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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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1. Januar nicht zurückkehren, der Todesstrafe verfallen,
eben so alle ausgewanderte öffentliche Beamte, bürger-
liche und militärische." Der König schrieb sogleich seinen
Brüdern, mahnte sie an die Rückkehr, versagte aber dem
Decret seine Zustimmung, unter Bezeugung aller Bereit-
willigkeit einige Artikel desselben zu genehmigen, falls eine
Trennung der Artikel zugelassen werde. Bald aber traten
die auswärtigen Angelegenheiten ganz an die Oberstelle.

Der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs will ich
nur insoweit gedenken, als sie für das Verständniß der
inneren dienen. Es sind die Beschlüsse vom 5ten August
1789, welche Zwiespalt zwischen dem deutschen Reiche
und dem Lande der Revolution hervorriefen. Durch die
Abrundung, welche Frankreich plötzlich seinem Staate gab,
fiel eine Menge von geistlichen und weltlichen Hoheitsrech-
ten und nutzbaren Rechten weg, welche bis dahin alther-
kömmlich vom deutschen Nachbarlande her mit ihren ver-
witterten Ecken tief in Frankreich hineinragten. Wie viele
französische Unterthanen standen nicht unter der geistlichen
Obhut eines deutschen Bischofs! Wie viele deutsche Lan-
deshoheiten machten sich nicht auf französischem Gebiete
geltend, mit Steuerfreiheit, Zehnten, Frohnen, Patri-
monialgerichten, Leibeigenen ausgestattet, durch Staats-
verträge geschützt, und von dem Allen sollte von nun an nicht
mehr die Rede seyn! Die hauptsächlich verletzten deutschen
Reichsstände waren die drei geistlichen Kurfürsten, die
rheinischen Bischöfe, die Häuser Hessen-Darmstadt, Baden,

1. Januar nicht zurückkehren, der Todesſtrafe verfallen,
eben ſo alle ausgewanderte öffentliche Beamte, bürger-
liche und militäriſche.“ Der König ſchrieb ſogleich ſeinen
Brüdern, mahnte ſie an die Rückkehr, verſagte aber dem
Decret ſeine Zuſtimmung, unter Bezeugung aller Bereit-
willigkeit einige Artikel desſelben zu genehmigen, falls eine
Trennung der Artikel zugelaſſen werde. Bald aber traten
die auswärtigen Angelegenheiten ganz an die Oberſtelle.

Der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs will ich
nur inſoweit gedenken, als ſie für das Verſtändniß der
inneren dienen. Es ſind die Beſchlüſſe vom 5ten Auguſt
1789, welche Zwieſpalt zwiſchen dem deutſchen Reiche
und dem Lande der Revolution hervorriefen. Durch die
Abrundung, welche Frankreich plötzlich ſeinem Staate gab,
fiel eine Menge von geiſtlichen und weltlichen Hoheitsrech-
ten und nutzbaren Rechten weg, welche bis dahin alther-
kömmlich vom deutſchen Nachbarlande her mit ihren ver-
witterten Ecken tief in Frankreich hineinragten. Wie viele
franzöſiſche Unterthanen ſtanden nicht unter der geiſtlichen
Obhut eines deutſchen Biſchofs! Wie viele deutſche Lan-
deshoheiten machten ſich nicht auf franzöſiſchem Gebiete
geltend, mit Steuerfreiheit, Zehnten, Frohnen, Patri-
monialgerichten, Leibeigenen ausgeſtattet, durch Staats-
verträge geſchützt, und von dem Allen ſollte von nun an nicht
mehr die Rede ſeyn! Die hauptſächlich verletzten deutſchen
Reichsſtände waren die drei geiſtlichen Kurfürſten, die
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[415/0425] 1. Januar nicht zurückkehren, der Todesſtrafe verfallen, eben ſo alle ausgewanderte öffentliche Beamte, bürger- liche und militäriſche.“ Der König ſchrieb ſogleich ſeinen Brüdern, mahnte ſie an die Rückkehr, verſagte aber dem Decret ſeine Zuſtimmung, unter Bezeugung aller Bereit- willigkeit einige Artikel desſelben zu genehmigen, falls eine Trennung der Artikel zugelaſſen werde. Bald aber traten die auswärtigen Angelegenheiten ganz an die Oberſtelle. Der auswärtigen Angelegenheiten Frankreichs will ich nur inſoweit gedenken, als ſie für das Verſtändniß der inneren dienen. Es ſind die Beſchlüſſe vom 5ten Auguſt 1789, welche Zwieſpalt zwiſchen dem deutſchen Reiche und dem Lande der Revolution hervorriefen. Durch die Abrundung, welche Frankreich plötzlich ſeinem Staate gab, fiel eine Menge von geiſtlichen und weltlichen Hoheitsrech- ten und nutzbaren Rechten weg, welche bis dahin alther- kömmlich vom deutſchen Nachbarlande her mit ihren ver- witterten Ecken tief in Frankreich hineinragten. Wie viele franzöſiſche Unterthanen ſtanden nicht unter der geiſtlichen Obhut eines deutſchen Biſchofs! Wie viele deutſche Lan- deshoheiten machten ſich nicht auf franzöſiſchem Gebiete geltend, mit Steuerfreiheit, Zehnten, Frohnen, Patri- monialgerichten, Leibeigenen ausgeſtattet, durch Staats- verträge geſchützt, und von dem Allen ſollte von nun an nicht mehr die Rede ſeyn! Die hauptſächlich verletzten deutſchen Reichsſtände waren die drei geiſtlichen Kurfürſten, die rheiniſchen Biſchöfe, die Häuſer Heſſen-Darmſtadt, Baden,

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/425>, abgerufen am 14.05.2024.