länder sollen nicht davon betroffen werden. So stand der König, schon seit länger aus einem König von Frank- reich in einen König der Franzosen verwandelt, mit sei- nem Sire und seiner Majestät ganz vereinzelt da. We- nig fehlte so hätte er unlängst auf einen Antrag Pe- tions auch das "von Gottes Gnaden" verloren, ohne die Bemerkung Mirabeau's: "Diese Worte enthalten eine der Gottheit erwiesene Huldigung, welche alle Völ- ker der Welt ihr schuldig sind." Was Mirabeau über die ganze Neuerung dachte, verhehlt er seinem Freunde Mauvillon nicht: "Ich denke gerade wie Sie in Hin- sicht der Titel, Livreien u. s. w. Nichts unmöglicher als die Gewalt der Erinnerungen aus den Herzen der Menschen herauszureißen; der wahre Adel ist in diesem Sinne eine eben so unzerstörbare als geheiligte Sache. Die Formen werden wechseln, die Verehrung wird blei- ben. Laß jedermann gleich vor dem Gesetze seyn, jedes Monopol, besonders jedes sittliche, verschwinde; alles Übrige ist Eitelkeit, dahin oder dorthin verlegt." Als die Zeitungsschreiber ihre Lust daran hatten ihn nun nach seinem Geschlechtsnamen Riquetti den Älteren zu nennen, sprach er: "Ihr habt Europa vier Tage lang mit Eurem Riquetti irre gemacht!" Aber Camille Des- moulins ließ es sich nicht nehmen, die Königin jetzt in seinem Blatte die Frau des Königs und den Kö- nig selbst gelegentlich den Ältesten der Capets zu nennen.
länder ſollen nicht davon betroffen werden. So ſtand der König, ſchon ſeit länger aus einem König von Frank- reich in einen König der Franzoſen verwandelt, mit ſei- nem Sire und ſeiner Majeſtät ganz vereinzelt da. We- nig fehlte ſo hätte er unlängſt auf einen Antrag Pé- tions auch das „von Gottes Gnaden“ verloren, ohne die Bemerkung Mirabeau’s: „Dieſe Worte enthalten eine der Gottheit erwieſene Huldigung, welche alle Völ- ker der Welt ihr ſchuldig ſind.“ Was Mirabeau über die ganze Neuerung dachte, verhehlt er ſeinem Freunde Mauvillon nicht: „Ich denke gerade wie Sie in Hin- ſicht der Titel, Livreien u. ſ. w. Nichts unmöglicher als die Gewalt der Erinnerungen aus den Herzen der Menſchen herauszureißen; der wahre Adel iſt in dieſem Sinne eine eben ſo unzerſtörbare als geheiligte Sache. Die Formen werden wechſeln, die Verehrung wird blei- ben. Laß jedermann gleich vor dem Geſetze ſeyn, jedes Monopol, beſonders jedes ſittliche, verſchwinde; alles Übrige iſt Eitelkeit, dahin oder dorthin verlegt.“ Als die Zeitungsſchreiber ihre Luſt daran hatten ihn nun nach ſeinem Geſchlechtsnamen Riquetti den Älteren zu nennen, ſprach er: „Ihr habt Europa vier Tage lang mit Eurem Riquetti irre gemacht!“ Aber Camille Des- moulins ließ es ſich nicht nehmen, die Königin jetzt in ſeinem Blatte die Frau des Königs und den Kö- nig ſelbſt gelegentlich den Älteſten der Capets zu nennen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0341"n="331"/>
länder ſollen nicht davon betroffen werden. So ſtand<lb/>
der König, ſchon ſeit länger aus einem König von Frank-<lb/>
reich in einen König der Franzoſen verwandelt, mit ſei-<lb/>
nem Sire und ſeiner Majeſtät ganz vereinzelt da. We-<lb/>
nig fehlte ſo hätte er unlängſt auf einen Antrag Pé-<lb/>
tions auch das „von Gottes Gnaden“ verloren, ohne<lb/>
die Bemerkung Mirabeau’s: „Dieſe Worte enthalten<lb/>
eine der Gottheit erwieſene Huldigung, welche alle Völ-<lb/>
ker der Welt ihr ſchuldig ſind.“ Was Mirabeau über<lb/>
die ganze Neuerung dachte, verhehlt er ſeinem Freunde<lb/>
Mauvillon nicht: „Ich denke gerade wie Sie in Hin-<lb/>ſicht der Titel, Livreien u. ſ. w. Nichts unmöglicher<lb/>
als die Gewalt der Erinnerungen aus den Herzen der<lb/>
Menſchen herauszureißen; der wahre Adel iſt in dieſem<lb/>
Sinne eine eben ſo unzerſtörbare als geheiligte Sache.<lb/>
Die Formen werden wechſeln, die Verehrung wird blei-<lb/>
ben. Laß jedermann gleich vor dem Geſetze ſeyn, jedes<lb/>
Monopol, beſonders jedes ſittliche, verſchwinde; alles<lb/>
Übrige iſt Eitelkeit, dahin oder dorthin verlegt.“ Als<lb/>
die Zeitungsſchreiber ihre Luſt daran hatten ihn nun<lb/>
nach ſeinem Geſchlechtsnamen Riquetti den Älteren zu<lb/>
nennen, ſprach er: „Ihr habt Europa vier Tage lang<lb/>
mit Eurem Riquetti irre gemacht!“ Aber Camille Des-<lb/>
moulins ließ es ſich nicht nehmen, die Königin jetzt<lb/>
in ſeinem Blatte die Frau des Königs und den Kö-<lb/>
nig ſelbſt gelegentlich den Älteſten der Capets zu<lb/>
nennen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[331/0341]
länder ſollen nicht davon betroffen werden. So ſtand
der König, ſchon ſeit länger aus einem König von Frank-
reich in einen König der Franzoſen verwandelt, mit ſei-
nem Sire und ſeiner Majeſtät ganz vereinzelt da. We-
nig fehlte ſo hätte er unlängſt auf einen Antrag Pé-
tions auch das „von Gottes Gnaden“ verloren, ohne
die Bemerkung Mirabeau’s: „Dieſe Worte enthalten
eine der Gottheit erwieſene Huldigung, welche alle Völ-
ker der Welt ihr ſchuldig ſind.“ Was Mirabeau über
die ganze Neuerung dachte, verhehlt er ſeinem Freunde
Mauvillon nicht: „Ich denke gerade wie Sie in Hin-
ſicht der Titel, Livreien u. ſ. w. Nichts unmöglicher
als die Gewalt der Erinnerungen aus den Herzen der
Menſchen herauszureißen; der wahre Adel iſt in dieſem
Sinne eine eben ſo unzerſtörbare als geheiligte Sache.
Die Formen werden wechſeln, die Verehrung wird blei-
ben. Laß jedermann gleich vor dem Geſetze ſeyn, jedes
Monopol, beſonders jedes ſittliche, verſchwinde; alles
Übrige iſt Eitelkeit, dahin oder dorthin verlegt.“ Als
die Zeitungsſchreiber ihre Luſt daran hatten ihn nun
nach ſeinem Geſchlechtsnamen Riquetti den Älteren zu
nennen, ſprach er: „Ihr habt Europa vier Tage lang
mit Eurem Riquetti irre gemacht!“ Aber Camille Des-
moulins ließ es ſich nicht nehmen, die Königin jetzt
in ſeinem Blatte die Frau des Königs und den Kö-
nig ſelbſt gelegentlich den Älteſten der Capets zu
nennen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/341>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.