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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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um seine Pyramide. Man erblickt jetzt den Altar des Va-
terlandes umgeben von 300 Geistlichen, und sieht diese
unwillkürlich darauf an daß sie seit vorgestern zu bürger-
lichen Beamten gemacht sind, welche nach den Gebräuchen
der ursprünglichen Kirche vom Volk erwählt werden sollen,
doch bemerkt man weiter keine Veränderung an ihnen als
daß ihre weißen Meßgewänder mit dreifarbigen Bändern
verziert sind. Nun wird Hochamt gehalten, hierauf Fah-
nenweihe. Im Angesichte der Oriflamme von Frankreich,
einer neu verfertigten Reichsfahne, die den altehrwür-
digen Namen trägt, spricht Bischof Talleyrand von Autun
den Segen über die Paniere der 83 Departements, wel-
chen drei Millionen französische Nationalgarden folgen
werden. Jetzt empfängt Lafayette aus den Händen des
Königs die Formel des zu leistenden Bundeseides. Er
steigt die Stufen des Altars hinan, legt seinen Degen ab,
giebt mit einer Fahne das Zeichen und spricht die Eides-
worte: "Wir schwören, für immer der Nation, dem Ge-
setz, dem Könige getreu zu seyn und mit allen Kräften die
von der Nationalversammlung beschlossene und von dem
Könige genehmigte Verfassung aufrecht zu halten, nach
Vorschrift der Gesetze die Sicherheit der Personen und des
Eigenthums, den freien Verkehr mit Getraide und Lebens-
mitteln im Innern des Königreiches, die Erhebung der
öffentlichen Abgaben ohne Unterschied zu beschützen, und
in unauflöslichen Banden der Verbrüderung mit allen
Franzosen zu leben;" und die unermeßliche Menge oben

um ſeine Pyramide. Man erblickt jetzt den Altar des Va-
terlandes umgeben von 300 Geiſtlichen, und ſieht dieſe
unwillkürlich darauf an daß ſie ſeit vorgeſtern zu bürger-
lichen Beamten gemacht ſind, welche nach den Gebräuchen
der urſprünglichen Kirche vom Volk erwählt werden ſollen,
doch bemerkt man weiter keine Veränderung an ihnen als
daß ihre weißen Meßgewänder mit dreifarbigen Bändern
verziert ſind. Nun wird Hochamt gehalten, hierauf Fah-
nenweihe. Im Angeſichte der Oriflamme von Frankreich,
einer neu verfertigten Reichsfahne, die den altehrwür-
digen Namen trägt, ſpricht Biſchof Talleyrand von Autun
den Segen über die Paniere der 83 Departements, wel-
chen drei Millionen franzöſiſche Nationalgarden folgen
werden. Jetzt empfängt Lafayette aus den Händen des
Königs die Formel des zu leiſtenden Bundeseides. Er
ſteigt die Stufen des Altars hinan, legt ſeinen Degen ab,
giebt mit einer Fahne das Zeichen und ſpricht die Eides-
worte: „Wir ſchwören, für immer der Nation, dem Ge-
ſetz, dem Könige getreu zu ſeyn und mit allen Kräften die
von der Nationalverſammlung beſchloſſene und von dem
Könige genehmigte Verfaſſung aufrecht zu halten, nach
Vorſchrift der Geſetze die Sicherheit der Perſonen und des
Eigenthums, den freien Verkehr mit Getraide und Lebens-
mitteln im Innern des Königreiches, die Erhebung der
öffentlichen Abgaben ohne Unterſchied zu beſchützen, und
in unauflöslichen Banden der Verbrüderung mit allen
Franzoſen zu leben;“ und die unermeßliche Menge oben

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[335/0345] um ſeine Pyramide. Man erblickt jetzt den Altar des Va- terlandes umgeben von 300 Geiſtlichen, und ſieht dieſe unwillkürlich darauf an daß ſie ſeit vorgeſtern zu bürger- lichen Beamten gemacht ſind, welche nach den Gebräuchen der urſprünglichen Kirche vom Volk erwählt werden ſollen, doch bemerkt man weiter keine Veränderung an ihnen als daß ihre weißen Meßgewänder mit dreifarbigen Bändern verziert ſind. Nun wird Hochamt gehalten, hierauf Fah- nenweihe. Im Angeſichte der Oriflamme von Frankreich, einer neu verfertigten Reichsfahne, die den altehrwür- digen Namen trägt, ſpricht Biſchof Talleyrand von Autun den Segen über die Paniere der 83 Departements, wel- chen drei Millionen franzöſiſche Nationalgarden folgen werden. Jetzt empfängt Lafayette aus den Händen des Königs die Formel des zu leiſtenden Bundeseides. Er ſteigt die Stufen des Altars hinan, legt ſeinen Degen ab, giebt mit einer Fahne das Zeichen und ſpricht die Eides- worte: „Wir ſchwören, für immer der Nation, dem Ge- ſetz, dem Könige getreu zu ſeyn und mit allen Kräften die von der Nationalverſammlung beſchloſſene und von dem Könige genehmigte Verfaſſung aufrecht zu halten, nach Vorſchrift der Geſetze die Sicherheit der Perſonen und des Eigenthums, den freien Verkehr mit Getraide und Lebens- mitteln im Innern des Königreiches, die Erhebung der öffentlichen Abgaben ohne Unterſchied zu beſchützen, und in unauflöslichen Banden der Verbrüderung mit allen Franzoſen zu leben;“ und die unermeßliche Menge oben

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/345>, abgerufen am 13.05.2024.