deuten seine Sinnbilder, besprechen seine Inschriften. Vor der Militärschule erhebt sich über den amphitheatralischen Stufen der Königsthron mit seinem Baldachin, rechts un- mittelbar neben demselben findet in gleicher Höhe der Sessel des Präsidenten der Nationalversammlung seinen Platz, zu beiden Seiten werden die Mitglieder Platz neh- men. Gern wäre Mirabeau zur Zeit dieses Festes Prä- sident gewesen und er verbarg es nicht, aber Lafayette war seiner Wahl entgegen und widerstand selbst dem Zu- reden des Königspaares. Wollte er, den der König für diesen Tag zum Oberbefehlshaber der gesammten bewaff- neten Macht in der Hauptstadt ernannt hatte, durch keine Größe verdunkelt werden? oder war seine Meinung auf- richtig, wenn er erklärte, an diesem Tage dürfe nur ein durchaus unbescholtener Mann die erste Stelle in der Na- tion einnehmen? Genug er beharrte und die Nationalver- sammlung erwählte den Marquis de Bonnay, einen ach- tungswürdigen gemäßigten Mann, am 5ten Julius zum Präsidenten. Schon aber langen, es ist neun Uhr, die ersten Abtheilungen des endlosen Zuges an, man sieht die Föderirten departementsweise geschaart, alle in Waffen. So wie sie eintreten, stellen sie ihre Gewehre zur Pyra- mide zusammen; um den gewaltiger strömenden Regen froher zu ertragen, umtanzt jedes Departement seine Waffenpyramide und die Zuschauer klatschen Beifall von oben. Nun aber verkünden Kanonenschüsse den Anfang der Feier, und jedes Departement stellt sich rasch geordnet
deuten ſeine Sinnbilder, beſprechen ſeine Inſchriften. Vor der Militärſchule erhebt ſich über den amphitheatraliſchen Stufen der Königsthron mit ſeinem Baldachin, rechts un- mittelbar neben demſelben findet in gleicher Höhe der Seſſel des Präſidenten der Nationalverſammlung ſeinen Platz, zu beiden Seiten werden die Mitglieder Platz neh- men. Gern wäre Mirabeau zur Zeit dieſes Feſtes Prä- ſident geweſen und er verbarg es nicht, aber Lafayette war ſeiner Wahl entgegen und widerſtand ſelbſt dem Zu- reden des Königspaares. Wollte er, den der König für dieſen Tag zum Oberbefehlshaber der geſammten bewaff- neten Macht in der Hauptſtadt ernannt hatte, durch keine Größe verdunkelt werden? oder war ſeine Meinung auf- richtig, wenn er erklärte, an dieſem Tage dürfe nur ein durchaus unbeſcholtener Mann die erſte Stelle in der Na- tion einnehmen? Genug er beharrte und die Nationalver- ſammlung erwählte den Marquis de Bonnay, einen ach- tungswürdigen gemäßigten Mann, am 5ten Julius zum Präſidenten. Schon aber langen, es iſt neun Uhr, die erſten Abtheilungen des endloſen Zuges an, man ſieht die Föderirten departementsweiſe geſchaart, alle in Waffen. So wie ſie eintreten, ſtellen ſie ihre Gewehre zur Pyra- mide zuſammen; um den gewaltiger ſtrömenden Regen froher zu ertragen, umtanzt jedes Departement ſeine Waffenpyramide und die Zuſchauer klatſchen Beifall von oben. Nun aber verkünden Kanonenſchüſſe den Anfang der Feier, und jedes Departement ſtellt ſich raſch geordnet
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0344"n="334"/>
deuten ſeine Sinnbilder, beſprechen ſeine Inſchriften. Vor<lb/>
der Militärſchule erhebt ſich über den amphitheatraliſchen<lb/>
Stufen der Königsthron mit ſeinem Baldachin, rechts un-<lb/>
mittelbar neben demſelben findet in gleicher Höhe der<lb/>
Seſſel des Präſidenten der Nationalverſammlung ſeinen<lb/>
Platz, zu beiden Seiten werden die Mitglieder Platz neh-<lb/>
men. Gern wäre Mirabeau zur Zeit dieſes Feſtes Prä-<lb/>ſident geweſen und er verbarg es nicht, aber Lafayette<lb/>
war ſeiner Wahl entgegen und widerſtand ſelbſt dem Zu-<lb/>
reden des Königspaares. Wollte er, den der König für<lb/>
dieſen Tag zum Oberbefehlshaber der geſammten bewaff-<lb/>
neten Macht in der Hauptſtadt ernannt hatte, durch keine<lb/>
Größe verdunkelt werden? oder war ſeine Meinung auf-<lb/>
richtig, wenn er erklärte, an dieſem Tage dürfe nur ein<lb/>
durchaus unbeſcholtener Mann die erſte Stelle in der Na-<lb/>
tion einnehmen? Genug er beharrte und die Nationalver-<lb/>ſammlung erwählte den Marquis de Bonnay, einen ach-<lb/>
tungswürdigen gemäßigten Mann, am 5ten Julius zum<lb/>
Präſidenten. Schon aber langen, es iſt neun Uhr, die<lb/>
erſten Abtheilungen des endloſen Zuges an, man ſieht die<lb/>
Föderirten departementsweiſe geſchaart, alle in Waffen.<lb/>
So wie ſie eintreten, ſtellen ſie ihre Gewehre zur Pyra-<lb/>
mide zuſammen; um den gewaltiger ſtrömenden Regen<lb/>
froher zu ertragen, umtanzt jedes Departement ſeine<lb/>
Waffenpyramide und die Zuſchauer klatſchen Beifall von<lb/>
oben. Nun aber verkünden Kanonenſchüſſe den Anfang<lb/>
der Feier, und jedes Departement ſtellt ſich raſch geordnet<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[334/0344]
deuten ſeine Sinnbilder, beſprechen ſeine Inſchriften. Vor
der Militärſchule erhebt ſich über den amphitheatraliſchen
Stufen der Königsthron mit ſeinem Baldachin, rechts un-
mittelbar neben demſelben findet in gleicher Höhe der
Seſſel des Präſidenten der Nationalverſammlung ſeinen
Platz, zu beiden Seiten werden die Mitglieder Platz neh-
men. Gern wäre Mirabeau zur Zeit dieſes Feſtes Prä-
ſident geweſen und er verbarg es nicht, aber Lafayette
war ſeiner Wahl entgegen und widerſtand ſelbſt dem Zu-
reden des Königspaares. Wollte er, den der König für
dieſen Tag zum Oberbefehlshaber der geſammten bewaff-
neten Macht in der Hauptſtadt ernannt hatte, durch keine
Größe verdunkelt werden? oder war ſeine Meinung auf-
richtig, wenn er erklärte, an dieſem Tage dürfe nur ein
durchaus unbeſcholtener Mann die erſte Stelle in der Na-
tion einnehmen? Genug er beharrte und die Nationalver-
ſammlung erwählte den Marquis de Bonnay, einen ach-
tungswürdigen gemäßigten Mann, am 5ten Julius zum
Präſidenten. Schon aber langen, es iſt neun Uhr, die
erſten Abtheilungen des endloſen Zuges an, man ſieht die
Föderirten departementsweiſe geſchaart, alle in Waffen.
So wie ſie eintreten, ſtellen ſie ihre Gewehre zur Pyra-
mide zuſammen; um den gewaltiger ſtrömenden Regen
froher zu ertragen, umtanzt jedes Departement ſeine
Waffenpyramide und die Zuſchauer klatſchen Beifall von
oben. Nun aber verkünden Kanonenſchüſſe den Anfang
der Feier, und jedes Departement ſtellt ſich raſch geordnet
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/344>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.