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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

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willigung bestätigte Constitution erwachsen, welcher ehr-
liche Mann würde dann dazu helfen wollen, die letzte
Spur unserer sterbenden Freiheiten zu vertilgen? Die Ge-
neralstände sind eben so nothwendig als die einzige Hülfs-
quelle der Finanzen wie als das einzige Mittel das Kö-
nigreich zu constituiren und umgekehrt. -- Aber leider ist
es die Krankheit der Minister heute das nicht geben zu
wollen, was ihnen morgen entrissen wird. -- Sobald der
nothwendige Schritt geschehen ist, die Regierung das
Vertrauen der Nation wieder erlangt hat, werden die Par-
lamente durch die Gewalt der Dinge auf ihr wahres Maß
herabsinken." Er schließt ungefähr so: "Herr Graf,
compromittiren Sie nicht einen eifrigen Diener, der an
dem Tage, an welchem die Pflicht ihm gebietet sich sei-
nem Vaterlande zu weihen, seine Gefahren für nichts an-
schlagen wird; aber der um den Preis aller Kronen sich
nicht in einer zweideutigen Sache bloßstellen will. Würde
ich nicht dieses geringe Talent, dessen Einfluß Sie zu hoch
anschlagen, aufopfern, wenn ich dieser unbeugsamen Un-
abhängigkeit entsagte, welche allein mich nützlich meinem
Lande und meinem Könige machen kann? An dem Tage
da begeistert von meinem Gewissen und stark durch meine
Überzeugung ich als reiner Bürger, treuer Unterthan,
jungfräulicher Schriftsteller mich in das Handgemenge
stürze, werde ich sagen können: Höret einen Mann, der
nie in seinen Grundsätzen geschwankt, nie die öffentliche
Sache verrathen hat."


willigung beſtätigte Conſtitution erwachſen, welcher ehr-
liche Mann würde dann dazu helfen wollen, die letzte
Spur unſerer ſterbenden Freiheiten zu vertilgen? Die Ge-
neralſtände ſind eben ſo nothwendig als die einzige Hülfs-
quelle der Finanzen wie als das einzige Mittel das Kö-
nigreich zu conſtituiren und umgekehrt. — Aber leider iſt
es die Krankheit der Miniſter heute das nicht geben zu
wollen, was ihnen morgen entriſſen wird. — Sobald der
nothwendige Schritt geſchehen iſt, die Regierung das
Vertrauen der Nation wieder erlangt hat, werden die Par-
lamente durch die Gewalt der Dinge auf ihr wahres Maß
herabſinken.“ Er ſchließt ungefähr ſo: „Herr Graf,
compromittiren Sie nicht einen eifrigen Diener, der an
dem Tage, an welchem die Pflicht ihm gebietet ſich ſei-
nem Vaterlande zu weihen, ſeine Gefahren für nichts an-
ſchlagen wird; aber der um den Preis aller Kronen ſich
nicht in einer zweideutigen Sache bloßſtellen will. Würde
ich nicht dieſes geringe Talent, deſſen Einfluß Sie zu hoch
anſchlagen, aufopfern, wenn ich dieſer unbeugſamen Un-
abhängigkeit entſagte, welche allein mich nützlich meinem
Lande und meinem Könige machen kann? An dem Tage
da begeiſtert von meinem Gewiſſen und ſtark durch meine
Überzeugung ich als reiner Bürger, treuer Unterthan,
jungfräulicher Schriftſteller mich in das Handgemenge
ſtürze, werde ich ſagen können: Höret einen Mann, der
nie in ſeinen Grundſätzen geſchwankt, nie die öffentliche
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[184/0194] willigung beſtätigte Conſtitution erwachſen, welcher ehr- liche Mann würde dann dazu helfen wollen, die letzte Spur unſerer ſterbenden Freiheiten zu vertilgen? Die Ge- neralſtände ſind eben ſo nothwendig als die einzige Hülfs- quelle der Finanzen wie als das einzige Mittel das Kö- nigreich zu conſtituiren und umgekehrt. — Aber leider iſt es die Krankheit der Miniſter heute das nicht geben zu wollen, was ihnen morgen entriſſen wird. — Sobald der nothwendige Schritt geſchehen iſt, die Regierung das Vertrauen der Nation wieder erlangt hat, werden die Par- lamente durch die Gewalt der Dinge auf ihr wahres Maß herabſinken.“ Er ſchließt ungefähr ſo: „Herr Graf, compromittiren Sie nicht einen eifrigen Diener, der an dem Tage, an welchem die Pflicht ihm gebietet ſich ſei- nem Vaterlande zu weihen, ſeine Gefahren für nichts an- ſchlagen wird; aber der um den Preis aller Kronen ſich nicht in einer zweideutigen Sache bloßſtellen will. Würde ich nicht dieſes geringe Talent, deſſen Einfluß Sie zu hoch anſchlagen, aufopfern, wenn ich dieſer unbeugſamen Un- abhängigkeit entſagte, welche allein mich nützlich meinem Lande und meinem Könige machen kann? An dem Tage da begeiſtert von meinem Gewiſſen und ſtark durch meine Überzeugung ich als reiner Bürger, treuer Unterthan, jungfräulicher Schriftſteller mich in das Handgemenge ſtürze, werde ich ſagen können: Höret einen Mann, der nie in ſeinen Grundſätzen geſchwankt, nie die öffentliche Sache verrathen hat.“

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Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/194>, abgerufen am 23.11.2024.