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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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Könige schon der Kopf, so oft ihm Turgot eine neue Denk-
schrift mitbrachte? So war es denn doch wirklich nicht ge-
meint gewesen. Auch Ludwig arbeitete wohl zu Zeiten mit
der Feder und hatte noch kürzlich über die Kaninchengehege
der Grundherren und über den Schaden, welchen sie in
Saaten und Weinstöcken stiften, eine gründliche Ausar-
beitung geliefert, allein ganz andere Gebiete waren es ja,
auf welche ihn Turgot tagtäglich führte, ihm fürder keine
Ruhe ließ. Ludwig überzeugte sich, seine beiden Minister
die Philosophen würden ihn am Ende ins Unglück brin-
gen, wenn schon wohlmeinend, wollten sie doch höher hin-
aus als die monarchische Form es ertrage. Die Träume
eines ehrlichen Mannes, meint der König, dürfen nicht
den Staat beherrschen, und giebt dem Maurepas darin
Recht daß Turgot viel zu eigenwillig ist. Er unterzeich-
net seine Entlassung. Gern zwar hätte er den biegsameren
und manchmal nicht ganz regelrechten Malesherbes um
seine Person noch festgehalten; allein dieser hat schon
längst, auf ein Besserwerden verzichtend, zu wiederholten
Malen seinen Abschied erbeten. Jetzt ist nun vollends sei-
nes Bleibens nicht mehr. "Sie Glücklicher," sprach ge-
rührt der Monarch, "Sie können abdanken!" Am 12.
Mai 1776 schied Turgot aus dem Ministerium, in wel-
chem er ein Jahr und nicht volle neun Monate gesessen.
Sofort wurden durch ein Edict die Wegefrohnen wieder-
hergestellt.

Etwas länger hielt sich ein dritter Reformator, der

Könige ſchon der Kopf, ſo oft ihm Turgot eine neue Denk-
ſchrift mitbrachte? So war es denn doch wirklich nicht ge-
meint geweſen. Auch Ludwig arbeitete wohl zu Zeiten mit
der Feder und hatte noch kürzlich über die Kaninchengehege
der Grundherren und über den Schaden, welchen ſie in
Saaten und Weinſtöcken ſtiften, eine gründliche Ausar-
beitung geliefert, allein ganz andere Gebiete waren es ja,
auf welche ihn Turgot tagtäglich führte, ihm fürder keine
Ruhe ließ. Ludwig überzeugte ſich, ſeine beiden Miniſter
die Philoſophen würden ihn am Ende ins Unglück brin-
gen, wenn ſchon wohlmeinend, wollten ſie doch höher hin-
aus als die monarchiſche Form es ertrage. Die Träume
eines ehrlichen Mannes, meint der König, dürfen nicht
den Staat beherrſchen, und giebt dem Maurepas darin
Recht daß Turgot viel zu eigenwillig iſt. Er unterzeich-
net ſeine Entlaſſung. Gern zwar hätte er den biegſameren
und manchmal nicht ganz regelrechten Malesherbes um
ſeine Perſon noch feſtgehalten; allein dieſer hat ſchon
längſt, auf ein Beſſerwerden verzichtend, zu wiederholten
Malen ſeinen Abſchied erbeten. Jetzt iſt nun vollends ſei-
nes Bleibens nicht mehr. „Sie Glücklicher,“ ſprach ge-
rührt der Monarch, „Sie können abdanken!“ Am 12.
Mai 1776 ſchied Turgot aus dem Miniſterium, in wel-
chem er ein Jahr und nicht volle neun Monate geſeſſen.
Sofort wurden durch ein Edict die Wegefrohnen wieder-
hergeſtellt.

Etwas länger hielt ſich ein dritter Reformator, der

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[57/0067] Könige ſchon der Kopf, ſo oft ihm Turgot eine neue Denk- ſchrift mitbrachte? So war es denn doch wirklich nicht ge- meint geweſen. Auch Ludwig arbeitete wohl zu Zeiten mit der Feder und hatte noch kürzlich über die Kaninchengehege der Grundherren und über den Schaden, welchen ſie in Saaten und Weinſtöcken ſtiften, eine gründliche Ausar- beitung geliefert, allein ganz andere Gebiete waren es ja, auf welche ihn Turgot tagtäglich führte, ihm fürder keine Ruhe ließ. Ludwig überzeugte ſich, ſeine beiden Miniſter die Philoſophen würden ihn am Ende ins Unglück brin- gen, wenn ſchon wohlmeinend, wollten ſie doch höher hin- aus als die monarchiſche Form es ertrage. Die Träume eines ehrlichen Mannes, meint der König, dürfen nicht den Staat beherrſchen, und giebt dem Maurepas darin Recht daß Turgot viel zu eigenwillig iſt. Er unterzeich- net ſeine Entlaſſung. Gern zwar hätte er den biegſameren und manchmal nicht ganz regelrechten Malesherbes um ſeine Perſon noch feſtgehalten; allein dieſer hat ſchon längſt, auf ein Beſſerwerden verzichtend, zu wiederholten Malen ſeinen Abſchied erbeten. Jetzt iſt nun vollends ſei- nes Bleibens nicht mehr. „Sie Glücklicher,“ ſprach ge- rührt der Monarch, „Sie können abdanken!“ Am 12. Mai 1776 ſchied Turgot aus dem Miniſterium, in wel- chem er ein Jahr und nicht volle neun Monate geſeſſen. Sofort wurden durch ein Edict die Wegefrohnen wieder- hergeſtellt. Etwas länger hielt ſich ein dritter Reformator, der

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/67>, abgerufen am 01.05.2024.