Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

die Gegenrevolution sey im Anzuge, und Alexander La-
meth übernahm es der Nationalversammlung das aus-
schließliche Recht über Krieg und Frieden zu sichern. Mi-
rabeau begehrte, man solle sich zunächst an die concrete
Frage der Gegenwart halten, die getroffenen Vorsichts-
maßregeln billigen; denn es handle sich hier gar nicht von
Krieg erklären, bloß von sich vertheidigen, wofür zu sor-
gen allzeit die Sache der vollziehenden Gewalt sey; die
allgemeine Frage, wie es mit dem Rechte über Krieg und
Frieden zu halten, müsse vom Verfassungsausschusse vor-
bereitet werden. Wirklich ward mit großer Übereinstim-
Mai 15.mung ein Dank dem Könige wegen seiner Fürsorge votirt;
nichtsdestoweniger debattirte man eine ganze Woche lang
über die allgemeine Frage: Soll der König künftig das
Recht über Krieg und Frieden haben? Die Geschichte von
Frankreich seit manchem Jahrhundert, wer dürfte das
läugnen? antwortete mit lauter Stimme: Nein. Sol-
len die Kriege wiederkehren, die aus wildem Ehrgeiz, aus
Eitelkeit, die vielleicht zu alleinigen Ehren einer Mätresse
geführt sind? Barnave, Karl Lameth, Petion und wie
Viele nicht sonst, legten die alleinige Entscheidung über
Krieg und Frieden in die Hände der Nationalversammlung
nieder. Aber auch auf der rechten Seite erhoben sich be-
redte und eifrige Männer als Vertheidiger der nothwen-
digen Rechte der Krone, unter ihnen der Abbe von Mon-
tesquiou, Cazales, der Abbe Maury. Erst am fünften
Tage tritt Mirabeau auf. Er zeigt daß man vergeblich

die Gegenrevolution ſey im Anzuge, und Alexander La-
meth übernahm es der Nationalverſammlung das aus-
ſchließliche Recht über Krieg und Frieden zu ſichern. Mi-
rabeau begehrte, man ſolle ſich zunächſt an die concrete
Frage der Gegenwart halten, die getroffenen Vorſichts-
maßregeln billigen; denn es handle ſich hier gar nicht von
Krieg erklären, bloß von ſich vertheidigen, wofür zu ſor-
gen allzeit die Sache der vollziehenden Gewalt ſey; die
allgemeine Frage, wie es mit dem Rechte über Krieg und
Frieden zu halten, müſſe vom Verfaſſungsausſchuſſe vor-
bereitet werden. Wirklich ward mit großer Übereinſtim-
Mai 15.mung ein Dank dem Könige wegen ſeiner Fürſorge votirt;
nichtsdeſtoweniger debattirte man eine ganze Woche lang
über die allgemeine Frage: Soll der König künftig das
Recht über Krieg und Frieden haben? Die Geſchichte von
Frankreich ſeit manchem Jahrhundert, wer dürfte das
läugnen? antwortete mit lauter Stimme: Nein. Sol-
len die Kriege wiederkehren, die aus wildem Ehrgeiz, aus
Eitelkeit, die vielleicht zu alleinigen Ehren einer Mätreſſe
geführt ſind? Barnave, Karl Lameth, Pétion und wie
Viele nicht ſonſt, legten die alleinige Entſcheidung über
Krieg und Frieden in die Hände der Nationalverſammlung
nieder. Aber auch auf der rechten Seite erhoben ſich be-
redte und eifrige Männer als Vertheidiger der nothwen-
digen Rechte der Krone, unter ihnen der Abbé von Mon-
tesquiou, Cazalès, der Abbé Maury. Erſt am fünften
Tage tritt Mirabeau auf. Er zeigt daß man vergeblich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0320" n="310"/>
die Gegenrevolution &#x017F;ey im Anzuge, und Alexander La-<lb/>
meth übernahm es der Nationalver&#x017F;ammlung das aus-<lb/>
&#x017F;chließliche Recht über Krieg und Frieden zu &#x017F;ichern. Mi-<lb/>
rabeau begehrte, man &#x017F;olle &#x017F;ich zunäch&#x017F;t an die concrete<lb/>
Frage der Gegenwart halten, die getroffenen Vor&#x017F;ichts-<lb/>
maßregeln billigen; denn es handle &#x017F;ich hier gar nicht von<lb/>
Krieg erklären, bloß von &#x017F;ich vertheidigen, wofür zu &#x017F;or-<lb/>
gen allzeit die Sache der vollziehenden Gewalt &#x017F;ey; die<lb/>
allgemeine Frage, wie es mit dem Rechte über Krieg und<lb/>
Frieden zu halten, mü&#x017F;&#x017F;e vom Verfa&#x017F;&#x017F;ungsaus&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;e vor-<lb/>
bereitet werden. Wirklich ward mit großer Überein&#x017F;tim-<lb/><note place="left">Mai 15.</note>mung ein Dank dem Könige wegen &#x017F;einer Für&#x017F;orge votirt;<lb/>
nichtsde&#x017F;toweniger debattirte man eine ganze Woche lang<lb/>
über die allgemeine Frage: Soll der König künftig das<lb/>
Recht über Krieg und Frieden haben? Die Ge&#x017F;chichte von<lb/>
Frankreich &#x017F;eit manchem Jahrhundert, wer dürfte das<lb/>
läugnen? antwortete mit lauter Stimme: <hi rendition="#g">Nein</hi>. Sol-<lb/>
len die Kriege wiederkehren, die aus wildem Ehrgeiz, aus<lb/>
Eitelkeit, die vielleicht zu alleinigen Ehren einer Mätre&#x017F;&#x017F;e<lb/>
geführt &#x017F;ind? Barnave, Karl Lameth, Pétion und wie<lb/>
Viele nicht &#x017F;on&#x017F;t, legten die alleinige Ent&#x017F;cheidung über<lb/>
Krieg und Frieden in die Hände der Nationalver&#x017F;ammlung<lb/>
nieder. Aber auch auf der rechten Seite erhoben &#x017F;ich be-<lb/>
redte und eifrige Männer als Vertheidiger der nothwen-<lb/>
digen Rechte der Krone, unter ihnen der Abbé von Mon-<lb/>
tesquiou, Cazalès, der Abbé Maury. Er&#x017F;t am fünften<lb/>
Tage tritt Mirabeau auf. Er zeigt daß man vergeblich<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0320] die Gegenrevolution ſey im Anzuge, und Alexander La- meth übernahm es der Nationalverſammlung das aus- ſchließliche Recht über Krieg und Frieden zu ſichern. Mi- rabeau begehrte, man ſolle ſich zunächſt an die concrete Frage der Gegenwart halten, die getroffenen Vorſichts- maßregeln billigen; denn es handle ſich hier gar nicht von Krieg erklären, bloß von ſich vertheidigen, wofür zu ſor- gen allzeit die Sache der vollziehenden Gewalt ſey; die allgemeine Frage, wie es mit dem Rechte über Krieg und Frieden zu halten, müſſe vom Verfaſſungsausſchuſſe vor- bereitet werden. Wirklich ward mit großer Übereinſtim- mung ein Dank dem Könige wegen ſeiner Fürſorge votirt; nichtsdeſtoweniger debattirte man eine ganze Woche lang über die allgemeine Frage: Soll der König künftig das Recht über Krieg und Frieden haben? Die Geſchichte von Frankreich ſeit manchem Jahrhundert, wer dürfte das läugnen? antwortete mit lauter Stimme: Nein. Sol- len die Kriege wiederkehren, die aus wildem Ehrgeiz, aus Eitelkeit, die vielleicht zu alleinigen Ehren einer Mätreſſe geführt ſind? Barnave, Karl Lameth, Pétion und wie Viele nicht ſonſt, legten die alleinige Entſcheidung über Krieg und Frieden in die Hände der Nationalverſammlung nieder. Aber auch auf der rechten Seite erhoben ſich be- redte und eifrige Männer als Vertheidiger der nothwen- digen Rechte der Krone, unter ihnen der Abbé von Mon- tesquiou, Cazalès, der Abbé Maury. Erſt am fünften Tage tritt Mirabeau auf. Er zeigt daß man vergeblich Mai 15.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/320
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/320>, abgerufen am 29.11.2024.