allgemach auch zu behandeln: man verschwieg sich nicht daß im Dienste, daß in der Cassenführung Vieles anders werden müsse. Nun kam das pariser Fest, an welchem die 1200 Mann deputirte Linientruppen neben den 15000 deputirten Nationalgarden fast verschwanden. Der Sol- dat erschien sich hier als solcher klein, um so rascher lernte er sich als Bürger begreifen, Casernenvereine, Casernen- berathschlagungen stiften. Seitdem war die Macht der Officiere gelähmt, unzählige Widersetzlichkeiten erfolgten, Aug. 6.ein Decret der Nationalversammlung, welches diese Ver- eine aufhob, brachte die Flamme des Aufruhrs in Nancy zum Ausbruch. Die ganze Besatzung, aus drei Regimen- tern bestehend, empörte sich; der General Bouille, ein kühner Krieger und ein Ehrenmann, der die Revolution nicht liebte, aber den Verfassungseid, einmal geleistet, Aug. 31.halten wollte, mußte in die Festung mit stürmender Hand eindringen und durch ein Blutvergießen dem Gesetze den Sieg verschaffen. Mirabeau stützte kräftig die Meinung, daß die Nationalversammlung ihren Dank gegen den Heerführer und seine Truppen ausspreche, und drang durch; er auch sprach kühn den Vorschlag aus, das alte Heer aufzulösen und sogleich ein neues wieder zu bilden, dessen Mitglieder einen Eid schwören sollen, in welchem die Nationalversammlung die Pflichten des Soldaten mit Klarheit niederlegen wird. Dieser Antrag hatte keine Folge.
In den nächsten Tagen trat Necker ab; entmuthigt, von körperlichen Anstrengungen und Seelenleiden nieder-
allgemach auch zu behandeln: man verſchwieg ſich nicht daß im Dienſte, daß in der Caſſenführung Vieles anders werden müſſe. Nun kam das pariſer Feſt, an welchem die 1200 Mann deputirte Linientruppen neben den 15000 deputirten Nationalgarden faſt verſchwanden. Der Sol- dat erſchien ſich hier als ſolcher klein, um ſo raſcher lernte er ſich als Bürger begreifen, Caſernenvereine, Caſernen- berathſchlagungen ſtiften. Seitdem war die Macht der Officiere gelähmt, unzählige Widerſetzlichkeiten erfolgten, Aug. 6.ein Decret der Nationalverſammlung, welches dieſe Ver- eine aufhob, brachte die Flamme des Aufruhrs in Nancy zum Ausbruch. Die ganze Beſatzung, aus drei Regimen- tern beſtehend, empörte ſich; der General Bouillé, ein kühner Krieger und ein Ehrenmann, der die Revolution nicht liebte, aber den Verfaſſungseid, einmal geleiſtet, Aug. 31.halten wollte, mußte in die Feſtung mit ſtürmender Hand eindringen und durch ein Blutvergießen dem Geſetze den Sieg verſchaffen. Mirabeau ſtützte kräftig die Meinung, daß die Nationalverſammlung ihren Dank gegen den Heerführer und ſeine Truppen ausſpreche, und drang durch; er auch ſprach kühn den Vorſchlag aus, das alte Heer aufzulöſen und ſogleich ein neues wieder zu bilden, deſſen Mitglieder einen Eid ſchwören ſollen, in welchem die Nationalverſammlung die Pflichten des Soldaten mit Klarheit niederlegen wird. Dieſer Antrag hatte keine Folge.
In den nächſten Tagen trat Necker ab; entmuthigt, von körperlichen Anſtrengungen und Seelenleiden nieder-
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allgemach auch zu behandeln: man verſchwieg ſich nicht
daß im Dienſte, daß in der Caſſenführung Vieles anders
werden müſſe. Nun kam das pariſer Feſt, an welchem
die 1200 Mann deputirte Linientruppen neben den 15000
deputirten Nationalgarden faſt verſchwanden. Der Sol-
dat erſchien ſich hier als ſolcher klein, um ſo raſcher lernte
er ſich als Bürger begreifen, Caſernenvereine, Caſernen-
berathſchlagungen ſtiften. Seitdem war die Macht der
Officiere gelähmt, unzählige Widerſetzlichkeiten erfolgten,
ein Decret der Nationalverſammlung, welches dieſe Ver-
eine aufhob, brachte die Flamme des Aufruhrs in Nancy
zum Ausbruch. Die ganze Beſatzung, aus drei Regimen-
tern beſtehend, empörte ſich; der General Bouillé, ein
kühner Krieger und ein Ehrenmann, der die Revolution
nicht liebte, aber den Verfaſſungseid, einmal geleiſtet,
halten wollte, mußte in die Feſtung mit ſtürmender Hand
eindringen und durch ein Blutvergießen dem Geſetze den
Sieg verſchaffen. Mirabeau ſtützte kräftig die Meinung,
daß die Nationalverſammlung ihren Dank gegen den
Heerführer und ſeine Truppen ausſpreche, und drang
durch; er auch ſprach kühn den Vorſchlag aus, das alte
Heer aufzulöſen und ſogleich ein neues wieder zu bilden,
deſſen Mitglieder einen Eid ſchwören ſollen, in welchem
die Nationalverſammlung die Pflichten des Soldaten mit
Klarheit niederlegen wird. Dieſer Antrag hatte keine Folge.
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Aug. 31.
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/348>, abgerufen am 22.12.2024.
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