senden, und vielen tausend Franzosen, damit zu Stande zu kommen. Nun dazu die Aufwiegler, deren Logik die Fäuste sind. Eine Flugschrift erschien unter dem Titel: "Der große Verrath des Grafen Mirabeau enthüllt." Als Mirabeau den Verfasser, einen jungen Mann Na- mens Lacroix zur Verantwortung zog, nannte er vor Gericht das Triumvirat als seinen Anstifter. In diesen Tagen schrieb Mirabeau nach Deutschland an seinen Freund Mauvillon: "Wir befinden uns in einer großen Krise und es wird nicht die letzte seyn, aber was auch ge- schehen mag, Euer Freund wird leben und sterben als ein gu- ter und vielleicht als ein großer Bürger." Als er am 22sten Mai im Begriffe stand auf die Rednerbühne zu treten, sprach er zu seiner Umgebung: "Einerlei, man wird mich von hier im Triumph oder in Stücken hinwegtragen." Gleichwohl war er seines dialektischen Sieges zum voraus sicher. Barnave hatte sich den Tag vorher mit vieler Fülle und Kraft der Rede auf den beliebten Gemeinplätzen der durch ungerechte Kriege gestifteten Gräuel ergangen, er hatte auch die Sentimentalität eingemischt: man dürfe dem Könige keine Betrübniß bereiten, indem man das traurige Recht Blut zu vergießen in seine Hände lege; allein der Nerv seiner politischen Beweisführung blieb bei den trockenen Sätzen von Sieyes stehen: "In der Natio- nalversammlung wohnt der Beschluß, in dem Könige die Ausführung, folglich" -- -- Und das schien den Hörern so ganz einfach und unwidersprechlich. Allein dieser Unter-
ſenden, und vielen tauſend Franzoſen, damit zu Stande zu kommen. Nun dazu die Aufwiegler, deren Logik die Fäuſte ſind. Eine Flugſchrift erſchien unter dem Titel: „Der große Verrath des Grafen Mirabeau enthüllt.“ Als Mirabeau den Verfaſſer, einen jungen Mann Na- mens Lacroix zur Verantwortung zog, nannte er vor Gericht das Triumvirat als ſeinen Anſtifter. In dieſen Tagen ſchrieb Mirabeau nach Deutſchland an ſeinen Freund Mauvillon: „Wir befinden uns in einer großen Kriſe und es wird nicht die letzte ſeyn, aber was auch ge- ſchehen mag, Euer Freund wird leben und ſterben als ein gu- ter und vielleicht als ein großer Bürger.“ Als er am 22ſten Mai im Begriffe ſtand auf die Rednerbühne zu treten, ſprach er zu ſeiner Umgebung: „Einerlei, man wird mich von hier im Triumph oder in Stücken hinwegtragen.“ Gleichwohl war er ſeines dialektiſchen Sieges zum voraus ſicher. Barnave hatte ſich den Tag vorher mit vieler Fülle und Kraft der Rede auf den beliebten Gemeinplätzen der durch ungerechte Kriege geſtifteten Gräuel ergangen, er hatte auch die Sentimentalität eingemiſcht: man dürfe dem Könige keine Betrübniß bereiten, indem man das traurige Recht Blut zu vergießen in ſeine Hände lege; allein der Nerv ſeiner politiſchen Beweisführung blieb bei den trockenen Sätzen von Sieyes ſtehen: „In der Natio- nalverſammlung wohnt der Beſchluß, in dem Könige die Ausführung, folglich“ — — Und das ſchien den Hörern ſo ganz einfach und unwiderſprechlich. Allein dieſer Unter-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0322"n="312"/>ſenden, und vielen tauſend Franzoſen, damit zu Stande<lb/>
zu kommen. Nun dazu die Aufwiegler, deren Logik die<lb/>
Fäuſte ſind. Eine Flugſchrift erſchien unter dem Titel:<lb/>„Der große Verrath des Grafen Mirabeau enthüllt.“<lb/>
Als Mirabeau den Verfaſſer, einen jungen Mann Na-<lb/>
mens Lacroix zur Verantwortung zog, nannte er vor<lb/>
Gericht das Triumvirat als ſeinen Anſtifter. In dieſen<lb/>
Tagen ſchrieb Mirabeau nach Deutſchland an ſeinen<lb/>
Freund Mauvillon: „Wir befinden uns in einer großen<lb/>
Kriſe und es wird nicht die letzte ſeyn, aber was auch ge-<lb/>ſchehen mag, Euer Freund wird leben und ſterben als ein gu-<lb/>
ter und vielleicht als ein großer Bürger.“ Als er am 22ſten<lb/>
Mai im Begriffe ſtand auf die Rednerbühne zu treten,<lb/>ſprach er zu ſeiner Umgebung: „Einerlei, man wird mich<lb/>
von hier im Triumph oder in Stücken hinwegtragen.“<lb/>
Gleichwohl war er ſeines dialektiſchen Sieges zum voraus<lb/>ſicher. Barnave hatte ſich den Tag vorher mit vieler Fülle<lb/>
und Kraft der Rede auf den beliebten Gemeinplätzen der<lb/>
durch ungerechte Kriege geſtifteten Gräuel ergangen, er<lb/>
hatte auch die Sentimentalität eingemiſcht: man dürfe<lb/>
dem Könige keine Betrübniß bereiten, indem man das<lb/>
traurige Recht Blut zu vergießen in ſeine Hände lege;<lb/>
allein der Nerv ſeiner politiſchen Beweisführung blieb bei<lb/>
den trockenen Sätzen von Sieyes ſtehen: „In der Natio-<lb/>
nalverſammlung wohnt der Beſchluß, in dem Könige die<lb/>
Ausführung, folglich“—— Und das ſchien den Hörern<lb/>ſo ganz einfach und unwiderſprechlich. Allein dieſer Unter-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[312/0322]
ſenden, und vielen tauſend Franzoſen, damit zu Stande
zu kommen. Nun dazu die Aufwiegler, deren Logik die
Fäuſte ſind. Eine Flugſchrift erſchien unter dem Titel:
„Der große Verrath des Grafen Mirabeau enthüllt.“
Als Mirabeau den Verfaſſer, einen jungen Mann Na-
mens Lacroix zur Verantwortung zog, nannte er vor
Gericht das Triumvirat als ſeinen Anſtifter. In dieſen
Tagen ſchrieb Mirabeau nach Deutſchland an ſeinen
Freund Mauvillon: „Wir befinden uns in einer großen
Kriſe und es wird nicht die letzte ſeyn, aber was auch ge-
ſchehen mag, Euer Freund wird leben und ſterben als ein gu-
ter und vielleicht als ein großer Bürger.“ Als er am 22ſten
Mai im Begriffe ſtand auf die Rednerbühne zu treten,
ſprach er zu ſeiner Umgebung: „Einerlei, man wird mich
von hier im Triumph oder in Stücken hinwegtragen.“
Gleichwohl war er ſeines dialektiſchen Sieges zum voraus
ſicher. Barnave hatte ſich den Tag vorher mit vieler Fülle
und Kraft der Rede auf den beliebten Gemeinplätzen der
durch ungerechte Kriege geſtifteten Gräuel ergangen, er
hatte auch die Sentimentalität eingemiſcht: man dürfe
dem Könige keine Betrübniß bereiten, indem man das
traurige Recht Blut zu vergießen in ſeine Hände lege;
allein der Nerv ſeiner politiſchen Beweisführung blieb bei
den trockenen Sätzen von Sieyes ſtehen: „In der Natio-
nalverſammlung wohnt der Beſchluß, in dem Könige die
Ausführung, folglich“ — — Und das ſchien den Hörern
ſo ganz einfach und unwiderſprechlich. Allein dieſer Unter-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/322>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.