Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

Bild:
<< vorherige Seite

Die siebende
das an auff den heutigen Tag? Der unmittelbare Beruff hat längst ex-
pir
irt/ Christus rufft in dieser Zeit keinen mit Nahmen; Sondern aller
Beruff geschicht durch Menschen/ durch Menschliche Churen und Wah-
len. Wie kan ich meinem Lehr-Ampt deß Göttlichen Beruffs in meinem
Hertzen gewiß und gesichert seyn? Wahr ist es freylich/ zu letst hat Gott
der HErr durch Christum seinen Sohn geredet und beruffen/ und damit
den unmittelbaren Beruff geschlossen: Darum uns auch der Fanatico-
rum,
der Schwärmer/ der himmlischen Propheten/ der Quäcker/ der En-
thusiasten und anderer Phantasten Einbildungen/ Träume/ Göttliche
Gespräch/ Entzuckungen/ gantz verdächtig soll fürkommen. Sintemal
wie droben gehört/ auch den ungezweiffelten heiligen Männern Gottes
dergleichen Bewegungen nicht begegneten/ sie seyen dann zuvor äusserlich
durch das Wort Gottes beruffen geweßt/ alles um so viel desto weniger/
weil besagter raptus, Entzuckung/ rasen/ zittern und beben/ violenter
und gewaltsamer Weise geschicht/ und deß Sathans Pythonibus (die ih-
rer selbst nicht mächtig) gleicher/ als den Bewegungen deß Göttlichen
Geistes/ als welcher den Menschen nicht siderirt/ und mit Gewalt zu pre-
digen dringet: Daher Lutherus in der Rand-Gloß (ad 1. Cor. 14.) wol
observirt/ da er sagt: Etliche meynen/ weil sie den Verstand
und deß Geistes Gaben haben/ sollen sie niemand weichen
noch schweigen/ darauß dann Secten und Zwitracht folgen;
Aber St. Paulus spricht hie/ sie sollen und mögen wol wei-
chen/ sintemal die Gaben des Geistes in ihrer Macht stehen/
ihr nicht zu brauchen wider die Einigkeit/ daß sie nicht sagen
dörffen/ der Geist treibe und zwinge sie.
Unterdeß aber gehet
uns an der Divinität oder Göttlichkeit unsers heutigen Beruffs nichts
ab/ der substantz und Wesen nach ist der mittel- und unmittelbare Be-
ruff ein Ding/ einer so wol Göttlich/ als der ander/ aber in der Helle und
Grad ist der Unterscheid: Daß uns jener nicht so hell und klar in die Au-
gen leuchtet/ auch mit solchen hohen Ampts-Gaben begleitet ist/ wie die-
ser. Gleichwie nicht nur Aaron/ der unmittelbar von GOtt/ durch
Mosis Anzeig/ zum Hohenpriesterlichen Ampt beruffen/ sondern auch sei-
ne Söhn in ihm/ die noch in seinen Lenden gesteckt/ und vermittelst der
Geburt erblich von Aaron herkommen/ eines Göttlichen Beruffs sich zu-
erfreuen gehabt/ Aaron ward abgesondert/ daß er geheiliget
würde zum Allerheiligsten/ er und seine Söhne ewiglich/ zu
räuchern für dem HERRN/ und zu dienen/ und zu segnen in

dem

Die ſiebende
das an auff den heutigen Tag? Der unmittelbare Beruff hat laͤngſt ex-
pir
irt/ Chriſtus rufft in dieſer Zeit keinen mit Nahmen; Sondern aller
Beruff geſchicht durch Menſchen/ durch Menſchliche Churen und Wah-
len. Wie kan ich meinem Lehr-Ampt deß Goͤttlichen Beruffs in meinem
Hertzen gewiß und geſichert ſeyn? Wahr iſt es freylich/ zu letſt hat Gott
der HErꝛ durch Chriſtum ſeinen Sohn geredet und beruffen/ und damit
den unmittelbaren Beruff geſchloſſen: Darum uns auch der Fanatico-
rum,
der Schwaͤrmer/ der himmliſchen Propheten/ der Quaͤcker/ der En-
thuſiaſten und anderer Phantaſten Einbildungen/ Traͤume/ Goͤttliche
Geſpraͤch/ Entzuckungen/ gantz verdaͤchtig ſoll fuͤrkommen. Sintemal
wie droben gehoͤrt/ auch den ungezweiffelten heiligen Maͤnnern Gottes
dergleichen Bewegungen nicht begegneten/ ſie ſeyen dann zuvor aͤuſſerlich
durch das Wort Gottes beruffen geweßt/ alles um ſo viel deſto weniger/
weil beſagter raptus, Entzuckung/ raſen/ zittern und beben/ violenter
und gewaltſamer Weiſe geſchicht/ und deß Sathans Pythonibus (die ih-
rer ſelbſt nicht maͤchtig) gleicher/ als den Bewegungen deß Goͤttlichen
Geiſtes/ als welcher den Menſchen nicht ſiderirt/ und mit Gewalt zu pre-
digen dringet: Daher Lutherus in der Rand-Gloß (ad 1. Cor. 14.) wol
obſervirt/ da er ſagt: Etliche meynen/ weil ſie den Verſtand
und deß Geiſtes Gaben haben/ ſollen ſie niemand weichen
noch ſchweigen/ darauß dann Secten und Zwitracht folgen;
Aber St. Paulus ſpricht hie/ ſie ſollen und moͤgen wol wei-
chen/ ſintemal die Gaben des Geiſtes in ihrer Macht ſtehen/
ihr nicht zu brauchen wider die Einigkeit/ daß ſie nicht ſagen
doͤrffen/ der Geiſt treibe und zwinge ſie.
Unterdeß aber gehet
uns an der Divinitaͤt oder Goͤttlichkeit unſers heutigen Beruffs nichts
ab/ der ſubſtantz und Weſen nach iſt der mittel- und unmittelbare Be-
ruff ein Ding/ einer ſo wol Goͤttlich/ als der ander/ aber in der Helle und
Grad iſt der Unterſcheid: Daß uns jener nicht ſo hell und klar in die Au-
gen leuchtet/ auch mit ſolchen hohen Ampts-Gaben begleitet iſt/ wie die-
ſer. Gleichwie nicht nur Aaron/ der unmittelbar von GOtt/ durch
Moſis Anzeig/ zum Hohenprieſterlichen Ampt beruffen/ ſondern auch ſei-
ne Soͤhn in ihm/ die noch in ſeinen Lenden geſteckt/ und vermittelſt der
Geburt erblich von Aaron herkommen/ eines Goͤttlichen Beruffs ſich zu-
erfreuen gehabt/ Aaron ward abgeſondert/ daß er geheiliget
wuͤrde zum Allerheiligſten/ er und ſeine Soͤhne ewiglich/ zu
raͤuchern fuͤr dem HERRN/ und zu dienen/ und zu ſegnen in

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0364" n="340"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die &#x017F;iebende</hi></fw><lb/>
das an auff den heutigen Tag? Der unmittelbare Beruff hat la&#x0364;ng&#x017F;t <hi rendition="#aq">ex-<lb/>
pir</hi>irt/ Chri&#x017F;tus rufft in die&#x017F;er Zeit keinen mit Nahmen; Sondern aller<lb/>
Beruff ge&#x017F;chicht durch Men&#x017F;chen/ durch Men&#x017F;chliche Churen und Wah-<lb/>
len. Wie kan ich meinem Lehr-Ampt deß Go&#x0364;ttlichen Beruffs in meinem<lb/>
Hertzen gewiß und ge&#x017F;ichert &#x017F;eyn? Wahr i&#x017F;t es freylich/ zu let&#x017F;t hat <hi rendition="#k">Gott</hi><lb/>
der HEr&#xA75B; durch Chri&#x017F;tum &#x017F;einen Sohn geredet und beruffen/ und damit<lb/>
den unmittelbaren Beruff ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en: Darum uns auch der <hi rendition="#aq">Fanatico-<lb/>
rum,</hi> der Schwa&#x0364;rmer/ der himmli&#x017F;chen Propheten/ der Qua&#x0364;cker/ der En-<lb/>
thu&#x017F;ia&#x017F;ten und anderer Phanta&#x017F;ten Einbildungen/ Tra&#x0364;ume/ Go&#x0364;ttliche<lb/>
Ge&#x017F;pra&#x0364;ch/ Entzuckungen/ gantz verda&#x0364;chtig &#x017F;oll fu&#x0364;rkommen. Sintemal<lb/>
wie droben geho&#x0364;rt/ auch den ungezweiffelten heiligen Ma&#x0364;nnern Gottes<lb/>
dergleichen Bewegungen nicht begegneten/ &#x017F;ie &#x017F;eyen dann zuvor a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich<lb/>
durch das Wort Gottes beruffen geweßt/ alles um &#x017F;o viel de&#x017F;to weniger/<lb/>
weil be&#x017F;agter <hi rendition="#aq">raptus,</hi> Entzuckung/ ra&#x017F;en/ zittern und beben/ <hi rendition="#aq">violenter</hi><lb/>
und gewalt&#x017F;amer Wei&#x017F;e ge&#x017F;chicht/ und deß Sathans <hi rendition="#aq">Pythonibus</hi> (die ih-<lb/>
rer &#x017F;elb&#x017F;t nicht ma&#x0364;chtig) gleicher/ als den Bewegungen deß Go&#x0364;ttlichen<lb/>
Gei&#x017F;tes/ als welcher den Men&#x017F;chen nicht <hi rendition="#aq">&#x017F;ide</hi>r<hi rendition="#aq">i</hi>rt/ und mit Gewalt zu pre-<lb/>
digen dringet: Daher <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> in der Rand-Gloß (<hi rendition="#aq">ad 1. Cor.</hi> 14.) wol<lb/><hi rendition="#aq">ob&#x017F;erv</hi>irt/ da er &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Etliche meynen/ weil &#x017F;ie den Ver&#x017F;tand<lb/>
und deß Gei&#x017F;tes Gaben haben/ &#x017F;ollen &#x017F;ie niemand weichen<lb/>
noch &#x017F;chweigen/ darauß dann Secten und Zwitracht folgen;<lb/>
Aber St. Paulus &#x017F;pricht hie/ &#x017F;ie &#x017F;ollen und mo&#x0364;gen wol wei-<lb/>
chen/ &#x017F;intemal die Gaben des Gei&#x017F;tes in ihrer Macht &#x017F;tehen/<lb/>
ihr nicht zu brauchen wider die Einigkeit/ daß &#x017F;ie nicht &#x017F;agen<lb/>
do&#x0364;rffen/ der Gei&#x017F;t treibe und zwinge &#x017F;ie.</hi> Unterdeß aber gehet<lb/>
uns an der <hi rendition="#aq">Divini</hi>ta&#x0364;t oder Go&#x0364;ttlichkeit un&#x017F;ers heutigen Beruffs nichts<lb/>
ab/ der <hi rendition="#aq">&#x017F;ub&#x017F;tantz</hi> und We&#x017F;en nach i&#x017F;t der mittel- und unmittelbare Be-<lb/>
ruff ein Ding/ einer &#x017F;o wol Go&#x0364;ttlich/ als der ander/ aber in der Helle und<lb/>
Grad i&#x017F;t der Unter&#x017F;cheid: Daß uns jener nicht &#x017F;o hell und klar in die Au-<lb/>
gen leuchtet/ auch mit &#x017F;olchen hohen Ampts-Gaben begleitet i&#x017F;t/ wie die-<lb/>
&#x017F;er. Gleichwie nicht nur Aaron/ der unmittelbar von <hi rendition="#k">GOtt/</hi> durch<lb/>
Mo&#x017F;is Anzeig/ zum Hohenprie&#x017F;terlichen Ampt beruffen/ &#x017F;ondern auch &#x017F;ei-<lb/>
ne So&#x0364;hn in ihm/ die noch in &#x017F;einen Lenden ge&#x017F;teckt/ und vermittel&#x017F;t der<lb/>
Geburt erblich von Aaron herkommen/ eines Go&#x0364;ttlichen Beruffs &#x017F;ich zu-<lb/>
erfreuen gehabt/ <hi rendition="#fr">Aaron ward abge&#x017F;ondert/ daß er geheiliget<lb/>
wu&#x0364;rde zum Allerheilig&#x017F;ten/ er und &#x017F;eine So&#x0364;hne ewiglich/ zu<lb/>
ra&#x0364;uchern fu&#x0364;r dem HERRN/ und zu dienen/ und zu &#x017F;egnen in</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">dem</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0364] Die ſiebende das an auff den heutigen Tag? Der unmittelbare Beruff hat laͤngſt ex- pirirt/ Chriſtus rufft in dieſer Zeit keinen mit Nahmen; Sondern aller Beruff geſchicht durch Menſchen/ durch Menſchliche Churen und Wah- len. Wie kan ich meinem Lehr-Ampt deß Goͤttlichen Beruffs in meinem Hertzen gewiß und geſichert ſeyn? Wahr iſt es freylich/ zu letſt hat Gott der HErꝛ durch Chriſtum ſeinen Sohn geredet und beruffen/ und damit den unmittelbaren Beruff geſchloſſen: Darum uns auch der Fanatico- rum, der Schwaͤrmer/ der himmliſchen Propheten/ der Quaͤcker/ der En- thuſiaſten und anderer Phantaſten Einbildungen/ Traͤume/ Goͤttliche Geſpraͤch/ Entzuckungen/ gantz verdaͤchtig ſoll fuͤrkommen. Sintemal wie droben gehoͤrt/ auch den ungezweiffelten heiligen Maͤnnern Gottes dergleichen Bewegungen nicht begegneten/ ſie ſeyen dann zuvor aͤuſſerlich durch das Wort Gottes beruffen geweßt/ alles um ſo viel deſto weniger/ weil beſagter raptus, Entzuckung/ raſen/ zittern und beben/ violenter und gewaltſamer Weiſe geſchicht/ und deß Sathans Pythonibus (die ih- rer ſelbſt nicht maͤchtig) gleicher/ als den Bewegungen deß Goͤttlichen Geiſtes/ als welcher den Menſchen nicht ſiderirt/ und mit Gewalt zu pre- digen dringet: Daher Lutherus in der Rand-Gloß (ad 1. Cor. 14.) wol obſervirt/ da er ſagt: Etliche meynen/ weil ſie den Verſtand und deß Geiſtes Gaben haben/ ſollen ſie niemand weichen noch ſchweigen/ darauß dann Secten und Zwitracht folgen; Aber St. Paulus ſpricht hie/ ſie ſollen und moͤgen wol wei- chen/ ſintemal die Gaben des Geiſtes in ihrer Macht ſtehen/ ihr nicht zu brauchen wider die Einigkeit/ daß ſie nicht ſagen doͤrffen/ der Geiſt treibe und zwinge ſie. Unterdeß aber gehet uns an der Divinitaͤt oder Goͤttlichkeit unſers heutigen Beruffs nichts ab/ der ſubſtantz und Weſen nach iſt der mittel- und unmittelbare Be- ruff ein Ding/ einer ſo wol Goͤttlich/ als der ander/ aber in der Helle und Grad iſt der Unterſcheid: Daß uns jener nicht ſo hell und klar in die Au- gen leuchtet/ auch mit ſolchen hohen Ampts-Gaben begleitet iſt/ wie die- ſer. Gleichwie nicht nur Aaron/ der unmittelbar von GOtt/ durch Moſis Anzeig/ zum Hohenprieſterlichen Ampt beruffen/ ſondern auch ſei- ne Soͤhn in ihm/ die noch in ſeinen Lenden geſteckt/ und vermittelſt der Geburt erblich von Aaron herkommen/ eines Goͤttlichen Beruffs ſich zu- erfreuen gehabt/ Aaron ward abgeſondert/ daß er geheiliget wuͤrde zum Allerheiligſten/ er und ſeine Soͤhne ewiglich/ zu raͤuchern fuͤr dem HERRN/ und zu dienen/ und zu ſegnen in dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/364
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/364>, abgerufen am 27.05.2024.