Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

ich erlaube den Angriff nicht, weil ich vorschlage ihn zu
bestrafen. Was thue ich denn? Ich untersuche eine Mög-
lichkeit, welche Ihr so wenig ändern könnet als ich. Ich
weiß es nicht zu machen daß der höchste Inhaber aller
Kräfte der Nation nicht große Mittel und Gelegenheiten
habe Misbrauch damit zu treiben; aber findet sich dieser
Übelstand nicht in allen Systemen? Immerhin nennt ihn
die schlimme Seite des Königthums, aber denkt Ihr
wirklich daß menschliche Einrichtungen, daß eine Regie-
rungsform, von Menschen für Menschen errichtet, frei
von Übelständen seyn könne? Denkt Ihr uns der Vortheile
des Königthums zu berauben, weil das Königthum Ge-
fahren hat? Sagt es immer rein heraus! Uns bleibt dann
zu überlegen, ob wir, weil das Feuer brennt, die Wärme
und das Licht missen wollen, welches wir von ihm ent-
lehnen. Alles in der Welt kann bestehen, mit Ausnahme
der Inconsequenz; sagt uns: wir brauchen keinen König,
aber sagt uns nicht: wir brauchen einen machtlosen, einen
unnützen König."

"Es ist," so schließt er endlich, "mehr als Zeit diese
langen Verhandlungen zu beendigen. Fortan wird man,
wie ich hoffe, den wahren Schwierigkeitspunct nicht mehr
verheimlichen. Ich will die Mitwirkung der ausübenden
Gewalt zur Bildung des allgemeinen Willens in Hinsicht
auf Krieg oder Frieden, wie die Verfassung sie in allen
bereits festgestellten Theilen unseres Systems festgesetzt
hat. Meine Gegner wollen das nicht. Ich will daß das

ich erlaube den Angriff nicht, weil ich vorſchlage ihn zu
beſtrafen. Was thue ich denn? Ich unterſuche eine Mög-
lichkeit, welche Ihr ſo wenig ändern könnet als ich. Ich
weiß es nicht zu machen daß der höchſte Inhaber aller
Kräfte der Nation nicht große Mittel und Gelegenheiten
habe Misbrauch damit zu treiben; aber findet ſich dieſer
Übelſtand nicht in allen Syſtemen? Immerhin nennt ihn
die ſchlimme Seite des Königthums, aber denkt Ihr
wirklich daß menſchliche Einrichtungen, daß eine Regie-
rungsform, von Menſchen für Menſchen errichtet, frei
von Übelſtänden ſeyn könne? Denkt Ihr uns der Vortheile
des Königthums zu berauben, weil das Königthum Ge-
fahren hat? Sagt es immer rein heraus! Uns bleibt dann
zu überlegen, ob wir, weil das Feuer brennt, die Wärme
und das Licht miſſen wollen, welches wir von ihm ent-
lehnen. Alles in der Welt kann beſtehen, mit Ausnahme
der Inconſequenz; ſagt uns: wir brauchen keinen König,
aber ſagt uns nicht: wir brauchen einen machtloſen, einen
unnützen König.“

„Es iſt,“ ſo ſchließt er endlich, „mehr als Zeit dieſe
langen Verhandlungen zu beendigen. Fortan wird man,
wie ich hoffe, den wahren Schwierigkeitspunct nicht mehr
verheimlichen. Ich will die Mitwirkung der ausübenden
Gewalt zur Bildung des allgemeinen Willens in Hinſicht
auf Krieg oder Frieden, wie die Verfaſſung ſie in allen
bereits feſtgeſtellten Theilen unſeres Syſtems feſtgeſetzt
hat. Meine Gegner wollen das nicht. Ich will daß das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0328" n="318"/>
ich erlaube den Angriff nicht, weil ich vor&#x017F;chlage ihn zu<lb/>
be&#x017F;trafen. Was thue ich denn? Ich unter&#x017F;uche eine Mög-<lb/>
lichkeit, welche Ihr &#x017F;o wenig ändern könnet als ich. Ich<lb/>
weiß es nicht zu machen daß der höch&#x017F;te Inhaber aller<lb/>
Kräfte der Nation nicht große Mittel und Gelegenheiten<lb/>
habe Misbrauch damit zu treiben; aber findet &#x017F;ich die&#x017F;er<lb/>
Übel&#x017F;tand nicht in allen Sy&#x017F;temen? Immerhin nennt ihn<lb/>
die &#x017F;chlimme Seite des Königthums, aber denkt Ihr<lb/>
wirklich daß men&#x017F;chliche Einrichtungen, daß eine Regie-<lb/>
rungsform, von Men&#x017F;chen für Men&#x017F;chen errichtet, frei<lb/>
von Übel&#x017F;tänden &#x017F;eyn könne? Denkt Ihr uns der Vortheile<lb/>
des Königthums zu berauben, weil das Königthum Ge-<lb/>
fahren hat? Sagt es immer rein heraus! Uns bleibt dann<lb/>
zu überlegen, ob wir, weil das Feuer brennt, die Wärme<lb/>
und das Licht mi&#x017F;&#x017F;en wollen, welches wir von ihm ent-<lb/>
lehnen. Alles in der Welt kann be&#x017F;tehen, mit Ausnahme<lb/>
der Incon&#x017F;equenz; &#x017F;agt uns: wir brauchen keinen König,<lb/>
aber &#x017F;agt uns nicht: wir brauchen einen machtlo&#x017F;en, einen<lb/>
unnützen König.&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Es i&#x017F;t,&#x201C; &#x017F;o &#x017F;chließt er endlich, &#x201E;mehr als Zeit die&#x017F;e<lb/>
langen Verhandlungen zu beendigen. Fortan wird man,<lb/>
wie ich hoffe, den wahren Schwierigkeitspunct nicht mehr<lb/>
verheimlichen. Ich will die Mitwirkung der ausübenden<lb/>
Gewalt zur Bildung des allgemeinen Willens in Hin&#x017F;icht<lb/>
auf Krieg oder Frieden, wie die Verfa&#x017F;&#x017F;ung &#x017F;ie in allen<lb/>
bereits fe&#x017F;tge&#x017F;tellten Theilen un&#x017F;eres Sy&#x017F;tems fe&#x017F;tge&#x017F;etzt<lb/>
hat. Meine Gegner wollen das nicht. Ich will daß das<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0328] ich erlaube den Angriff nicht, weil ich vorſchlage ihn zu beſtrafen. Was thue ich denn? Ich unterſuche eine Mög- lichkeit, welche Ihr ſo wenig ändern könnet als ich. Ich weiß es nicht zu machen daß der höchſte Inhaber aller Kräfte der Nation nicht große Mittel und Gelegenheiten habe Misbrauch damit zu treiben; aber findet ſich dieſer Übelſtand nicht in allen Syſtemen? Immerhin nennt ihn die ſchlimme Seite des Königthums, aber denkt Ihr wirklich daß menſchliche Einrichtungen, daß eine Regie- rungsform, von Menſchen für Menſchen errichtet, frei von Übelſtänden ſeyn könne? Denkt Ihr uns der Vortheile des Königthums zu berauben, weil das Königthum Ge- fahren hat? Sagt es immer rein heraus! Uns bleibt dann zu überlegen, ob wir, weil das Feuer brennt, die Wärme und das Licht miſſen wollen, welches wir von ihm ent- lehnen. Alles in der Welt kann beſtehen, mit Ausnahme der Inconſequenz; ſagt uns: wir brauchen keinen König, aber ſagt uns nicht: wir brauchen einen machtloſen, einen unnützen König.“ „Es iſt,“ ſo ſchließt er endlich, „mehr als Zeit dieſe langen Verhandlungen zu beendigen. Fortan wird man, wie ich hoffe, den wahren Schwierigkeitspunct nicht mehr verheimlichen. Ich will die Mitwirkung der ausübenden Gewalt zur Bildung des allgemeinen Willens in Hinſicht auf Krieg oder Frieden, wie die Verfaſſung ſie in allen bereits feſtgeſtellten Theilen unſeres Syſtems feſtgeſetzt hat. Meine Gegner wollen das nicht. Ich will daß das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/328
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/328>, abgerufen am 12.05.2024.