Paulus 1. Cor. 14. wil/ daß in der Christenheit
soll das Vrtheil seyn über allerley Lehre/ dazu aller Dinge von nöthen ist die
Sprache zu wissen. Denn der Prediger oder Lehrer mag wol die Biblia durch
und durch lesen/ wie er wil/ er treffe oder fehle/ wenn niemand da ist/ der da urthei-
le/ ob ers recht mache oder nicht. Soll man denn urtheilen/ so muß Kunst der
Sprachen da seyn/ sonst ists verlohren. Darumb ob wol der Glaube und das
Evangelium durch schlechte Prediger mag ohne Sprachen geprediget werden/ so
gehet es doch faul und schwach/ und man wirds zuletzt müde und überdrüssig/
und fället zu Boden/ aber wo die Sprachen sind/ da gehet es frisch und starck/
und wird die Schrifft durchtrieben/ und findet sich der Glaube immer neu/ durch
andere und aber andere Wort und Werck; daß der 128. Psalm solch Studiren
in der Schrifft vergleicht einer Jagt/ und spricht. GOtt öffnet den Hirschen die
dicke Wälder/ und Psalm. 1. einem Baum der immer grünet/ und immer frisch
Wasser hat. Es soll uns auch nicht irren/ daß etliche sich deß Geistes rühmen/ und
die Schrifft geringe achten. Ethche auch/ wie die Brüder Waldenses/ die Spra-
chen nicht nützlich achten. Aber lieber Freund/ Geist hin/ Geist her/ ich bin auch
im Geist gewesen/ und habe auch Geist gesehen (wenns je gelten soll von eige-
nem Fleisch rühmen) vielleicht mehr/ denn eben dieselbige noch im Jahr sehen
werden/ wie fast sie auch sich rühmen. Auch hat mein Geist sich etwas be-
weiset/ so doch ihr Geist im Winckel gar stille ist/ und nicht vielmehr thut/ denn
seinen Ruhm auffwirfft. Das weiß ich aber wol/ wie fast der Geist alles allei-
ne thut/ wäre ich doch aller Püschen zu ferne gewest/ wo mir nicht die Sprachen
geholffen/ und mich der Schrifft sicher und gewiß gemacht hätten. Jch hätte
auch wol können fromm seyn/ und in der Stille predigen. Aber den Pabst und
die Sophisten mit sampt dem gantzen Antichristischen Regiment würde ich wol
haben lassen seyn/ was sie sind. Der Teuffel achtet meinen Geist nicht so fast/
als meine Sprache und Feder in der Schrifft. Denn mein Geist nimmt ihm
nichts/ denn mich allein. Aber die H. Schrifft und Sprachen machen ihm die
Welt zu enge/ und thut ihm Schaden in seinem Reiche.

Neben dem müssen auch die Propheten selbst/ die das Ampt der
Propheten in der Christenheit tragen/ und aus schuldiger Pflicht die H.
Schrifft außlegen sollen/ die jenige Hülffs-Mittel ergreiffen/ die GOTT
der HErr in H. Schrifft zu bemeltem Zweck consecrirt und heiliget.
Nemlich die medicam, die andächtige Arbeit/ nachsinnen/ nach forschen:
GOtt der HErr hat einen schönen grossen Acker in der H. Schrifft uns
fürgelegt/ aber er wil gebauet/ gepflüget und erforschet seyn/ er reinet uns
nicht alles unmittelbar in die Nase und Mund hinein. Ohne Arbeit und

Mühe
Predigt.
beut/ und gibt Leute und Buͤcher und allerley/ was darzu dienet/ und uns gleich
dazu reitzt/ und ſein Buch gern wolt offen haben. O wie froh ſolten die lieben
Vaͤter geweſen ſeyn/ wenn ſie haͤtten koͤnnen zur H. Schrifft kommen/ und die
Sprachen lernen/ als wir koͤnnen. Wie haben ſie mit ſo groſſer Muͤhe und Fleiß
kaum die Brocken erlanget/ da wir mit halber/ ja ſchier ohne alle Arbeit/ das
gantze Brod gewinnen koͤnten. O wie ſchaͤndet ihr Fleiß unſer Fauſheit? ja
wie hart wird GOtt auch raͤchen ſolchen unſern Vnfleiß und Vndanckbarkeit?
Daher gehoͤret auch/ was St. Paulus 1. Cor. 14. wil/ daß in der Chriſtenheit
ſoll das Vrtheil ſeyn uͤber allerley Lehre/ dazu aller Dinge von noͤthen iſt die
Sprache zu wiſſen. Denn der Prediger oder Lehrer mag wol die Biblia durch
und durch leſen/ wie er wil/ er treffe oder fehle/ wenn niemand da iſt/ der da urthei-
le/ ob ers recht mache oder nicht. Soll man denn urtheilen/ ſo muß Kunſt der
Sprachen da ſeyn/ ſonſt iſts verlohren. Darumb ob wol der Glaube und das
Evangelium durch ſchlechte Prediger mag ohne Sprachen geprediget werden/ ſo
gehet es doch faul und ſchwach/ und man wirds zuletzt muͤde und uͤberdruͤſſig/
und faͤllet zu Boden/ aber wo die Sprachen ſind/ da gehet es friſch und ſtarck/
und wird die Schrifft durchtrieben/ und findet ſich der Glaube immer neu/ durch
andere und aber andere Wort und Werck; daß der 128. Pſalm ſolch Studiren
in der Schrifft vergleicht einer Jagt/ und ſpricht. GOtt oͤffnet den Hirſchen die
dicke Waͤlder/ und Pſalm. 1. einem Baum der immer gruͤnet/ und immer friſch
Waſſer hat. Es ſoll uns auch nicht irren/ daß etliche ſich deß Geiſtes ruͤhmen/ und
die Schrifft geringe achten. Ethche auch/ wie die Bruͤder Waldenſes/ die Spra-
chen nicht nuͤtzlich achten. Aber lieber Freund/ Geiſt hin/ Geiſt her/ ich bin auch
im Geiſt geweſen/ und habe auch Geiſt geſehen (wenns je gelten ſoll von eige-
nem Fleiſch ruͤhmen) vielleicht mehr/ denn eben dieſelbige noch im Jahr ſehen
werden/ wie faſt ſie auch ſich ruͤhmen. Auch hat mein Geiſt ſich etwas be-
weiſet/ ſo doch ihr Geiſt im Winckel gar ſtille iſt/ und nicht vielmehr thut/ denn
ſeinen Ruhm auffwirfft. Das weiß ich aber wol/ wie faſt der Geiſt alles allei-
ne thut/ waͤre ich doch aller Puͤſchen zu ferne geweſt/ wo mir nicht die Sprachen
geholffen/ und mich der Schrifft ſicher und gewiß gemacht haͤtten. Jch haͤtte
auch wol koͤnnen fromm ſeyn/ und in der Stille predigen. Aber den Pabſt und
die Sophiſten mit ſampt dem gantzen Antichriſtiſchen Regiment wuͤrde ich wol
haben laſſen ſeyn/ was ſie ſind. Der Teuffel achtet meinen Geiſt nicht ſo faſt/
als meine Sprache und Feder in der Schrifft. Denn mein Geiſt nimmt ihm
nichts/ denn mich allein. Aber die H. Schrifft und Sprachen machen ihm die
Welt zu enge/ und thut ihm Schaden in ſeinem Reiche.

Neben dem muͤſſen auch die Propheten ſelbſt/ die das Ampt der
Propheten in der Chriſtenheit tragen/ und aus ſchuldiger Pflicht die H.
Schrifft außlegen ſollen/ die jenige Huͤlffs-Mittel ergreiffen/ die GOTT
der HErr in H. Schrifft zu bemeltem Zweck conſecrirt und heiliget.
Nemlich die medicam, die andaͤchtige Arbeit/ nachſinnen/ nach forſchen:
GOtt der HErr hat einen ſchoͤnen groſſen Acker in der H. Schrifft uns
fuͤrgelegt/ aber er wil gebauet/ gepfluͤget und erforſchet ſeyn/ er reinet uns
nicht alles unmittelbar in die Naſe und Mund hinein. Ohne Arbeit und

Muͤhe
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[695/0719] Predigt. beut/ und gibt Leute und Buͤcher und allerley/ was darzu dienet/ und uns gleich dazu reitzt/ und ſein Buch gern wolt offen haben. O wie froh ſolten die lieben Vaͤter geweſen ſeyn/ wenn ſie haͤtten koͤnnen zur H. Schrifft kommen/ und die Sprachen lernen/ als wir koͤnnen. Wie haben ſie mit ſo groſſer Muͤhe und Fleiß kaum die Brocken erlanget/ da wir mit halber/ ja ſchier ohne alle Arbeit/ das gantze Brod gewinnen koͤnten. O wie ſchaͤndet ihr Fleiß unſer Fauſheit? ja wie hart wird GOtt auch raͤchen ſolchen unſern Vnfleiß und Vndanckbarkeit? Daher gehoͤret auch/ was St. Paulus 1. Cor. 14. wil/ daß in der Chriſtenheit ſoll das Vrtheil ſeyn uͤber allerley Lehre/ dazu aller Dinge von noͤthen iſt die Sprache zu wiſſen. Denn der Prediger oder Lehrer mag wol die Biblia durch und durch leſen/ wie er wil/ er treffe oder fehle/ wenn niemand da iſt/ der da urthei- le/ ob ers recht mache oder nicht. Soll man denn urtheilen/ ſo muß Kunſt der Sprachen da ſeyn/ ſonſt iſts verlohren. Darumb ob wol der Glaube und das Evangelium durch ſchlechte Prediger mag ohne Sprachen geprediget werden/ ſo gehet es doch faul und ſchwach/ und man wirds zuletzt muͤde und uͤberdruͤſſig/ und faͤllet zu Boden/ aber wo die Sprachen ſind/ da gehet es friſch und ſtarck/ und wird die Schrifft durchtrieben/ und findet ſich der Glaube immer neu/ durch andere und aber andere Wort und Werck; daß der 128. Pſalm ſolch Studiren in der Schrifft vergleicht einer Jagt/ und ſpricht. GOtt oͤffnet den Hirſchen die dicke Waͤlder/ und Pſalm. 1. einem Baum der immer gruͤnet/ und immer friſch Waſſer hat. Es ſoll uns auch nicht irren/ daß etliche ſich deß Geiſtes ruͤhmen/ und die Schrifft geringe achten. Ethche auch/ wie die Bruͤder Waldenſes/ die Spra- chen nicht nuͤtzlich achten. Aber lieber Freund/ Geiſt hin/ Geiſt her/ ich bin auch im Geiſt geweſen/ und habe auch Geiſt geſehen (wenns je gelten ſoll von eige- nem Fleiſch ruͤhmen) vielleicht mehr/ denn eben dieſelbige noch im Jahr ſehen werden/ wie faſt ſie auch ſich ruͤhmen. Auch hat mein Geiſt ſich etwas be- weiſet/ ſo doch ihr Geiſt im Winckel gar ſtille iſt/ und nicht vielmehr thut/ denn ſeinen Ruhm auffwirfft. Das weiß ich aber wol/ wie faſt der Geiſt alles allei- ne thut/ waͤre ich doch aller Puͤſchen zu ferne geweſt/ wo mir nicht die Sprachen geholffen/ und mich der Schrifft ſicher und gewiß gemacht haͤtten. Jch haͤtte auch wol koͤnnen fromm ſeyn/ und in der Stille predigen. Aber den Pabſt und die Sophiſten mit ſampt dem gantzen Antichriſtiſchen Regiment wuͤrde ich wol haben laſſen ſeyn/ was ſie ſind. Der Teuffel achtet meinen Geiſt nicht ſo faſt/ als meine Sprache und Feder in der Schrifft. Denn mein Geiſt nimmt ihm nichts/ denn mich allein. Aber die H. Schrifft und Sprachen machen ihm die Welt zu enge/ und thut ihm Schaden in ſeinem Reiche. Neben dem muͤſſen auch die Propheten ſelbſt/ die das Ampt der Propheten in der Chriſtenheit tragen/ und aus ſchuldiger Pflicht die H. Schrifft außlegen ſollen/ die jenige Huͤlffs-Mittel ergreiffen/ die GOTT der HErr in H. Schrifft zu bemeltem Zweck conſecrirt und heiliget. Nemlich die medicam, die andaͤchtige Arbeit/ nachſinnen/ nach forſchen: GOtt der HErr hat einen ſchoͤnen groſſen Acker in der H. Schrifft uns fuͤrgelegt/ aber er wil gebauet/ gepfluͤget und erforſchet ſeyn/ er reinet uns nicht alles unmittelbar in die Naſe und Mund hinein. Ohne Arbeit und Muͤhe

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/719>, abgerufen am 22.11.2024.