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Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835.

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Von der Fortbildung der Staatsbürger.
politische Institutionen zur Folge haben. Nur diesen schließt
sich der Staatshaushalt auf (Alles was früher so aussieht,
ist nur ein Klingeln mit den Schlüsseln vor verschlossener
Thüre), nur diesen der Grund der Gesetzgebung. Dem
ist nun unerfreulich so; aber ist es nicht besser als Unaus-
führbarkeiten träumen, dem geradezu ins Gesicht zu sehen,
und sollte sich auch noch mehr Unfreude daran knüpfen?
Denn sehr wahrscheinlich werden die Großmächte das Gut,
welches ihre Unterthanen missen, ungern in den Händen
anderer Unterthanen im Bunde sehen; die Presse könnte
zur Macht gegen sie wachsen, könnte auch mit andern
Europäischen Mächten in Verwickelung führen, gemisbraucht
und selbst bloß gebraucht. Denn manche schwere Thaten
sind geschehen, die keine frische Berührung dulden.

288. Ist nun das Alles darum ans Licht gestellt, um
diesen Theil unsres Volks zu überzeugen, er müsse sich in
die nothwendige Nichtigkeit seiner Preßfreiheit ergeben?
Keineswegs; nur um ihn zu vermögen, den Blick von dem
Gipfel begeisterter Wünsche einstweilen abzuwenden und
auf die mäßige Höhe des ohne Umwälzung der bestehen-
den Verhältnisse gegenwärtig Erreichbaren zu richten. Wenn
von der einen Seite was erreichbar, von der andern
was mit Erfolg zu verbieten ist, erkannt wird, dann
erst kann der gute Wille wirksam in die Mitte treten. Die
Regierungen können den Fortschritt Deutscher Preßfreiheit
nur sehr bedingt hemmen. Die täglich wachsenden Com-
municationsmittel, der rasche Flug der Briefe und der
Reisenden macht es von Tag zu Tag unmöglicher den
Weltlauf in Geheimniß zu verhüllen. Die Zeitungen
schreiben sich in Briefen und wo der Brief nicht sicher ist,
da sprechen sie sich. Das geschieht täglich mehr; jedermann

Von der Fortbildung der Staatsbuͤrger.
politiſche Inſtitutionen zur Folge haben. Nur dieſen ſchließt
ſich der Staatshaushalt auf (Alles was fruͤher ſo ausſieht,
iſt nur ein Klingeln mit den Schluͤſſeln vor verſchloſſener
Thuͤre), nur dieſen der Grund der Geſetzgebung. Dem
iſt nun unerfreulich ſo; aber iſt es nicht beſſer als Unaus-
fuͤhrbarkeiten traͤumen, dem geradezu ins Geſicht zu ſehen,
und ſollte ſich auch noch mehr Unfreude daran knuͤpfen?
Denn ſehr wahrſcheinlich werden die Großmaͤchte das Gut,
welches ihre Unterthanen miſſen, ungern in den Haͤnden
anderer Unterthanen im Bunde ſehen; die Preſſe koͤnnte
zur Macht gegen ſie wachſen, koͤnnte auch mit andern
Europaͤiſchen Maͤchten in Verwickelung fuͤhren, gemisbraucht
und ſelbſt bloß gebraucht. Denn manche ſchwere Thaten
ſind geſchehen, die keine friſche Beruͤhrung dulden.

288. Iſt nun das Alles darum ans Licht geſtellt, um
dieſen Theil unſres Volks zu uͤberzeugen, er muͤſſe ſich in
die nothwendige Nichtigkeit ſeiner Preßfreiheit ergeben?
Keineswegs; nur um ihn zu vermoͤgen, den Blick von dem
Gipfel begeiſterter Wuͤnſche einſtweilen abzuwenden und
auf die maͤßige Hoͤhe des ohne Umwaͤlzung der beſtehen-
den Verhaͤltniſſe gegenwaͤrtig Erreichbaren zu richten. Wenn
von der einen Seite was erreichbar, von der andern
was mit Erfolg zu verbieten iſt, erkannt wird, dann
erſt kann der gute Wille wirkſam in die Mitte treten. Die
Regierungen koͤnnen den Fortſchritt Deutſcher Preßfreiheit
nur ſehr bedingt hemmen. Die taͤglich wachſenden Com-
municationsmittel, der raſche Flug der Briefe und der
Reiſenden macht es von Tag zu Tag unmoͤglicher den
Weltlauf in Geheimniß zu verhuͤllen. Die Zeitungen
ſchreiben ſich in Briefen und wo der Brief nicht ſicher iſt,
da ſprechen ſie ſich. Das geſchieht taͤglich mehr; jedermann

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[303/0315] Von der Fortbildung der Staatsbuͤrger. politiſche Inſtitutionen zur Folge haben. Nur dieſen ſchließt ſich der Staatshaushalt auf (Alles was fruͤher ſo ausſieht, iſt nur ein Klingeln mit den Schluͤſſeln vor verſchloſſener Thuͤre), nur dieſen der Grund der Geſetzgebung. Dem iſt nun unerfreulich ſo; aber iſt es nicht beſſer als Unaus- fuͤhrbarkeiten traͤumen, dem geradezu ins Geſicht zu ſehen, und ſollte ſich auch noch mehr Unfreude daran knuͤpfen? Denn ſehr wahrſcheinlich werden die Großmaͤchte das Gut, welches ihre Unterthanen miſſen, ungern in den Haͤnden anderer Unterthanen im Bunde ſehen; die Preſſe koͤnnte zur Macht gegen ſie wachſen, koͤnnte auch mit andern Europaͤiſchen Maͤchten in Verwickelung fuͤhren, gemisbraucht und ſelbſt bloß gebraucht. Denn manche ſchwere Thaten ſind geſchehen, die keine friſche Beruͤhrung dulden. 288. Iſt nun das Alles darum ans Licht geſtellt, um dieſen Theil unſres Volks zu uͤberzeugen, er muͤſſe ſich in die nothwendige Nichtigkeit ſeiner Preßfreiheit ergeben? Keineswegs; nur um ihn zu vermoͤgen, den Blick von dem Gipfel begeiſterter Wuͤnſche einſtweilen abzuwenden und auf die maͤßige Hoͤhe des ohne Umwaͤlzung der beſtehen- den Verhaͤltniſſe gegenwaͤrtig Erreichbaren zu richten. Wenn von der einen Seite was erreichbar, von der andern was mit Erfolg zu verbieten iſt, erkannt wird, dann erſt kann der gute Wille wirkſam in die Mitte treten. Die Regierungen koͤnnen den Fortſchritt Deutſcher Preßfreiheit nur ſehr bedingt hemmen. Die taͤglich wachſenden Com- municationsmittel, der raſche Flug der Briefe und der Reiſenden macht es von Tag zu Tag unmoͤglicher den Weltlauf in Geheimniß zu verhuͤllen. Die Zeitungen ſchreiben ſich in Briefen und wo der Brief nicht ſicher iſt, da ſprechen ſie ſich. Das geſchieht taͤglich mehr; jedermann

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Die Politik, auf den Grund und das Maaß der gegebenen Zustände zurückgeführt. Bd. 1: Staatsverfassung. Volksbildung. Göttingen, 1835, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_politik_1835/315>, abgerufen am 23.11.2024.