Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.Neuere Staatsverfassung. England. Deputirten der Grafschaften, mochten sie sich auch ritter-lichen Standes rühmen, sich von den Lords entfernt und zu den städtischen Abgeordneten hielten, mit welchen sie in gleicher Lage waren. Ober- und Unterhaus sind gleich unter Eduard I. geschieden, und alle Steuern müssen vom Unterhause bewilligt seyn. Aber das Unterhaus knüpft Bedingungen an seine Steuer-Bewilligungen, und erlangt dadurch auch einen Antheil an der gesetzgebenden Gewalt. 74. Mit der Bildung einer Wahlkammer im Parla- Neuere Staatsverfaſſung. England. Deputirten der Grafſchaften, mochten ſie ſich auch ritter-lichen Standes ruͤhmen, ſich von den Lords entfernt und zu den ſtaͤdtiſchen Abgeordneten hielten, mit welchen ſie in gleicher Lage waren. Ober- und Unterhaus ſind gleich unter Eduard I. geſchieden, und alle Steuern muͤſſen vom Unterhauſe bewilligt ſeyn. Aber das Unterhaus knuͤpft Bedingungen an ſeine Steuer-Bewilligungen, und erlangt dadurch auch einen Antheil an der geſetzgebenden Gewalt. 74. Mit der Bildung einer Wahlkammer im Parla- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0069" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuere Staatsverfaſſung. England</hi>.</fw><lb/> Deputirten der Grafſchaften, mochten ſie ſich auch ritter-<lb/> lichen Standes ruͤhmen, ſich von den Lords entfernt und<lb/> zu den ſtaͤdtiſchen Abgeordneten hielten, mit welchen ſie<lb/> in gleicher Lage waren. Ober- und Unterhaus ſind gleich<lb/> unter Eduard <hi rendition="#aq">I.</hi> geſchieden, und alle Steuern muͤſſen<lb/> vom Unterhauſe bewilligt ſeyn. Aber das Unterhaus<lb/> knuͤpft Bedingungen an ſeine Steuer-Bewilligungen, und<lb/> erlangt dadurch auch einen Antheil an der geſetzgebenden<lb/> Gewalt.</p><lb/> <p>74. Mit der Bildung einer Wahlkammer im Parla-<lb/> ment, welche einen nothwendigen Antheil an der allgemei-<lb/> nen Geſetzgebung hat, hoͤrt das bloße Nebeneinander in<lb/> der Engliſchen Staats-Verfaſſung auf; die Staatsgewal-<lb/> ten treten in eine organiſche Verbindung. Dennoch wuͤrde<lb/> ein Verhaͤltniß, wie zwiſchen Siegern und Beſiegten, uͤbrig<lb/> geblieben ſeyn, wenn die durch das Unterhaus vertretenen<lb/> Gemeinden fortwaͤhrend die Laſt der Abgaben faſt allein<lb/> getragen haͤtten. Es verſchwand, ſeit 1) die Lords ſich<lb/> allen Steuern, directen und indirecten, unterwarfen, und<lb/> gleichwohl die Bewilligung der Steuern nach wie vor dem<lb/> Unterhauſe anheimſtellten, ſich lediglich die Rechte der all-<lb/> gemeinen Zuſtimmung vorbehaltend, ſeit ſie 2) alle Lehns-<lb/> rechte aufgaben, ſeit 3) der Koͤnig das Recht geltend<lb/> machte, Lords beliebig zu ernennen (1377.); 4) dadurch,<lb/> daß die juͤngeren Soͤhne der Lords ſich dem buͤrgerlichen<lb/> Leben und Gewerbe zu widmen anfingen, haͤufig auch als<lb/> Deputirte im Unterhauſe erſchienen. Endlich 5) hat die<lb/> Weisheit Koͤnig Wilhelms <hi rendition="#aq">IV.</hi> mittelſt der Reform-Acte<lb/> vom Jahre 1832. den großen und gefaͤhrlichen Einfluß be-<lb/> ſeitigt, welchen die Lords bis dahin unmittelbar und mittel-<lb/> bar auf die Wahlen der Mitglieder des Unterhauſes uͤbten.</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0069]
Neuere Staatsverfaſſung. England.
Deputirten der Grafſchaften, mochten ſie ſich auch ritter-
lichen Standes ruͤhmen, ſich von den Lords entfernt und
zu den ſtaͤdtiſchen Abgeordneten hielten, mit welchen ſie
in gleicher Lage waren. Ober- und Unterhaus ſind gleich
unter Eduard I. geſchieden, und alle Steuern muͤſſen
vom Unterhauſe bewilligt ſeyn. Aber das Unterhaus
knuͤpft Bedingungen an ſeine Steuer-Bewilligungen, und
erlangt dadurch auch einen Antheil an der geſetzgebenden
Gewalt.
74. Mit der Bildung einer Wahlkammer im Parla-
ment, welche einen nothwendigen Antheil an der allgemei-
nen Geſetzgebung hat, hoͤrt das bloße Nebeneinander in
der Engliſchen Staats-Verfaſſung auf; die Staatsgewal-
ten treten in eine organiſche Verbindung. Dennoch wuͤrde
ein Verhaͤltniß, wie zwiſchen Siegern und Beſiegten, uͤbrig
geblieben ſeyn, wenn die durch das Unterhaus vertretenen
Gemeinden fortwaͤhrend die Laſt der Abgaben faſt allein
getragen haͤtten. Es verſchwand, ſeit 1) die Lords ſich
allen Steuern, directen und indirecten, unterwarfen, und
gleichwohl die Bewilligung der Steuern nach wie vor dem
Unterhauſe anheimſtellten, ſich lediglich die Rechte der all-
gemeinen Zuſtimmung vorbehaltend, ſeit ſie 2) alle Lehns-
rechte aufgaben, ſeit 3) der Koͤnig das Recht geltend
machte, Lords beliebig zu ernennen (1377.); 4) dadurch,
daß die juͤngeren Soͤhne der Lords ſich dem buͤrgerlichen
Leben und Gewerbe zu widmen anfingen, haͤufig auch als
Deputirte im Unterhauſe erſchienen. Endlich 5) hat die
Weisheit Koͤnig Wilhelms IV. mittelſt der Reform-Acte
vom Jahre 1832. den großen und gefaͤhrlichen Einfluß be-
ſeitigt, welchen die Lords bis dahin unmittelbar und mittel-
bar auf die Wahlen der Mitglieder des Unterhauſes uͤbten.
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