rat, deren Blätter längst alle Monarchie als Ungereimt- heit und Schlechtigkeit behandelten, und zu derselben Mei- nung bekannte sich die damalige Mehrheit des Jacobiner- clubs, vor Allen sein Stentor Danton. Sein Satz war, König Ludwig müsse entweder für einen Verbrecher oder für wahnsinnig erklärt werden. Da traten nun freilich die Mitglieder der Nationalversammlung, mit Ausnahme von Leuten wie Robespierre und Petion, lieber aus dem Ja- cobinerclub und bildeten einen Verein für sich im Kloster der Feuillans; allein die Jacobiner hatten jetzt nur um so freiere Hand, und nicht lange so war auf offenem Mars- felde die Unterzeichnung einer Volksbittschrift ins Werk gerichtet, deren Unterzeichner erklären, daß der König am 21sten Junius auf die ihm übertragene Krone verzichtet hat, und auf die Wahl einer neuen constituirenden Versamm- lung antragen, die den vormaligen König richte und eine neue ausübende Gewalt aufstelle. Aber während sich auf den morschen Stufen des Altars des Vaterlandes von je- nem Bundesfeste her die Unterschriften häuften, in vielen Exemplaren gleichzeitig eingesammelt, erschien, um diesen Eifer zu stören, ein Mann, der über das Königthum in- nerlich nicht viel anders dachte als die Unterzeichner. La- fayette rückte mit der Nationalgarde an, zerstreute die wi-Juli 17. dersetzliche Menge durch eine Flintensalve, welche Ver- wundete und Todte hinterließ. In dem ersten Schrecken flüchteten Camille Desmoulins und Danton aus der Hauptstadt, Marat versteckte sich, und Robespierre, ob-
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rat, deren Blätter längſt alle Monarchie als Ungereimt- heit und Schlechtigkeit behandelten, und zu derſelben Mei- nung bekannte ſich die damalige Mehrheit des Jacobiner- clubs, vor Allen ſein Stentor Danton. Sein Satz war, König Ludwig müſſe entweder für einen Verbrecher oder für wahnſinnig erklärt werden. Da traten nun freilich die Mitglieder der Nationalverſammlung, mit Ausnahme von Leuten wie Robespierre und Pétion, lieber aus dem Ja- cobinerclub und bildeten einen Verein für ſich im Kloſter der Feuillans; allein die Jacobiner hatten jetzt nur um ſo freiere Hand, und nicht lange ſo war auf offenem Mars- felde die Unterzeichnung einer Volksbittſchrift ins Werk gerichtet, deren Unterzeichner erklären, daß der König am 21ſten Junius auf die ihm übertragene Krone verzichtet hat, und auf die Wahl einer neuen conſtituirenden Verſamm- lung antragen, die den vormaligen König richte und eine neue ausübende Gewalt aufſtelle. Aber während ſich auf den morſchen Stufen des Altars des Vaterlandes von je- nem Bundesfeſte her die Unterſchriften häuften, in vielen Exemplaren gleichzeitig eingeſammelt, erſchien, um dieſen Eifer zu ſtören, ein Mann, der über das Königthum in- nerlich nicht viel anders dachte als die Unterzeichner. La- fayette rückte mit der Nationalgarde an, zerſtreute die wi-Juli 17. derſetzliche Menge durch eine Flintenſalve, welche Ver- wundete und Todte hinterließ. In dem erſten Schrecken flüchteten Camille Desmoulins und Danton aus der Hauptſtadt, Marat verſteckte ſich, und Robespierre, ob-
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rat, deren Blätter längſt alle Monarchie als Ungereimt-
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nung bekannte ſich die damalige Mehrheit des Jacobiner-
clubs, vor Allen ſein Stentor Danton. Sein Satz war,
König Ludwig müſſe entweder für einen Verbrecher oder
für wahnſinnig erklärt werden. Da traten nun freilich die
Mitglieder der Nationalverſammlung, mit Ausnahme von
Leuten wie Robespierre und Pétion, lieber aus dem Ja-
cobinerclub und bildeten einen Verein für ſich im Kloſter
der Feuillans; allein die Jacobiner hatten jetzt nur um ſo
freiere Hand, und nicht lange ſo war auf offenem Mars-
felde die Unterzeichnung einer Volksbittſchrift ins Werk
gerichtet, deren Unterzeichner erklären, daß der König am
21ſten Junius auf die ihm übertragene Krone verzichtet hat,
und auf die Wahl einer neuen conſtituirenden Verſamm-
lung antragen, die den vormaligen König richte und eine
neue ausübende Gewalt aufſtelle. Aber während ſich auf
den morſchen Stufen des Altars des Vaterlandes von je-
nem Bundesfeſte her die Unterſchriften häuften, in vielen
Exemplaren gleichzeitig eingeſammelt, erſchien, um dieſen
Eifer zu ſtören, ein Mann, der über das Königthum in-
nerlich nicht viel anders dachte als die Unterzeichner. La-
fayette rückte mit der Nationalgarde an, zerſtreute die wi-
derſetzliche Menge durch eine Flintenſalve, welche Ver-
wundete und Todte hinterließ. In dem erſten Schrecken
flüchteten Camille Desmoulins und Danton aus der
Hauptſtadt, Marat verſteckte ſich, und Robespierre, ob-
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/397>, abgerufen am 22.12.2024.
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