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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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Die Auswanderung war seit Eroberung der Bastille
in verschiedenen großen Stößen erfolgt, vorzüglich nach
Deutschland und in das Erzbisthum Trier; in Coblenz
war der Hofhalt der ausgewanderten Königsbrüder. Von
hier aus schrieben Monsieur und der Graf von Artois an
den König, bevor er sich noch über die Constitution er-
Sept. 10.klärt hatte, legten Protest ein gegen die neue Ordnung
der Dinge. Und was sie sprachen, das waren nicht bloß
Wünsche oder machtlose Drohungen. Aus den Werbeplätzen
des Prinzen von Conde zu Worms, dessen Bischof der
Kurfürst von Maynz war, des Cardinals Rohan und des
Vicomte de Mirabeau zu Ettenheim im Breisgau, zum
Straßburger Hochstift gehörig, und vornämlich des Gra-
fen von Artois zu Coblenz, im Gebiete seines gastfreien
Mutterbruders Ludwig Wenzels von Kursachsen, des Trier-
schen Erzbischofs, stellte sich eine Emigrantenmacht von
über 20,000 Mann zusammen, ein Heerd, wie Brissot
sprach, der Gegenrevolution. So kam es zum Decret des
9ten November: "Die jenseit der Gränze des König-
reichs versammelten Franzosen sind der Verschwörung gegen
ihr Vaterland verdächtig, und wenn sie am 1. Januar
1792 noch versammelt sind, dieser Verschwörung schuldig,
mithin der Todesstrafe verfallen; ihre Einkünfte fallen, so-
lange sie am Leben, an die Nation, doch unbeschadet der
Ansprüche ihrer Frauen, Kinder und Gläubiger. Gleich
von jetzt an hören alle Einkünfte der abwesenden franzö-
sischen Prinzen auf und sie sind, wenn sie bis zum nächsten

Die Auswanderung war ſeit Eroberung der Baſtille
in verſchiedenen großen Stößen erfolgt, vorzüglich nach
Deutſchland und in das Erzbisthum Trier; in Coblenz
war der Hofhalt der ausgewanderten Königsbrüder. Von
hier aus ſchrieben Monſieur und der Graf von Artois an
den König, bevor er ſich noch über die Conſtitution er-
Sept. 10.klärt hatte, legten Proteſt ein gegen die neue Ordnung
der Dinge. Und was ſie ſprachen, das waren nicht bloß
Wünſche oder machtloſe Drohungen. Aus den Werbeplätzen
des Prinzen von Condé zu Worms, deſſen Biſchof der
Kurfürſt von Maynz war, des Cardinals Rohan und des
Vicomte de Mirabeau zu Ettenheim im Breisgau, zum
Straßburger Hochſtift gehörig, und vornämlich des Gra-
fen von Artois zu Coblenz, im Gebiete ſeines gaſtfreien
Mutterbruders Ludwig Wenzels von Kurſachſen, des Trier-
ſchen Erzbiſchofs, ſtellte ſich eine Emigrantenmacht von
über 20,000 Mann zuſammen, ein Heerd, wie Briſſot
ſprach, der Gegenrevolution. So kam es zum Decret des
9ten November: „Die jenſeit der Gränze des König-
reichs verſammelten Franzoſen ſind der Verſchwörung gegen
ihr Vaterland verdächtig, und wenn ſie am 1. Januar
1792 noch verſammelt ſind, dieſer Verſchwörung ſchuldig,
mithin der Todesſtrafe verfallen; ihre Einkünfte fallen, ſo-
lange ſie am Leben, an die Nation, doch unbeſchadet der
Anſprüche ihrer Frauen, Kinder und Gläubiger. Gleich
von jetzt an hören alle Einkünfte der abweſenden franzö-
ſiſchen Prinzen auf und ſie ſind, wenn ſie bis zum nächſten

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[414/0424] Die Auswanderung war ſeit Eroberung der Baſtille in verſchiedenen großen Stößen erfolgt, vorzüglich nach Deutſchland und in das Erzbisthum Trier; in Coblenz war der Hofhalt der ausgewanderten Königsbrüder. Von hier aus ſchrieben Monſieur und der Graf von Artois an den König, bevor er ſich noch über die Conſtitution er- klärt hatte, legten Proteſt ein gegen die neue Ordnung der Dinge. Und was ſie ſprachen, das waren nicht bloß Wünſche oder machtloſe Drohungen. Aus den Werbeplätzen des Prinzen von Condé zu Worms, deſſen Biſchof der Kurfürſt von Maynz war, des Cardinals Rohan und des Vicomte de Mirabeau zu Ettenheim im Breisgau, zum Straßburger Hochſtift gehörig, und vornämlich des Gra- fen von Artois zu Coblenz, im Gebiete ſeines gaſtfreien Mutterbruders Ludwig Wenzels von Kurſachſen, des Trier- ſchen Erzbiſchofs, ſtellte ſich eine Emigrantenmacht von über 20,000 Mann zuſammen, ein Heerd, wie Briſſot ſprach, der Gegenrevolution. So kam es zum Decret des 9ten November: „Die jenſeit der Gränze des König- reichs verſammelten Franzoſen ſind der Verſchwörung gegen ihr Vaterland verdächtig, und wenn ſie am 1. Januar 1792 noch verſammelt ſind, dieſer Verſchwörung ſchuldig, mithin der Todesſtrafe verfallen; ihre Einkünfte fallen, ſo- lange ſie am Leben, an die Nation, doch unbeſchadet der Anſprüche ihrer Frauen, Kinder und Gläubiger. Gleich von jetzt an hören alle Einkünfte der abweſenden franzö- ſiſchen Prinzen auf und ſie ſind, wenn ſie bis zum nächſten Sept. 10.

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/424>, abgerufen am 14.05.2024.